Leipfinger-Bader

Erster Innenwand-Vollziegel aus recyceltem Material

Ein Ziegel, der nicht gebrannt wird und kaum neue Ressourcen verbraucht? Diese Vorstellung schien bisher unmöglich. Im Rahmen des Forschungsprojektes Kaltziegel legte Leipfinger-Bader nun jedoch den Grundstein für eine neue Generation von Mauerziegeln. „Ziel unserer Forschung war es, einen Mauerziegel mit hoher Rohdichte und Druckfestigkeit zu entwickeln, der die Anforderungen tragender Innenwände erfüllt. Das ist uns gelungen“, erklärt Firmenchef Thomas Bader. Als nach eigenen Angaben erster Ziegelhersteller präsentierte Leipfinger-Bader den neuen Vollziegel, der an der Luft trocknet. Ein Meilenstein im Mauerwerksbau, wie Thomas Bader erklärt: „Wichtiger Aspekt unseres jetzt abgeschlossenen Forschungsprojektes war die Entwicklung eines Wandbaustoffes, der nicht gebrannt werden muss und somit nur über einen geringen Energieeinsatz verfügt. Darüber hinaus sollte er aus rezyklierten Ziegelmaterialien bestehen.“

 

Der Weg zum ungebrannten Mauerziegel

Um diese Idee umzusetzen, benötigte das bayerische Unternehmen geeignete Kooperationspartner. Erste Gespräche mit dem Osnabrücker Mörtel- und Putzspezialisten Sievert Baustoffe – früher firmierend als quick-mix Gruppe – bahnten sich bereits im Jahr 2015 an. Gemeinsam stellten die Partner einen Projektantrag beim Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie. Unter dem Projekttitel Kaltziegel – ein Recycling-Funktionswerkstoff begann die Forschungsarbeit im August 2016. Von Anfang an waren auch Forscher von rent a scientist am Projekt beteiligt. Sie erarbeiteten im Auftrag von Leipfinger-Bader theoretische Grundlagen, übernahmen in großen Teilen die Projekt-Organisation und führten praktische Versuchsreihen durch.

Der Erfolgsweg begann im ersten Schritt mit der Aufbereitung von Grundmaterialien. Die Basis bilden hier sortenreine Ziegelreste in besonders feinen Körnungsgrößen wie sie regelmäßig beim Schleifen von Planziegeln anfallen. Daneben können auch Fraktionen von recyceltem Ziegelbruch verwendet werden. Solche liefert etwa die einzigartige Recyclinganlage bei Leipfinger-Bader, die seit September 2020 am bayerischen Standort Puttenhausen in Betrieb ist. Dieser Ziegelsand wird mit einer speziellen Bindemittel-Mischung versetzt, wobei hier ein ganzer Baukasten an Rezepturen entwickelt werden konnte. Die verschiedenen Materialkombinationen lassen sich langfristig auch für unterschiedliche Produkte zum Einsatz bringen.

 

In Form gepresst und luftgetrocknet

In einem zweiten Schritt wurden Versuchsreihen mit kleinen Probekörpern durchgeführt. Erst an diesem Punkt fiel die Entscheidung für eine bestimmte Fertigungsmethode, um Produkte in Originalgröße herzustellen. Zu Testzwecken wurde dazu eine Anlage von Knauer Engineering (Geretsried) umgerüstet und am Standort Vatersdorf aufgebaut. Mit dieser gelang die Entwicklung eines innovativen Pressverfahrens. Dabei werden die Vollziegel-Rohlinge anschließend an der Luft bei Umgebungstemperatur getrocknet, ein Brennvorgang entfällt. Das Resultat ist ein Wandbaustoff, der eine besonders hohe Rohdichte hat sowie über eine entsprechend hohe Druckfestigkeit verfügt. Dank seiner Masse erfüllt er nicht nur die statischen Voraussetzungen für tragende Innenwände, sondern auch deren spezielle Schallschutzanforderungen. Wie herkömmliche Planziegel lässt er sich im Dünnbettverfahren verarbeiten. Unabhängige Prüfinstitute haben in bauphysikalischen Tests bereits die Tauglichkeit des kalt hergestellten Innenwand-Vollziegels bestätigt. So wurden die statischen Parameter von Kiwa Deutschland (Augsburg) überprüft, während das Prüfzentrum für Bauelemente (PfB, Rosenheim) den hohen Schallschutz verifizierte. Frost- und Taufestigkeit nahm zuweilen das Institut für Ziegelforschung (IZF, Essen) unter die Lupe. Alle Prüfverfahren lieferten positive Ergebnisse, sodass das Projekt Anfang 2020 zu einem erfolgreichen Abschluss kommen konnte.

 

Ende gut, alles gut?

Der Prototyp des Vollziegels steht nun zu Anschauungszwecken bei Thomas Bader im Büro. Für eine Zulassung sind erste Abstimmungsgespräche bereits erfolgt. „Wir stehen am Beginn einer neuen Generation von Mauerziegeln. Um eine eigene Produktionslinie zu schaffen, muss jedoch auch ein neuer Betriebszweig entstehen“, erklärt er. Neben den technischen Anlagen und Hallen werden große Lagerflächen für die Materialien benötigt. Zusätzlich ist der logistische Aufwand relativ hoch, da es große Mengen an Ziegelbruch zu bewegen gilt. Darüber hinaus bedarf es einer anspruchsvollen Qualitätskontrolle, denn nur hochwertiger Ziegelsand darf ins Endprodukt gelangen. Ohne eine Investitionsförderung von staatlicher Seite ist diese Herausforderung kaum zu stemmen. „Wir wissen, wie unser Innenwand-Vollziegel ressourcenschonend und energiearm produziert werden kann. Nun gilt es, in Gesprächen mit Vertretern von Fachbehörden die Finanzierung und Planung der Serienfertigung zu sichern“, so Thomas Bader.

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