„Hurra, es gibt uns noch!“

Autobiografisches und was den Mittelstand bewegt

Der mittelständische Ziegelfabrikant Ernst K. Jungk (75) aus dem rheinhessischen Wöllstein hat schon viele Höhen und Tiefen erlebt. Meist waren dafür marktwirtschaftliche Veränderungen oder von der Politik falsch gesetzte Rahmenbedingungen verantwortlich. Dies veranschaulicht der Autor eindrucksvoll am Beispiel seiner Familie und ihrer vor 150 Jahren gegründeten Ziegelei.
Die unerwartet lange Baukrise in den Jahren 1995 bis 2010 sowie die mühevolle Bewältigung dieser existenzbedrohenden Situation durch den Unternehmer und seinen Sohn dienen als Lehrstück dafür, wie schnell ein jahrzehntelang erfolgreiches Unternehmen in eine ernste Krise geraten kann.
In seiner 50-jährigen Geschäftsführertätigkeit als Alleingesellschafter hat Jungk umfangreiches Wissen und wertvolle Erfahrungen im Umgang mit Geschäfts-partnern, Kunden und Mitarbeitern gesammelt, die er in seinem Buch höchst unterhaltsam weitergibt.
Als Beispiel, neue Wege der „Versöhnung zwischen Industrie und benachbarter Bevölkerung“ zu gehen, beschreibt er das Anlegen eines öffentlichen Baumgartens (Arboretums), der zugleich einen Ausgleich für den Eingriff in die Natur durch den für die Mauerziegelproduktion erforderlichen Tonabbau schaffen soll. Die Umsetzung dieser Idee wurde bereits durch den Energieversorger RWE mit einem Klimaschutzpreis ausgezeichnet.
Kritisch setzt sich der Verfasser auch mit der gegenwärtigen Politik und deren Folgen für die Wirtschaft auseinander: Einseitig festgelegte Klimaschutzauflagen und die übereilte Energiewende gefährden nach seiner Einschätzung den Wirtschaftsstandort Deutschland. Die allgegenwärtige Subventionsmentalität setzt falsche Anreize und verzerrt den marktwirtschaftlichen Wettbewerb. Falsche Entscheidungen der Politik stellen die Existenz traditionsreicher Familienbetriebe infrage, obwohl gerade diese mittelständisch strukturierten Unternehmen produktive Arbeitsplätze schaffen und ihre Gewinne vollständig im Inland versteuern.
Aber auch eigene Fehlentscheidungen blendet Jungk nicht aus, denn er hat gelernt, zwischen Glück, gewährten und ergriffenen Chancen sowie konsequent erarbeitetem Erfolg zu differenzieren. Der erfolgreich vollzogene Generationswechsel und die inzwischen wieder stabile Situation der familieneigenen Ziegelei können als vorläufiges Happy End für Jungks Unternehmertum dienen. Denn der Autor hat sich noch nicht zur Ruhe gesetzt, sondern engagiert sich dank guter Kontakte bei der Vermittlung gebrauchter Ziegelwerke nach Osteuropa.
Jungks Buch ist eine Fundgrube spannender Denkanstöße für Mittelständler sowie alle politisch und/oder wirtschaftlich interessierten Leser.
 
Ernst K. Jungk: Hurra, es gibt uns noch!
252 Seiten, 22,90 Euro,
erschienen bei Books on Demand, Norderstedt, 2013
ISBN 978-3-8482-6643-2

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