Palast der Spektralfarben
Im Industriepark Höchst bei Frankfurt am Main findet sich eines der berühmtesten und ausdrucksstärksten Beispiele für Industriearchitektur mit Ziegeln: das von Peter Behrens (geboren 1868 in Hamburg, gestorben 1940 in Berlin) entworfene Verwaltungsgebäude der Farbwerke Hoechst.
Beschreibung
Die Fassade ist gänzlich in verschiedenfarbigen Ziegeln ausgeführt. Sich nach oben verjüngende Sockel, Kanneluren aus zurückgesetzten, helleren Ziegeln und Friese aus hellerem Mauerwerk gliedern die Fassade. Prägend für das äußere Erscheinungsbild sind die Brücke und der Turm, die lange Zeit das Logo der Hoechst AG ausmachten.
Im Zentrum des Verwaltungsgebäudes befindet sich die Kuppelhalle. Funktional nicht mehr als ein überdachter Lichthof mit seitlich angefügten Treppenaufgängen handelt es sich um das Herzstück der Planung. Die vertikalen Gestaltungselemente, Pfeiler, Wände, Farben, führen den Blick des Betrachters nach oben zu den Glaskuppeln, die den Raum beleuchten. Der gestufte Wechsel der Farben und der Aufbau des Ziegelmauerwerks sind aufeinander abgestimmt. Von unten nach oben werden die Farben heller und erzeugen den Eindruck wachsender Leichtigkeit. Dem entgegen wirken die sich verbreiternden Ziegelwände, die zur Decke hin immer massiger werden.
An die Kuppelhalle schließt sich die Ausstellungshalle mit der Bronzeskulptur des „Aufbruch“. Dorthin sollte, nach dem Konzept von Peter Behrens, der Blick des Eintretenden vom Eingang geradeaus durch das Untergeschoss der Kuppelhalle geführt werden.
Farbgebung als Corporate Image
Die „Farbwerke, vormals Meister, Lucius & Brüning“ in Höchst, gegründet 1863, waren in der Zeit vor dem 1. Weltkrieg zu einem weltweit anerkannten Hersteller synthetischer Farbstoffe geworden. Darauf nimmt die Farbgebung des Verwaltungsgebäudes Bezug. In der Kuppelhalle gliedern die Farbverläufe vom Sockelgeschoß bis zur Decke den Raum vertikal. Die Wegeführung im Untergeschoss in die anschließende Ausstellungshalle ist von horizontal gegliederten Farbflächen charakterisiert. Farbspiele charakterisieren auch die beiden Haupttreppen mit ihrer rhythmischen Anordnung von hellen und dunklen Ziegeln.
Bauarbeiten in Zeiten der Unruhe
Im August 1920 fragten die Farbwerke Peter Behrens an, Planung und Bau des neuen Technischen Verwaltungsgebäudes zu übernehmen. Der war zu diesem Zeitpunkt bereits ein anerkannter Designer und Architekt besonders im Industriebau. Er nahm die Arbeit sofort auf. Die Bauarbeiten, geprägt von den Folgen des Versailler Vertrags, zogen sich vier Jahre hin. Der Ruhrkampf, die französische Besetzung des Rheinlandes und die Inflation behinderten die Bautätigkeit. Auch Baumaterial war knapp. Statt wie geplant Sandstein zu nutzen, wich Behrens auf regional verfügbare Ziegel aus.