Büro Medau

Generationenwechsel bei Medau

Jan Hinrich Medau hat nach dem Tod seines Vaters Karl Hinrich Medau im Januar 2021 die Unternehmensaktivitäten weitergeführt. Im Gespräch mit der Ziegelindustrie International schildert er, wie sein Vater das Ingenieurbüro Medau und IKEMA aufgebaut hat, welche Herausforderungen die Übernahme mit sich brachte und was er als Unternehmer weiter vorhat. Büro Medau ist Vertriebspartner für Ceramic Instruments und SMAC in den Regionen DACH, Benelux und Skandinavien sowie weltweiter Anbieter von Trockenresorptionsanlagen für Fluorwasserstoff unter dem Namen HF Absorb und von Marken-Kommunikationsdienstleistungen unter dem Namen Gallo Giallo.

Geschichte des Ingenieurbüros Medau und der IKEMA Service GmbH

Herr Medau, Ihr Vater Karl Hinrich Medau hat das Unternehmen Ingenieurbüro Medau vor fast fünfzig Jahren gegründet und bis zu seinem Tod geführt. Wie kam es zu der Gründung?

Jan Medau: Mein Vater ist beruflich Zeit seines Lebens seinem Interesse für Keramik gefolgt. Nach einer Ausbildung zum Hafner und Töpfer in der Keramikschule Landshut und Lehrjahren in der Schweiz hat er ein Ingenieurstudium im Bereich Keramik und Maschinenbau in Höhr-Grenzhausen an der Hochschule Koblenz absolviert. Im Anschluss hat er für den Maschinenbauer Keller im westfälischen Laggenbeck gearbeitet. Ende der 60er Jahren übernahm er als selbständiger Handelspartner deren Generalvertretung in Mailand, Italien. Dort gründete er das Ingenieurbüro Medau, kam aber 1983 wieder nach Deutschland zurück.

Was für Leistungen hat Ihr Vater im Ingenieurbüro nach seiner Rückkehr angeboten?

JM: Er hat den Spieß umgedreht und italienische Zuliefer‑
unternehmen in Nordeuropa vertreten. Dazu gründete er die IKEMA, was für italienische Keramikmaschinen steht. In den ersten Jahren hat er den Vertrieb für Poppi und System Ceramics übernommen. Poppi war ein italienischer Ofenhersteller, System Ceramics produziert immer noch Anlagen und Maschinen für Automation, Transport und Verpackung. In den 90ern ergaben sich neue Vertriebspartnerschaften mit Officine SMAC und Ceramic Instruments (CI). Darüber hinaus hat er zeitgleich in der Branche als Berater und Ingenieur gearbeitet.

Was hat er so gemacht?

JM: Neben seinem Tagesgeschäft war er beispielsweise in Osteuropa sehr aktiv und hat dort Werksaufrüstungen mit gebrauchten Maschinen aus Deutschland, Italien oder Frankreich betreut. Vielen in Deutschland ist er zudem noch durch sein Engagement in der Keramischen Gesellschaft vertraut. Auch die Nachwuchsförderung lag ihm immer sehr am Herzen.

Medau vertreibt ja auch ein eigenes Produkt. Wie kam Ihr Vater auf das Filtersystem HF Absorb?

JM: Erste tiefergehende Berührungspunkte mit dem Thema Gasfilteranlagen ergaben sich bei dem Schweizer Wärme- und Rauchgastauscherhersteller Air Fröhlich. Dort hatte mein Vater, nach seiner Rückkehr 1983 aus Italien, für eine kurze Zeit gearbeitet. Später hat er gemeinsam mit der Firma Steuler das heutige Produkt entwickelt und zur Marktreife geführt.

Übergabe des Geschäfts

Was hat den Ausschlag für Ihre Entscheidung gegeben, das Unternehmen nach dem Tod Ihres Vaters weiterzuführen?

JM: Zwei Faktoren spielten da hinein. Einerseits sprachen für den Weiterbetrieb gewichtige Gründe. Der Name Medau war und ist in der Branche gut etabliert. Beide italienischen Partner, SMAC und CI, waren an einer Fortsetzung der Zusammenarbeit sehr interessiert, es kam ihnen sehr gelegen, dass ich auch fließend italienisch spreche. Andererseits war ich mit den Themen, obwohl ich fachfremd bin, gut vertraut und war einfach neugierig auf die Herausforderung.

Was haben Sie vorher gemacht?

JM: Ich komme ursprünglich aus einer ganz anderen Ecke. Nach über 15 Jahren als selbständiger Berufspilot habe ich mich Anfang der 2000er ganz neu orientiert. Nach einer ­Ausbildung zum ­Grafikdesigner in einer Werbeagentur und einem Studium der Wirtschaftspsychologie habe ich längere Zeit im Bereich Markendesign und -beratung gearbeitet. Dort gab es vielfältige Berührungspunkte mit dem Maschinenbau.

