World Energy Dialogue: Vernetzung ist der Schlüssel für Energieeffizienz

Der World Energy Dialogue (WED) auf der Hannover Messe am 20. und 21. April 2010 endete mit einer klaren Botschaft: Nachhaltige Energieversorgungskonzepte für die stürmisch wachsen­den urbanen Zentren auf der Welt müssen ebenso wie länderübergrei­fende Verbundsysteme für die Stromversorgung ein hohes Maß an Vernetzung aufweisen. Nur integrative Lösungen können langfristig effizient sein und die heute erkennbaren Probleme beherrschbar machen.

Unter der Leitung von WED-Chairman Prof. Dr. Dr. h. c. Klaus Töpfer beleuchteten Wissenschaftler, Politiker und Vertreter der Wirtschaft vor rund 500 Teilnehmern die Kernfragen für die Energieversorgung der Zukunft: Wie können nachhaltige Energieversorgungssysteme rea­lisiert werden, die eine massive Ausweitung der regenerativen Erzeu­gung und das Ziel einer hohen Effizienzsteigerung vereinen?

Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle, Schirmherr des WED, stellte als eines der wichtigen Ziele der Bundesregierung die Schaffung eines durchgängigen energiepolitischen Konzepts mit dem Zeithori­zont 2050 heraus. Dieses ziele auf die Schaffung eines intelligenten Energieversorgungssystems mit Integrationswirkung durch die Nut­zung von technischen Innovationen ab. 


Vorhandene Techniken schnell einführen

Dr. Werner Schnappauf, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie e.V. (BDI), betonte, dass der konsequente Ein­satz der heute verfügbaren energieeffizienten Produkte den CO2-Aus­stoß bereits um etwa 40 % reduzieren könnte. Allerdings gelinge der "Sprung in die neue technische Welt" nur durch eine schnelle Unterstützung der Implementierung. Er forderte die Politik auf, geeig­nete Rahmenbedingungen zu schaffen, jedoch technologieoffen zu bleiben.   


Optimierung des Energieeinsatzes ist eine Systemfrage

Energieoptimierung darf jedoch nicht allein auf einzelne Objekte bezo­gen werden, wie das Thema Städteplanung verdeutlicht. Bereits heute lebt rund die Hälfte der Menschen in Städten, und 2020 werden es laut Experten bereits 60 % sein. Die Planung effizienterer Strukturen im urbanen Raum hat also eine hohe Bedeutung, und das betrifft nicht nur die Energieversorgung. Auch der Verkehr spielt eine wesentliche Rolle. Daher könne ein energetisch optimiertes Gebäude einen hohen Energieverbrauch verursachen, wenn es falsch steht, stellte Prof. Dr. Hermann Knoflacher von der Technischen Universität Wien fest.


Klimaschutz hört nicht an Landesgrenzen auf

Wie wichtig auch überregionale oder interkontinentale Kooperationen sind, um Energie klimaschonend zu erzeugen und bestmöglich einzu­setzen, wurde am Beispiel Desertec deutlich. Die Idee, in Nähe des Äquators zum Beispiel Sonnenenergie zur Stromproduktion zu nutzen und den Strom auch zu den Verbrauchsstandorten in Europa zu trans­portieren, lässt sich nur durch ein Miteinander europäischer und (nord-)afrikanischer Politiker und den Einsatz hocheffizienter Technik umset­zen. Paul van Son, Chef der Desertec-Initiative, stellte als eine Voraus­setzung für die Akzeptanz des Projekts in Afrika die ausreichende Berücksichtigung der lokalen Komponente heraus: Es könnte zunächst dazu dienen, den Bedarf an Strom in Nordafrika oder dem Mittleren Osten mit erneuerbarer Energie zu decken, und später einen Strom­überschuss nach Europa zu exportieren. Dieser wäre laut Planung ausreichend, etwa 15 Prozent des europäischen Bedarfs zu decken. Wichtig seien aber auch der Wissenstransfer und die Schaffung von technologischen Kompetenzzentren in Zusammenarbeit mit Universi­täten in nordafrikanischen Staaten. Für die Überführung der Desertec-Initiative aus der Projekt- in die Umsetzungsphase ab dem Jahr 2012 ist die Lösung der Transportfrage für die Edelenergie Strom von höchs­ter Bedeutung, denn die großen Distanzen nach Mitteleuropa verlan­gen verlustarme Leitungen wie die Hochspannungs-Gleichstrom-Über­tragung (HGÜ).

Stefan Kohler, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Energie-Agentur (dena), betrachtete aus europäischer Sicht die Frage des effizienten Transports von Strom sowie die Verfügbarkeit von Spei­chern. In seinem Vortrag zum Thema "Herausforderungen und Anfor­derungen an zukunftsfähige Verbundsysteme" untermauerte er, dass der prognostizierte Ausbau von fluktuierender Erzeugung in den Berei­chen Windstrom und Photovoltaik bereits im Jahr 2020 zu einer instal­lierten Leistung von rund 80 000 MW führen wird. Diese teilweise dezentral, aber auch zentral im Stromnetz angesiedelten Erzeugungs­leistungen könnten letztlich nur dann effizient in die Stromnetze integ­riert werden, wenn dies auf internationaler Ebene geschehe. Darüber hinaus müsste über Pumpspeicherwerke hinaus an der Bereitstellung großer Speicherkapazitäten gearbeitet werden.


Italien auf dem Weg zur Energieplattform des Mittelmeers

Die Relevanz der Transportnetze und ihre länderübergreifende Bedeu­tung hatte am Vortag bereits Italiens Minister für wirtschaftliche Entwicklung, Claudio Scajola, unterstrichen. Er stellte Pläne seines Landes vor, Italien zu einer Plattform für den Energieaustausch im gesamten Mittelmeerraum auszubauen, und zwar für Strom und Erd­gas unter Einbeziehung Afrikas und des Nahen Ostens. Das Desertec-Projekt habe für solche Umstrukturierungen eine "Katalysatorwirkung" für Investitionen.

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