100 Jahre keramische Rohstoffe
1921 begann Adolf Gottfried in Fonsau/Egerland im Wildsteiner Becken mit dem Abbau hochwertiger Tone. Bis vor dem Zweiten Weltkrieg entwickelten sich die Adolf Gottfried Tonwerke zu einem Betrieb mit mehr als 300 Mitarbeitern und 8 Tagebaugruben. Die weitläufigen Grubenanlagen, ausgerüstet mit für damalige Verhältnisse modernster Technik, waren über fast 50 km Gleis mit dem Werk in Fonsau verbunden. Von hier aus wurden die unterschiedlichen Tone in roher, getrockneter sowie gemahlener Form an Keramik – und Feuerfestbetriebe in ganz Europa geliefert. Im Herbst 1945 wurde die Familie Gottfried enteignet und aus der Heimat vertrieben.
Wiederaufbau der Tonförderung
Nach entbehrungsreichen, durch Hoffnungen und Rückschlägen geprägten Jahren, gelang dem bereits 61-jährigen Firmengründer Adolf Gottfried zusammen mit seinen Söhnen Anton und Hans 1950 der Wiederaufbau einer Tonförderung. In Großheirath, südlich von Coburg/Bayern, konnte man eine erfolgversprechende Lagerstätte ausfindig machen. Entscheidende erste Versuche mit den Tonen wurden von der Fliesenfabrik Agrob in München und dem Annawerk in Rödental durchgeführt. Die Ergebnisse waren gut und das Interesse war geweckt. Der anfangs mit Pickel, Schaufel und Schubkarren betriebene Tonabbau wurde zunehmend mechanisiert, z.B. 1954 durch den Einsatz des ersten Baggers. Zu dieser Zeit wurde auch ein Ziegelwerk im nahe gelegenen Creidlitz gepachtet.
Die hellbrennenden Großheirather Tone wurden hauptsächlich an Steinzeug-Fliesenhersteller und als Kapselton an Porzellanfabriken geliefert. Nach dem Abschluss seines Studiums zum Keramikingenieur gelang es Anton Gottfried, durch sein Fachwissen und viele enge Kontakte in die Keramikindustrie, wichtige neue Anwendungsfelder zu erschließen. 1956 baute man in Verbindung mit einer Eigenstromversorgung eine Hammermühle, in der die Tone mit ihrer geringen Grubenfeuchte von circa 11 % direkt vermahlen werden konnten. Der steigende Bedarf an hochwertiger Schamotte gab 1958 den Anstoß zum Bau der ersten Drehrohrofenanlage.
In Thansüß/Oberpfalz gründete man 1954 mit dem obertägigen Wiederaufschluss, einer aufgegebenen Tiefbau-Pegmatitgrube, die Firma Gottfried Feldspat. Der weißbrennende feldspathaltige Quarzsand fand schnell Absatz bei Porzellanherstellern sowie in der Fliesen- und Sanitärindustrie. Bei Windischeschenbach wurde von 1956 bis 1974 auch Feldspatgestein gewonnen, in der Grube Gertrut und in der Grube Wilma untertage.
Um auch die wachsende Nachfrage nach Schamotte in gekörntem und gemahlenem Zustand zu befriedigen, wurde 1963 ein zweiter größerer Drehrohrofen sowie eine Schamotteaufbereitung mit unterschiedlichen Brech –, Mahl – und Klassieraggregaten gebaut.
Gründung Klinkerwerk in Buchenrod
In der Grube stehen neben den fetten cremeweiß bis cremegrau brennenden Tonsorten auch magere gelb – und rot brennende Qualitäten an, die nicht vollständig abgesetzt werden konnten. Damit man diese Rohstoffe nicht nutzlos mit dem Abraum in die Grube rückverfüllen musste, entschloss man sich, diese selbst zu verarbeiten und errichtete 1966 ein Klinkerwerk im Ortsteil Buchenrod. Im gleichen Jahr wurde nahe der Pegmatitgrube am Bahnhof Thansüß ein Mineralmahlwerk zur eisenfreien Feinstmahlung von Pegmatit und anderen Feldspäten aufgebaut.
Zu Anfang der siebziger Jahre waren die beiden Drehrohröfen im Tonwerk voll ausgelastet, so dass bei einer größeren Reparaturunterbrechung die Versorgung der Kunden mit Schamotte nicht mehr gesichert gewesen wäre. Konsequenterweise kam 1974 die Drehrohrofenanlage III hinzu. Die Anlagen wurden auch zum Kalzinieren und Vermahlen von australischem Speckstein für technische Keramik genutzt und erweitert.
