Jahrestagung der deutschen Ziegler 2024 − Branche auf Durstrecke
„Früher war mehr Lametta“, mit diesem Zitat aus einem Sketch des Komikers Loriot wies Stefan Jungk, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Ziegelindustrie e. V. (BVZi), auf die Diskrepanz zwischen der Lage der deutschen Ziegelindustrie im Jahr 2022 und Mitte 2024 in seiner Rede auf der Jahresversammlung 2024 der deutschen Ziegler hin.
Die Versammlung fand am 4. Juli 2024 im Rahmen einer gemeinsamen Tagung tief im Süden der Republik, in Kreuth am Tegernsee, statt. Neben dem BVZi hielten auch der Bayerische Ziegelindustrie-Verband (BZV), der Güteschutz Ziegel Süd, der Fachverband Ziegelindustrie Südwest sowie die Arbeitsgemeinschaft Pflasterklinker ihre Jahresversammlungen ab. Organisiert hatte die Tagung der BZV.
Branche auf Durststrecke
War 2022 noch das Jahr des Allzeithochs, hatte sich die Lage, in der sich die Ziegelindustrie in 2023 befand, deutlich verschlechtert. Die Umstände haben sich seitdem nicht geändert, wie Jungks Rede sowie die Produktions- und Umsatzahlen 2023, die der BVZi im Jahresbericht vorgelegt hat, belegen.
„Die Branche erlebt eine zehrende und perspektivisch existenzbedrohende Durststrecke“, sagte Jungk. Die Ursache liege insbesondere in der signifikant gesunkenen Investitionsbereitschaft im Wohnungsbau. Der plötzliche und deutliche Anstieg der Bauzinsen habe öffentliche, aber vor allem private Bauherren bis an ihre Grenzen belastet. Das habe viele Stornierungen und Planungspausen im Neubau ausgelöst. Die Zahl genehmigter Wohneinheiten sank 2023 um rund ein Viertel im Vergleich zum Vorjahr. Besonders hart treffe der Auftragsrückgang den Bereich der Einfamilien- und Zweifamilienhäuser, wo die Ziegelindustrie Marktführer ist. Auch im Sanierungsbereich sehe es mit einer historisch niedrigen Sanierungsquote von 0,71 Prozent in 2023 nicht besser aus. Die daraus folgenden Absatzprobleme belasten alle Produktgruppen und zwingen zu Maßnahmen wie Kurzarbeit und temporäre Produktionstopps.
Als zweite Herausforderung, die auch nach überstandener Baukrise der Branche harre, nannte Jungk die Transformation zur dekarbonisierten Industrie. Er monierte, dass mit dem Wegfall des Unterstützungspaketes zur Dekarbonisierung der Industrie die essenzielle finanzielle Unterstützung fehle, die Herausforderung erfolgreich zu bewältigen. Denn davon hänge ab, so Jungk „ob in unserer Branche auch 2045 noch wettbewerbsfähig und mit grüner Energie produziert werden kann.“ Die Umstellung auf Alternativen zum Erdgas müsse gelingen.
Jungk forderte die Teilnehmer und die Branche auf, „den Kopf nicht in die Tongrube zu stecken.“ Die Themen Wohnen und Wohnungsbau stehen wieder oben auf der politischen Agenda und werden im Superwahljahr 2024 und in der Bundestagswahl 2025 eine zentrale Rolle spielen. Als Branche arbeite man sowohl an der Weiterentwicklung des Ziegels als auch an der Nutzung erneuerbarer Energiequellen sowie an sauberen und effizienten Verfahren für das Trocknen und Brennen.
„Gerade die Älteren unter uns wissen, nach jeder Krise kommt auch wieder ein Hoch. Lasst uns die Zeit jetzt nutzen, um gemeinsam unsere Branche in Richtung Zukunft zu navigieren. Bleiben wir zuversichtlich“, sagte Jungk zum Abschluss.
Statistische Zahlen zur Produktion von Mauer- und Dachziegeln 2023
Das Produktionsvolumen von Mauerziegeln sank im Jahr 2023 um rund 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 4.474.000 m³, der geringste Wert seit 2010. Der Produktionswert sank ebenfalls, jedoch in geringerem Maße, um rund 27 Prozent auf rund 604 Mio. Euro.
Vergleichbare Entwicklungen waren auch bei Dachziegeln zu verzeichnen. Das Produktionsvolumen sank im Vergleich zum Jahr 2022 um rund 40 Prozent, auf rund 372.700 m³. Der Produktionswert sank um etwa 33 Prozent auf 579 Mio. Euro.