Meinen ersten intensiven Einblick hatte ich beim internationalen Maschinenbauer Krauss-Maffei (Kunststoffbranche), wo ich dreieinhalb Jahre den Markenrelaunch mitgestaltet habe. Das hat mein tieferes Interesse geweckt. Danach habe ich mich nach einem kurzen Aufenthalt in Hong Kong mit einem eigenen Designbüro, Gallo Giallo, selbstständig gemacht. Seit dieser Zeit habe ich neben meinen anderen Kunden die komplette Markenkommunikation, Werbung, Prospekt etc., für meinen Vater gestaltet. Von daher hatte ich schon einen guten theoretischen Überblick, als es zur Übergabeentscheidung kam.

Aufgrund dieser Erfahrungen und meines Interesses am Maschinenbau fiel mir die Entscheidung nicht schwer, die Geschäftsbereiche meines Vaters fortzuführen. Das Ingenieurbüro musste ich schließen, da ich Quereinsteiger und nicht studierter Ingenieur bin, die restlichen Aktivitätsbereiche wurden zusammengelegt. Deshalb heißt das Unternehmen jetzt Büro Medau.

Produkte und Leistungen

Was stellen Ihre Vertriebspartner her und wer fragt die Produkte nach?

JM: Ceramic Instruments ist für seine Labor- und Kontroll‑
instrumente bekannt. Viele Industrielabore in der gesamten Keramikbranche nutzen die Geräte, aber auch Ausbildungsbetriebe wie Hochschulen oder Berufsfachschulen. Die von CI hergestellten Feinmühlen werden auch in anderen Branchen nachgefragt.

SMAC stellt Maschinen und Systeme für alle ­Funktionen im Bereich trockene und flüssige Oberflächendekore her: Zubereitung der Glasuren und Engoben, Rühr- und Mischbehälter, Maschinen für die verschiedenen Auftragungsarten, mit Schleuder- und Spritzkabinen sowie Applikationsmaschinen für Effekte mit Sand und Pulver oder auch Digitaldruck. Dazu kommen verschiedene Systeme zur automatischen Qualitätsüberwachung und -korrektur, bspw. für die Dichte und Zähflüssigkeit der Glasuren und Engoben, sowie Systeme zur Automatisierung und Steuerung entsprechender Produktionslinien. Hauptkunden sind die Ziegel- und Fliesenindustrie. Alle Maschinen und Systeme werden immer individuell an die Ansprüche der Kunden angepasst und „maßgeschneidert“ konstruiert. Das ist unumgänglich, da wir uns in der Regel in bestehende Produktionslinien einfügen müssen, oftmals unter herausfordernden Platzverhältnissen.

Spielt die Automatisierung in diesem Bereich eine Rolle?

JM: Die Themen Fachkräftemangel und der steigende Anspruch der heutigen Arbeitnehmer an z. B. die Sauberkeit des Arbeitsumfeldes sowie an die Zumutbarkeit der Tätigkeiten an den Maschinen sind in vielen keramischen ­Produktionsbetrieben hoch aktuell. Die automatische Zubereitung der Engoben und deren dauerhafte Kontrolle sowie automatische Reinigungszyklen bei Farbwechseln entlasten die Betriebe ungemein. Anstatt zwei Stunden mit dem Hochdruckreiniger eine Schleudermaschine zu reinigen, können Mitarbeiter nun wichtigere Tätigkeiten übernehmen. Davon profitieren beide Seiten, Arbeitgeber und -nehmer.

Wer ist die Zielgruppe für HF Absorb?

JM: HF Absorb ist für alle Unternehmen interessant, die im Rahmen ihrer Produktionsverfahren Fluorwasserstoff emittieren und ihre Abgase reinigen müssen, um gesetzlich vorgegebene Grenzwerte einzuhalten. Das betrifft besonders den keramischen Sektor, wo Fluorwasserstoff beim keramischen Brand freigesetzt wird, geht aber darüber hinaus, beispielsweise in die Branchen Glas oder Metallverarbeitung. So haben wir aktuell eine Anfrage von einem Stahlproduzenten aus Linz. Eine spezielle Beschichtung, die auf Stahlbleche aufgetragen wird, dünstet beim Trocknen Fluorwasserstoff aus. Da das Werk in der Linzer Innenstadt liegt, müssen sie strenge Grenzwerte einhalten und in nachhaltigere Produktionsziele investieren. Aufgrund der gleichen Abgasnorm besteht theoretisch im gesamten EU-Raum potenzieller Bedarf für unsere Filteranlagen.

Was zeichnet HF Absorb aus?

JM: Der HF Absorb-Filter unterscheidet sich von den meisten Anlagen am Markt darin, dass er nicht auf Nasssorption, sondern Trockensorption beruht. Vorteile des Trockenabscheidungsverfahrens sind die individuelle Größe der Reaktoren, der dezentrale Einsatz nah an der Emissionsstelle sowie die leichte Installation und der einfache Betrieb. Investitions- und Betriebskosten liegen deutlich unter denen vergleichbarer Nasssorptionsanlagen, bei durchschnittlich zwanzig bis fünfundzwanzig Prozent. Bei kleinen und mittelgroßen Anlagen und Abgasvolumina ist HF Absorb also preislich unschlagbar. Bei größeren Werken und größeren Volumina Rauchgas über 35.000 Kubikmeter pro Stunde kommen die Effizienzvorteile der Trockensorption nicht mehr zum Tragen.