Die ständig steigenden Ansprüche der keramischen und anderen tonverarbeitenden Industrien nach gleichmäßigen, qualitativ hochwertigen Standards und Spezialrohstoffen führten zu weiteren Investitionen. So entstand 1989 eine ca. 5000 t fassende Tonlager– und Homogenisierungshalle und 1991 eine sehr flexible Anlage zur Mahltrocknung (bis < 63 Mikron) von Tonen und Zuschlagstoffen mit angeschlossenem Misch – und Granuliersystem.
Die dritte Generation übernimmt
1989 tritt Christian Gottfried nach seiner Ausbildung zum Dipl. Ing. (FH) Keramik ins Unternehmen ein. Im Jahr 1995 folgt er Anton Gottfried in dritter Generation als geschäftsführender Gesellschafter der Adolf Gottfried Tonwerke GmbH, der Gottfried Feldspat GmbH und der Gottfried Klinkerwerk GmbH nach. Seine Frau Bianca ist, als Keramikingenieurin, für Entwicklung und Labor verantwortlich. Sein Bruder Achim betreut den Bereich Baustoffe sowie Marketing und EDV.
2001 wurde die Produktion von Klinkerkeramik wegen unwirtschaftlichen Rahmenbedingungen eingestellt. Keramische Baustoffe in breiter Vielfalt und Produkte aus Dichtungston, wie Teichbauelemente, werden seitdem über den Geschäftsbereich Gottfried-Baustoffe, vertrieben.
In den Folgejahren wurden viele Betriebsteile optimiert und modernisiert. So z.B. die Sanierung und Vermietung des Klinkerwerkgebäudes 2011. 2015 wurden über 4 Millionen Euro in neue Technik und Silokapazit für aufbereiteten Ton und Schamotte investiert.
Erhebliche Anstrengungen gehen auch in den Bereich Energieeffizienz und Umweltschutz. Abgebaute Grubenbereiche werden rekultiviert oder zu Biotopen renaturiert. Moderne Filtersysteme halten die Emissionen der Aufbereitungsanlagen weit unter den zulässigen Grenzwerten.
Auf den Hallendächern oder Brachflächen produzieren PV-Anlagen Solarstrom. Die Abwärme, die bei der Schamottekühlung anfällt, wird zur Heizung sämtlicher Gebäude genutzt. Für die Umwandlung von Ofenabgaswärme in Strom mit einer ORC-Anlage wurden der Firma Gottfried und der Firma Orcan Energy der Energieeffizienzpreis 2019 in der Kategorie Energiewende von der deutschen Energieagentur DENA in Berlin verliehen.
Heute fördert und produziert man jährlich über 100.000 t verschiedene Rohstoffqualitäten aus den Bereichen Ton, Schamotte, Feldspat, Speckstein und keramische Massen.
Rohstoffe werden weltweit vertrieben
Die keramischen und feuerfesten Rohstoffe der Firma Gottfried finden ihre Kunden bereits außerhalb der Grenzen Europas. Man verwendet sie in baukeramischen Produkten wie Wand– und Bodenfliesen, Klinkern, Kaminrohren sowie Mauer- und Dachziegeln. Außerdem werden Porzellan– und Sanitärfabriken sowie Hersteller von Ofenkacheln, Zierkeramik und Glasuren beliefert. Im technischen Bereich besteht in der Feuerfest-, Elektro- und Laborkeramik sowie bei Schleifmittelherstellern ein breites Anwendungsfeld.
Zunehmend an Bedeutung gewinnen auch Anwendungen im Bereich mineralische Abdichtungsysteme im Deponie- und Teichbau sowie als Additiv für bauchemische Produkte und Glasdämmwolle. Mit den verschiedenen Aufbereitungs– und Kalzinieranlagen werden auch Rohstoffe außerhalb des Lieferprogramms auf Lohnbasis bearbeitet.
Auf den Messen Ceramitec in München und GaLaBau in Nürnberg präsentiert Gottfried sein Angebot seit vielen Jahren einem internationalem Fachpublikum. Die Lagerstätten für Ton und Pegmatitsand bilden noch für viele Jahrzehnte die Grundlage für den Rohstoffbetrieb und so plant das Familienunternehmen mit seinen engagierten Mitarbeitern für weitere Generationen in die Zukunft. Geschäftsführer Christian Gottfried: „Wir stellen uns den zunehmenden Herausforderungen für einen energieintensiven Bergbaubetrieb und vertrauen weiter auf das nötige Glück Auf.“
Christian Gottfried