Vertikal gegliederte Fassade

Städtebauliche Entwicklung

Der Grote Markt ist der größte und älteste Platz Groningens, ein Zentrum im Stadtgefüge, das für Märkte und zahlreiche Sonderveranstaltungen genutzt wird.

Sein historischer Stadtgrundriss ist zum großen Teil erhalten geblieben. Mit der um 1500 erbauten Martinikirche und dem Bau des Rathauses 1792 bekam der Platz sein im Wesentlichen bis heute erhaltenes Erscheinungsbild.

Wegen erheblicher Zerstörung der östlichen Platzseite musste der Grote Markt in den Nachkriegsjahren jedoch teilweise wiederaufgebaut werden, allerdings nicht exakt auf dem alten Stadtgrundriss: Die enge Straßenführung wurde autofreundlich aufgeweitet, die östliche Seite „Oostwand“ fast 20 Meter zurückversetzt, wodurch die klar definierte Platzkante verloren ging. Im gleichen Zug wurden die ehemals schmalen, tiefen Parzellen jeweils zu größeren Grundstücken zusammengelegt.

Spätestens seit den 1980er Jahren kam es zu einer Rückbesinnung auf die historisch gewachsene Stadtstruktur und es entstand der Wunsch, auch den Grote Markt – das Herz der Stadt - wieder in seine ursprüngliche Form zu bringen, oder sich ihr zumindest anzunähern.

Masterplan

2005 wurde in einem Referendum über die Wiederherstellung der „Oostwand“ des Grote Markt abgestimmt. Die Groninger gaben grünes Licht für eine umfassende Veränderung dieses Teils der Innenstadt: den Bau des Forums und die Renovierung der „Oostwand“. Der dafür von Thomas Müller Ivan Reimann Architekten 2007 erstellte Masterplan formulierte die Wiederherstellung der ursprünglichen Baulinie und eine Verbindung zwischen Grote Markt und Nieuwe Markt. Zudem sollte die neue Bebauung an die historische Struktur angelehnt sein.

Ende des 19. Jahrhunderts bestand die „Oostwand“ aus zehn schmalen Parzellen, die charakteristisch für das Stadtbild waren. Beim Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Anzahl der Grundstücke halbiert und die Größe der Gebäude deutlich erhöht.

Die neue „Oostwand“ ist nun der Versuch, den alten Charakter des historischen Grote Markts mit seiner Kompaktheit wiederherzustellen. Die kleingliedrige Struktur sollte sich auch in der „Oostwand“ wiederfinden. Gleichzeitig erforderte die kommerzielle Nutzung größere zusammenhängende Einheiten. Mit Rücksicht auf wirtschaftliche Nutzbarkeit wurde die Parzellierung weiter vereinheitlicht, sodass letztlich drei neu zu bebauende Grundstücke entstanden.

Insbesondere die größte, mittlere Parzelle, das Grote Markt Hotel, sollte vertikal gestaltet werden, um sich in die Umgebung einzufügen.

Architektur

Vom 16. bis ins 18. Jahrhundert hinein sind die mittelalterlichen, hölzernen Kaufmannshäuser am Großen Markt durch Backsteinbauten ersetzt worden. Diese Renaissancefassaden mit den charakteristischen Giebeln, die im Krieg zerstört wurden, entsprachen dem typischen Stadtbild vieler holländischer Städte und bilden das in der kollektiven Erinnerung verankerte Bild des Großen Marktes.

Dieses Bild diente schon im Masterplan als Referenz, der für die mittlere Parzelle ein vertikal in drei „Häuser“ gegliedertes Volumen vorgab. Der Architekturentwurf übernimmt diese Vorgabe in der Gliederung der Fassade, mit den drei markanten Stufengiebeln, die die Fassade bestimmen.

Durch den im Blockinneren neu entstandenen Platz, den Nieuwe Markt, mit dem Neubau des Groninger Forums, entsteht die besondere städtebauliche Situation, dass das Hotel zwei Platzfassaden besitzt. Beide Fassaden haben die gleiche Grundgliederung mit der Aufteilung in drei Häuser, unterscheiden sich aber in der Ausformulierung. Die Seite zur Gasse, die die beiden Plätze verbindet, ist geprägt von plastisch gegliederten Wandfeldern.

Neben dem Maßstab und der traditionellen Form der Giebel war von Beginn an Backstein als Material gesetzt, im relativ kleinen Waalformat. Der Entwurf bezieht sich dabei auf die lange, nordeuropäische Backsteintradition, die zum Groninger Stadtbild gehört und die mit den Bauten der Amsterdamer Schule eine besondere Ausprägung erfahren hat. Die Bauten dieser Phase zeichnen sich aus durch eine expressive, plastisch gegliederte Fassadengestaltung, oft mit ornamentalen Backsteindetails. Diese Elemente dienten als Vorbild und werden durch den Entwurf in eine zeitgemäße Form übersetzt.

Plastisch gegliederte Pfeiler markieren die drei Häuser, die Stürze mit ihrem stehenden Relief betonen die Vertikalität, und Details in Belgisch Granit, dem charakteristischen, dunkelgrauen Kalkstein der Region, bilden die Abschlüsse und Fußpunkte der Pfeiler.

Die Umsetzung dieser aufwändigen, tiefen Fassade mit ihren handwerklichen Details wurde möglich durch die Kombination verschiedener Herstellungstechniken. So gibt es vor Ort per Hand gemauerte Abschnitte, im Werk vorgefertigte, aus vollen Steinen gemauerte Pfeilerelemente und verschiedene verstärkte Fertigteile, vor allem in den Giebelbereichen. Diese komplexe Ausführung war nur möglich durch die exakte digitale Modellierung bereits während der Entwurfsphase und die detaillierte BIM-Planung.

In der Mitte der neuen „Oostwand“, gegenüber dem Rathaus ist ein Haus mit einem Gesicht entstanden, das auf vielfältige Weise Bezug nimmt auf die Geschichte und Tradition der Stadt.

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