Kommunales Wohnungsbaugespräch 2021

„Die Politik ist nicht der bessere Bauunternehmer“

Der Bayerische Ziegelindustrie-Verband (BZV), die Bauinnung Traunstein-Berchtesgadener Land und das Bayerische Baugewerbe veranstalteten im Oktober im großen Saal des Traunsteiner Rathauses das Kommunale Wohnungsbaugespräch 2021. Unter dem Motto „Bezahlbarer Wohnungsbau – auch eine ökologische Zukunftsaufgabe“, diskutierten Johannes Edmüller, Präsident des BZV, Bernhard Fuchs, Obermeister der Bauinnung Traunstein-Berchtesgadener Land, Oberbürgermeister Dr. Christian Hümmer, und Landrat Siegfried Walch mit Entscheidern aus der Bau- und Immobilienwirtschaft. Weil wegen der Corona-Pandemie die Zahl der Gäste begrenzt werden musste, war die Teilnahme auch per Videokonferenz möglich.

Im Fokus stand ein brandaktuelles Thema: Wie gelingt es, mehr nachhaltigen und bezahlbaren Wohnraum für die kommenden Generationen zu schaffen? Klar wurde dabei: Sich auf einen Baustoff festzulegen, ist der falsche Weg. Eine umfassende und aktuelle Studie des auf Nachhaltigkeitsuntersuchungen spezialisierten LCEE-Instituts in Darmstadt zeigt eindeutig: Betrachtet man den Lebenszyklus eines Gebäudes, spielt für die CO2-Gesamtbilanz der Baustoff keine Rolle. Am meisten Kohlendioxid wird während der Nutzungsphase freigesetzt.

 

Technologieoffenheit als Voraussetzung für
Klimaneutralität

„Um die aktuelle Wohn- und Mietenkrise in Deutschland zu lösen, muss weiterhin ausreichend gebaut werden. Wir glauben nicht, dass Diskussionen um Enteignungen die Probleme lösen werden, sondern vielmehr die Deckung des Bedarfs durch genügend Neubau von Wohnraum geschehen muss“, sagte BZV-Präsident Johannes Edmüller in seiner Begrüßungsrede. Als regional aufgestellte Branche habe die Ziegelindustrie im Corona-Jahr einen wichtigen Beitrag zur Schaffung des dringend benötigten Wohnraums geleistet: durch Verlässlichkeit, Preiskonstanz und Lieferfähigkeit. Ziegelgebäude würden sich durch Langlebigkeit und Nachhaltigkeit auszeichnen, einen zentralen Beitrag zum Erreichen der Klimaziele im Gebäudesektor leisten und für bezahlbares und hochwertiges Bauen stehen. „Wir sind aber noch lange nicht am Ziel. Wir haben nur noch 7.000 Tage Zeit, bis zum Jahr 2040, bis der Freistaat und damit auch wir klimaneutral sein werden. Dieses ehrgeizige Ziel wollen und werden wir mittragen.“ Grundlage hierfür sei jedoch ein fairer und vor allem technologieoffener Wettbewerb ohne die politischen Vorgaben von Quoten für bestimmte Bauweisen“, so Edmüller.

Bernhard Fuchs, Obermeister der Bauinnung Traunstein-Berchtesgadener Land, sagte es noch deutlicher: „Die Bayerische Staatsregierung ist dabei, durch den massiven Einsatz von Förderprogrammen, den Holzbau gegenüber dem Massivbau zu bevorzugen. Die Bayerischen Bauinnungen – und ich hier stellvertretend als Obermeister vor Ort – fordern von der Staatsregierung, den Weg der Technologieoffenheit und Baustoffneutralität nicht zu verlassen.“

 

„Politik ist nicht der
bessere Bauunternehmer“

„Die Politik ist nicht der bessere Architekt und nicht der bessere Bauunternehmer“, sagte Traunsteins Oberbürgermeister Dr. Christian Hümmer (CSU). „Es ist nicht unsere Aufgabe festzulegen, wie das umweltfreundlichste und ökologischste Haus gebaut wird. Unsere Aufgabe ist es, den richtigen Rahmen zu setzen.“ Aktuell stünden die Kommunen vor großen Herausforderungen: „Es bedrückt mich, wenn in Deutschland 50 bis 60 Prozent der Bürger theoretisch antragsberechtigt in der Wohnbauförderung sind.“ Die Antwort könne aber nicht Enteignung sein, dadurch entstehe nicht eine Wohnung mehr. „Wir sind eine wachsende Stadt und eine wachsende Region. Als Oberbürgermeister hilft es mir nichts, eine Wohnung von rechts nach links in Eigentum zu verschieben.“ Als Kommune müsse man angesichts steigender CO2-Abgaben zudem das Klima-Thema mitdenken. OB Hümmer: „Wer sich heute als Stadt klug aufstellt, wer CO2 vermeidet, schützt damit auch die Handlungsfähigkeit seiner Kommune in der Zukunft, denn er spart Geld damit. Klimaschutz ist Geldbeutelschutz und Heimatschutz.“

 

Studie zeigt: Förderung bestimmter Bauweisen hilft nicht dem Klima

Dass es nicht sinnvoll ist, für das Ziel Klimaneutralität nur auf einen Baustoff oder auf eine Technik zu setzen, das machte Dr.-Ing- Sebastian Pohl von der Life Cycle Engeneering Experts GmbH (LCEE) deutlich, zu deren Kerngeschäft Nachhaltigkeitsbewertungen gehören. „Drei Dinge sind wichtig, um zu einem möglichst klimaneutralen Gebäude zu kommen“, so Pohl. Das Gebäude dürfe nicht mehr nur als passive Hülle betrachtet werden, es müsse aktiv für die Eigenenergieerzeugung genutzt werden.

 

„Bauland darf nicht dem freien Markt überlassen werden“

Bezahlbaren Wohnraum schaffen, das ist auch die Aufgabe von kommunalen Wohnungsunternehmen und Genossenschaften wie der Wohnbauwerk Berchtesgadener Land GmbH. Was diese vor allem benötigen, um diesem Auftrag auch in Zukunft gerecht werden zu können, machte deren Geschäftsführer Florian Brunner deutlich: „Das ganze Bauland darf nicht dem freien Markt überlassen werden. Ein Teil muss im Rahmen einer nachhaltigen Wohnungspolitik für den Bau von günstigen Mietwohnungen zur Verfügung stehen.“

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