21. Eurosymposium widmet sich keramischen Oberflächen
Am 6. und 7. September 2016 trafen sich keramische Fachleute zum diesjährigen Eurosymposium in Meißen, um gemeinsam über neueste Erkenntnisse auf dem Gebiet der keramischen Oberflächen zu diskutieren.
Dr.-Ing. Jens Petzold, KI Keramik-Institut GmbH, konnte mehr als 90 Teilnehmer aus den unterschiedlichen Bereichen der keramischen Industrie begrüßen. Er erinnerte seine Fachkollegen daran, dass keramische Oberflächen nicht nur durch ihre Funktionalität gekennzeichnet sind, sondern auch durch ihre ästhetischen Eigenschaften: „Kunden lassen sich von ästhetischen Aspekten ansprechen, die Funktionalität setzen sie einfach voraus. Das dürfen wir als Keramiker nicht vergessen.“ Er informierte die Anwesenden darüber, dass im KI Keramik-Institut ein neues Digitalmikroskop zur Verfügung steht, mit dem keramische Oberflächen umfassend analysiert werden können.
Von der keramischen Arbeitsplatte bis zum Filterkuchen
Den Vortragsreigen eröffnete Torsten Nöhring, D. Lechner GmbH, mit einem sehr allgemeinen Überblick über „Küchenarbeitsplatten aus Keramik“.
Katharina Armbrecht, Bundesverband der Deutschen Ziegelindustrie e. V., beantwortete in ihrem Bericht aus Berlin die Frage „Was gibt’s Neues in der Umwelt- und Energiepolitik für die Keramik?“ Sie zeigte aktuelle Entwicklungen in der Klimapolitik auf, insbesondere die Diskussion zur Ausgestaltung des CO2-Emissionshandels von 2021 bis 2030. Außerdem informierte Katharina Armbrecht über die Novellierung der TA Luft, die bis zum Ende der aktuellen Legislaturperiode 2017 abgeschlossen sein soll.
„Keramische Oberflächen für ein gesundes Wohn- und Lebensumfeld“ waren das Thema von Wolfgang Starke, Creaton Kera-Dach GmbH & Co. KG. Der passionierte Dachziegelhersteller stellte ein neues Produkt vor, das mit vorhandener Dachziegeltechnik produziert wird. Die ViaTon-Systembauteile sind maßgeschneiderte Produkte – ausschließlich aus ungebranntem Lehm und ungebrannten Tonen mit all ihren positiven Eigenschaften. Dazu werden die Tone und Lehme aus den heimischen Tagebauen mit Granodiorit ergänzt und in exakt definierten Anteilen vorgemischt. Diese Mischung wird getrocknet und gemahlen und das Mineralmehl mit Korngrößen von kleiner 63 µm computergesteuert mit Wasser zu einer plastischen Masse gemischt. Auf den vorhandenen Strangpressen werden die ViaTon-Systembauteile verpresst und die Formlinge definiert getrocknet und anschließend verpackt. Diese Naturbaustoffe werden im ungebrannten Zustand ausschließlich im Innenausbau, z.B. als Alternative zu Gipskarton, eingesetzt.
Dr. Volkmar Lankau, CeraFib GmbH, gab in seinem Vortrag „Oxidische Keramikfasern und keramische Faserverbundwerkstoffe“ eine Einführung zu oxidischen Keramikfasern und keramischen Faserverbundwerkstoffen und stellte mögliche Anwendungsgebiete vor, wie Brennerdüsen, Tragelemente oder Flammrohre.
Am Mittwoch eröffnete Prof. Dr. rer. nat. habil. Jürgen Schreiber, Fraunhofer-Institut IKTS, den Vortragsreigen mit seinen Ausführungen zur „Zerstörungsfreien Prüfung von keramischen Werkstoffen und Oberflächen“. Er informierte über die verschiedenen Varianten der zerstörungsfreien Prüfung, u.a. die optische Diagnose, Ultraschallverfahren und elektromagnetische Untersuchungen. Die Spannungsanalyse mit Röntgen-Neutronen-Diffraktion bietet eine weitere Möglichkeit, um Defekte wie Risse und schadhafte lokale Materialänderungen aufzuspüren.
„Glasierte Oberflächen von Sanitärprodukten – Ästhetik und funktionale Aspekte“ war das Thema von Jörg Ridder, Sacmi Group, Riedhammer GmbH. Ridder machte grundlegende Aussagen zu Glasuren, ihren Eigenschaften, Applikationen und Fehlern. In der Sanitärkeramik wird heute in sehr modernen, vollautomatisierten Glasiereinheiten per Roboter gleichmäßig Glasur aufgetragen.
Gero Stolle, KI Keramik-Institut GmbH, präsentierte in seinem Vortrag „Alternative Trübung von Glasuren und Engoben“ Ergebnisse eines Forschungsprojektes. Ziel war es, Zirkonsilikat, das teuer ist und selten vorkommt, als Trübungsmittel in Sanitärporzellanglasuren zu ersetzen. Der Einsatz von Ca3(PO4)2 erwies sich in Anteilen von 4 bis 6 % als vielversprechend, auch im Hinblick auf die Produktkosten. Weitere Untersuchungen sollen, möglichst in Zusammenarbeit mit der Industrie, folgen.
Interessante Erkenntnisse beim Einsatz von „Nano- und mikrostrukturierten Materialien aus Aluminiumoxid und Silizium und deren innovative Anwendungen“ zeigte Dr. rer. nat. Petra Göring, SmartMembranes GmbH, auf.
Im letzten Vortrag der Veranstaltung stellte EurGeol Dr. rer. nat. Lutz Krakow, Dr. Krakow Rohstoffe GmbH, „Den Einfluss von tonmineralischen Reststoffen auf die Beschaffenheit von Ziegeloberflächen“ vor. Anhand von zehn ausgewählten Reststoffen zeigte er deren Einfluss z. B. auf die Brennfarbe der Produkte auf. Der Zusatz von feinen Filterkuchen bzw. Füllern beeinflusst die Rauheit spürbar und führt zu glatteren Oberflächen.
Glück auf im Kalkbergwerk
Der gemeinsame Abend startete mit einem Besuch des alten Kalkbergwerkes Miltitz, das seit dem Jahr 2000 als Besucherbergwerk genutzt wird. Man geht davon aus, dass bereits um 1400 erstmals Kalk abgebaut wurde. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts ging man zum Tiefbau über, mit Abbauräumen von 8 mal 8 Metern, die 10 bis 12 Meter hoch sind. 1906 wurden ca. 10 000 t Kalk gefördert. Der hochwertige Kalkstein mit einem CaCO3-Gehalt von ca. 98 % ging in die Industrie und Landwirtschaft sowie in das Handwerk und Gewerbe. 1923 wurde die Produktion eingestellt.
Nach diesem Ausflug in die Geschichte der Region bot der sehr gelungene Abend in der WeinErlebnisWelt der Winzergenossenschaft Meißen viel Zeit zu Fachgesprächen, auch quer durch alle Bereiche der keramischen Industrie.
Auf ein Neues
Auch 2017 wird die KI Keramik-Institut GmbH die erfolgreiche Veranstaltung weiter fortführen. Ein besonderes Merkmal des Eurosymposiums ist seine breit aufgestellte Themenvielfalft, die nahezu alle Bereiche der Keramik umfasst. Hier treffen sich die Vertreter der Branche auch, um einen Blick über den Tellerrand zu werfen und sich vielleicht Ideen zu Innovationen aus anderen Anwendungsbereichen zu holen.
Anett Fischer
www.keramikinstitut.de