Der Ziegel und seine Zukunft
Es ist an dieser Stelle nicht zielführend, sich über die derzeitigen Probleme des Marktes allgemein und über die schwierige Situation der Bauindustrie auszulassen, denn darüber ist schon viel und möglicherweise sogar zu viel geschrieben worden, und dies fast immer in beinahe „apokalyptischen“ Schilderungen.
Sicher ist, dass die Ziegelbranche unter zwei Effekten leidet: Die weltweite Wirtschaftskrise und die zyklisch negative Konjunktur, die für unsere Produktion so typisch ist, stellen in ihrem Zusammenwirken unsere unternehmerischen Fähigkeiten und die Bereitschaft zu einer positiven Reaktion auf eine harte Probe.
Im Hinblick auf die Weltwirtschaftskrise haben die nationalen Regierungen und staatsübergreifende Organe die Verantwortung. Sie werden hoffentlich konkrete und schnelle Antworten auf die makroökonomischen Fragen liefern. Die Lösung der branchenspezifischen Probleme dagegen liegt einzig und allein direkt bei den betroffenen Unternehmern. Allzu oft lassen wir uns zu Reden voller Defätismus und Resignation hinreißen, weisen äußeren Faktoren die Schuld zu (der Politik, dem Markt, alternativen Materialien, Normen etc.), und weigern uns, unser Gewissen ehrlich zu prüfen. Wenn unsere Branche sich in einem langsamen und unabwendbaren Prozess neu dimensionieren muss, so haben die Akteure und ihr ausgeprägter Individualismus dabei eine sehr große Verantwortung.
In diesem Zusammenhang sind die Nutzung der Verkaufspreise als Wettbewerbsinstrument, ein typisch italienisches Phänomen, und gleichzeitig das schon chronische Unvermögen, mit Produktionskapazitäten umzugehen, die den Marktbedarf übersteigen, ohne jeden Zweifel zwei Faktoren, die massive negative Folgen nach sich ziehen. Die Konsequenzen daraus sind die Verarmung der Unternehmen und die Unmöglichkeit, Ressourcen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit des Produktes, für Forschung und Kommunikation aufzubringen. So wird der Verfall und letztendlich die Zerstörung einer Jahrtausende alten Kultur vorangetrieben, deren Potenzial bei Weitem noch nicht ausgeschöpft ist.
An diesem Punkt angekommen, könnten der Mangel an Ressourcen, der Rückgang des Marktes und die unsicheren Prognosen zu Pessimismus und zur Aussetzung vieler bereits in die Wege geleiteter Aktivitäten auf Verbandsebene führen. Aber, gerade in dieser Phase der Rezession ist es strategisch zwingend notwendig, mutig alle notwendigen Veränderungen voranzutreiben, um der Ziegelindustrie Stabilität und Fortschritt – in einem Wort: Zukunft – zu sichern.
Zum Glück müssen wir nichts neu erfinden. Es reicht, wenn wir den in den letzten Jahren eingeschlagenen Weg entschlossen weitergehen. Dieser hat bereits wichtige Ergebnisse hervorgebracht, ist aber durch die zunächst sehr lang andauernde günstige Konjunktur und die darauf folgende schwere Krise auf dramatische Art und Weise unwegsam geworden.
Folgende Faktoren müssen wir konkret voranbringen:
› Zusammenschluss der Firmen, um Synergien zwischen den Unternehmern zu nutzen und um eine Größe zu schaffen, die vor dem Hintergrund der ständig wachsenden Komplexität und Selektivität wesentlich funktionaler und wettbewerbsfähiger agieren kann
› gemeinsame Forschung mit Universitäten und Fachzentren, um neue Produkte und Bausysteme zu entwickeln, um sich so einer effizient organisierten Konkurrenz entgegenzustellen, die auf umfangreiche Innovationen und avantgardistische Angebote verweisen kann
› Kommunikation, um Verbraucher und Planer über Medien, Veranstaltungen, Messen und Ausstellungen zu sensibilisieren und so die Aufmerksamkeit und das Interesse auf das Produkt Ziegel zu lenken, das schon viel zu lange als selbstverständlich hingenommen wird
› Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen wie Veröffentlichungen, Seminare, Kurse und spezialisierte Master-Abschlüsse für die Beschäftigten der Baubranche auf allen Ebenen, die in dieser Hinsicht bisher sträflich vernachlässigt und als durch „göttliches Recht“ an die Branche gebunden angesehen wurden
› Abstimmung mit Meinungsmachern, um mit ihnen und über sie die richtigen Beziehungen zu knüpfen, um dem „Bauen mit Ziegeln“ technische Anerkennung und Wertschätzung zu verschaffen
› Lenkung der Normgebung insbesondere auf europäischer Ebene, auch und speziell über die TBE, als Protagonisten mit aktiver Beteiligung und gezielten Vorschlägen
› stärkere Zusammenarbeit mit und zwischen den Unternehmen, um dem Verband mehr Gehör zu verschaffen und die Mitglieder anzuregen, sich stärker in die Verbandstätigkeit einzubringen und aktiv zur Fortsetzung, Verbreitung und Verstärkung der Verbandsinitiativen beizutragen
Catervo Cangiotti
Präsident des italienischen Zieglerverbandes
Andil Assolaterizi