Studie belegt: Klinkerbauweise übererfüllt Förder-Vorgaben
Energieeffizienz und Nachhaltigkeit sind heute wesentliche Kriterien für eine Neubauförderung. Anhand der Lebenszyklusanalyse lässt sich rechnerisch erfassen, ob Bauvorhaben die gesetzlichen Anforderungen zur Klimafreundlichkeit einhalten. Ein Darmstädter Forschungsinstitut ging nun der Frage nach, ob bzw. inwiefern zweischaliges Ziegelmauerwerk den KfN-Kriterien (Klimafreundlicher Neubau) entspricht. Seit Mitte Januar 2024 ist nun klar: Ein- und Mehrfamilienhäuser mit zweischaligem Ziegelmauerwerk und massiver Innenbauweise sind nicht nur KfN-förderfähig, sondern übererfüllen die Benchmarks sogar.
Zu diesem Ergebnis kommt das renommierte Institut Life Cycle Engineering Experts (LCEE) in Darmstadt in zwei Ökobilanzstudien, die der Bundesverband der Deutschen Ziegelindustrie e.V. (BVZi) in Auftrag gab.
Analysiert nach Rechenregeln des QNG-Siegels
Die Verfasser der Studien, Dr.-Ing. Sebastian Pohl und Projektingenieur Oskar Maria Wrese, untersuchten dafür zwei Beispielgebäudetypen nach den Rechenregeln des Qualitätssiegels Nachhaltiges Gebäude (QNG) des Bundesbauministeriums. In den Blick genommen wurde sowohl ein Muster-Einfamilienhaus (EFH) als auch ein Muster-Mehrfamilienhaus (MFH), jeweils in mehreren Ausführungsvarianten. Der Betrachtungszeitraum lag bei 50 Jahren.
Beide Gebäudetypen halten die Anforderungen des KfW-Energiestandards EH40 auf Grundlage der Berechnung nach DIN V 15899 und inklusive Bestimmung und Ausweis der monatsweisen Erzeugung und Eigennutzung von Solarstrom ein.
Beispielgebäude Einfamilienhaus: Bei dem EFH handelt es sich um ein charakteristisches Typengebäude des Wohnungsbauinstituts „Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen“ aus Schleswig-Holstein, mit unbeheiztem Keller. Seine Außenwände bestehen in einer Variante aus ungefüllten Mauerziegeln. Die massiven Innenwände sind mit Ziegeln errichtet und eine schwere Betonkonstruktion wurde für die Decke gewählt.
Beispielgebäude Mehrfamilienhaus: Das MFH ist ein modular aufgebautes Typenhaus, entwickelt von Urban Thiesen Architekten (Kiel) nach dem Baukonzept des „Kieler Modells“ für den sozialen Wohnungsbau. Es ist teilweise unterkellert, wobei die Kellerräume unbeheizt sind. Die Außenwände bestehen in einer Variante aus dämmstoffgefüllten Mauerziegeln. Und wie beim EFH sind die Innenwände mit Ziegeln gemauert und die Decken aus Beton gefertigt.
Zu beiden Beispielgebäuden lautet ein zentrales Ergebnis des Forschungsinstituts: Entscheidend und dominant für den Gesamtwert aller Baukonstruktionen in der Herstellungsphase sind die ermittelten Werte der Wände und Decken. Betrachtet man den vollständigen Gebäudelebenszyklus, gibt v.a. der Gebäudebetrieb den entscheidenden Ausschlag. Die CO2-Äquivalente und der nicht-erneuerbare Primärenergiebedarf für den letzten Existenzzustand (End of Life) sowie für die Erneuerung in der Nutzungsphase dagegen spielen eine eher untergeordnete Rolle.
Resümee: Zertifizierungen guten Gewissens beantragen
Das Gesamtfazit lautet: Wer mit Ziegeln baut, sollte sich den monetären Vorteil der Neubauförderung KfN nicht entgehen lassen, für die zusätzlicher rechnerischer Aufwand in der Planung anfällt. Es lohnt sich, denn in allen Ausführungsvarianten, konstatiert die Leiterin Wärmeschutz, Energieeffizienz und Nachhaltigkeit beim BVZi, Dipl.-Ing. Juliane Nisse, wurden beim Mehrfamilienhaus die Benchmarks für QNG-PLUS und beim Einfamilienhaus für QNG-PREMIUM ganz klar eingehalten.
„Die Ergebnisse“, ergänzt BVZi-Hauptgeschäftsführer Attila Gerhäuser, „können in ihrer Tendenz auf andere Baukonstruktionen der zweischaligen Wand insofern übertragen werden, als dass in diesen Studien bereits diejenigen Mauerwerkskonstruktionen untersucht wurden, die den ökologisch ungünstigsten CO2-Fußabdruck aufweisen. Es steht außer Frage, dass die gebäudebezogenen CO2-Werte bei der Verlängerung des Betrachtungszeitraums auf 80 oder 100 Jahre noch einmal deutlich niedriger ausfallen würden.“