Wo kommen die Filter zum Einsatz?

JM: Viele Filteranlagen haben wir an Bestandskunden in der deutschen Keramikbranche verkauft. Dazu zählen Hersteller von Sanitärporzellan wie Duravit und Laufen, Porzellanhersteller wie Meissen, Villeroy und Boch oder seit vergangenem Jahr Friesland Porzellan, aber auch einige Fliesen- und Ziegelhersteller wie Deutsche Steinzeug, Steuler Fliesen oder Tonality im Westerwald. Einzelne Filteranlagen stehen auch in Belgien, Luxemburg, Schweiz, Frankreich und Mexiko. Erhebliches Marktpotenzial sehen wir nach wie vor in Deutschland, aber auch in den großen Keramikstandorten in Spanien, Portugal und Frankreich. Dort wollen wir unsere Präsenz ausbauen. Dafür suchen wir aktuell noch Vertriebspartner, die uns beim Marktzugang unterstützen können. Asien oder Nordamerika könnten auch interessant werden, sofern vergleichbare Grenzwerte eingeführt werden oder Unternehmen sich dort als Vorreiter positionieren möchten.

Gegenwart

Spüren Sie im Geschäft die Auswirkungen der angespannten Lage im Energie- und Bausektor? Gibt es wahrnehmbare Unterschiede in den Märkten?

JM: Die Nachfrage entwickelt sich ganz gut, die Auftragsbücher unserer Kunden sind noch voll, die Investitionslaune ist beständig. Hier und da herrscht angesichts steigender Zinskosten und einbrechender Baukonjunktur Skepsis, was 2024 und 2025 bringen werden. Wir haben das Gefühl, dass aktuell in Asien deutlich zuversichtlicher und mehr investiert wird. In Deutschland und Nordeuropa hoffen wir mittelfristig auf eine ähnliche Entwicklung, wenn sich die Bauindustrie erholt bzw. stabilisiert hat. Wir sind optimistisch, dass einige Unternehmen die ruhige Phase für Modernisierungen nutzen werden.

Betrifft der Ukraine-Krieg Ihr Unternehmen?

JM: Der Krieg ist an verschiedenen Stellen spürbar. Viele Tone und Grundlagen für Glasuren kamen aus der Ukraine. Deshalb sind Engoben derzeit wertvoll wie Gold. Deren effizienter Einsatz, also das Auffangen überflüssigen Materials und das Wiedereinspeisen in den Kreislauf, hat klar an Bedeutung gewonnen. Die Systeme von SMAC bieten dosierbare Spritzanlagen mit einer effektiven Recyclingfunktion. Solche Spar- und Optimierungspotenziale funktionieren wirklich gut und sind aktuell sehr gefragt.

Einschränkungen bemerken wir in Lieferketten für elektronische Bauteile. Für Baugruppen von Siemens betrug die Wartezeit im vergangenen Jahr bei einem Kunden acht Monate. Das war vor wenigen Jahren noch undenkbar. Mit diesen riesigen Vorlaufzeiten und vielen anderen Fremdfaktoren, die reinspielen, ist es leider schwieriger geworden, pünktliche Lieferungen zu garantieren. Wie es scheint, ist die Lage in diesem Jahr aber schon deutlich entspannter.

Zukunft

Welche Ziele verfolgen Sie mit Büro Medau?

JM: Das erste Ziel ist, die Umsatzzahlen meines Vaters wieder zu erreichen. Da sind wir auf einem guten Weg, trotz Verzögerungen durch die Folgen der Coronapandemie und des Ukraine-Kriegs. Außerdem möchte ich HF Absorb stärker im restlichen Europa positionieren. Das dritte Ziel ist, alte Kundenkontakte neu zu knüpfen und weitere ­Antrittsbesuche zu absolvieren. In den eineinhalb Jahren, die ich jetzt im Geschäft bin, war das kaum zu schaffen.

Dann lassen Sie uns das Interview doch gerne mit einem Aufruf beenden!

JM: Sehr gerne. Liebe Kunden und Partner des ehemaligen Ingenieurbüros Medau: Mein Vater hat Informationen noch analog gemanagt. Vor seinem plötzlichen Tod konnte er mir keine vollständige Kundenkartei übergeben. Viele Kontakte hat er sozusagen mit ins Grab genommen. Es hat sich vieles getan in den vergangenen Jahren, sowohl bei uns, als auch bei Ihnen, nehme ich an.  Ich freue ich mich über Ihre Kontaktanfragen, um ein gegenseitiges Auffrischen langjähriger Geschäftsbeziehungen zu ermöglichen.

Lieber Herr Medau, ich bedanke mich für das Gespräch und wünsche Ihnen viel Erfolg!

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