Faustregeln für ein erfolgreiches Jahr
Wie war das zurückliegende Jahr? Das fragen sich viele beruflich stark engagierte Menschen während der „besinnlichen Tage“ rund um den Jahreswechsel. Dann fassen sie oft auch den Entschluss: Im neuen Jahr wird vieles anders! Doch nach dem Frühstück am Neujahrsmorgen sind die guten Vorsätze meist wieder schon vergessen.
Bei vielen beruflich stark engagierten Männern und Frauen hat man den Eindruck: Pausen sind ihnen eher lästig. Die einzige Auszeit, die sie sich neben dem Urlaub routinemäßig gönnen, ist die Zeit „zwischen den Jahren“. Dann ist der Betrieb ohnehin dicht.
Sorgen dann noch Tannenbaum, Kerzenlicht und Lebkuchen-Duft für die rechte Stimmung, stellt mancher oft zum eigenen Erstaunen fest: Es ist richtig schön, Zeit mit der Familie und mit Freunden zu verbringen, und das Zuhause nicht nur als „Boxenstopp“ zwischen zwei Terminen zu missbrauchen. Dann sind meist auch die Fragen nicht mehr weit: Sollte ich nicht etwas kürzer treten? Sollte ich mir nicht mehr Zeit für das Spielen mit den Kindern nehmen? Geht durch die endlose Hetzerei nicht viel Lebensqualität verloren? Schnell sind dann zahlreiche gute Vorsätze fürs neue Jahr gefasst. Meist sind diese Vorsätze durchaus ernst gemeint – insbesondere, wenn zwei, drei Gläser Sekt unsere Entschlusskraft stärken. Dann fassen wir oft sehr weit reichende Vorsätze. Doch leider sind diese meist schon beim Katerfrühstück am Neujahrsmorgen wieder vergessen.
„Irgendwie kommt mir das bekannt vor“, denken Sie vielleicht. „Ganz so schlimm ist es bei mir aber nicht.“ Doch Hand auf’s Herz: Wie viele Ihrer guten Vorsätze haben Sie in den letzten Jahren realisiert? Wie viele hatten länger als der Weihnachtsbaum Bestand? Die meisten! Dann sind Sie Spitze. Bei vielen Menschen ist dies anders.
Ständig unter Strom und auf dem Sprung
In unserer von Veränderung geprägten Zeit werden wir mit zahlreichen neuen Anforderungen konfrontiert. Auch die Arbeitsdichte steigt. Deshalb steht mancher von uns ständig unter Strom. Das Wort „Stress“ ist ein fester Bestandteil unserer Alltagssprache geworden. Und immer weniger Zeit bleibt dem Einzelnen, sich zurückzulehnen und sich zu fragen: Was will ich wirklich? Was ist mir wirklich wichtig? Und: Welche Trümpfe und Joker habe ich noch nicht ausgespielt?
Hektik macht sich in allen Lebensbereichen breit. 80 Prozent der Bundesbürger haben das Gefühl, dass sich die Welt „zu schnell dreht“. Sie spüren: Selbst wenn ich mich noch so anstrenge, gelingt es mir nicht mehr, allen Anforderungen gerecht zu werden. Ständig stehen sie unter Strom und sind sie auf dem Sprung – aus Angst, etwas zu verpassen.
Getrieben von diesem Lebensempfinden gibt sich mancher dem Irrglauben hin: Ich muss nur einen Zahn zulegen, dann werde ich allen Anforderungen gerecht. Eine Zeit lang können wir uns an diesem Leben im High Speed sogar berauschen. Schließlich ernten wir, wenn wir unseren Freunden und Bekannten von unserer 60-, 70- oder gar 80-Stundenwoche erzählen, nicht nur Mitgefühl, sondern auch anerkennende Blicke.
Doch Vorsicht: Hier tickt eine Zeitbombe. Die langfristige Folge ist meist der physische oder psychische Kollaps. Und spätestens dann stellt sich uns die Sinnfrage. Und erschreckt stellen wir fest: Was war ich früher doch für ein ausgeglichener und kreativer Mensch; heute funktioniere ich nur noch. Meine Kinder werden groß, ohne dass ich wirklich daran teilhabe. Mein Lebenspartner wird mir immer fremder. Glücklich kann sich deshalb schätzen, wer rechtzeitig instinktiv spürt: Mein Leben ist nicht mehr im Lot. Ich habe die rechte Balance verloren.
Eine solche Schieflage ist kein Einzelschicksal. Nicht umsonst befassen sich die Wirtschaftsmagazine mittlerweile regelmäßig mit Themen wie Burn-out und Depression. Und immer mehr „Leistungsträger“ hegen den Traum: Mit 50 steige ich aus. Doch welches Verhältnis hat jemand zu seiner Arbeit, der mit 50 Jahren aussteigen möchte – oder muss? Entweder ein desillusioniertes: Dann lautet seine Lebensmaxime „Schaffe, schaffe, Häusle baue“, damit er mit 50 endlich „leben“ kann. Oder er ist ein Workaholic: Dann lautet die Lebensmaxime „Arbeit über alles“, bis ein Burn-Out oder Herzinfarkt zum Aufhören zwingt. Das „Erwachen“ danach ist oft mit der ernüchternden Erkenntnis verknüpft: Frau/Mann weg, Kinder weg, Freunde weg, Lebensglück weg.
Beruflich ein Ass, privat ein „Versager“
Gesund und ausgewogen ist die Beziehung zur Arbeit in beiden Fällen nicht! Trotzdem ist sie bei vielen Managern normal. Immer wieder registriert man: Sie können zwar Unternehmen führen, doch ein erfülltes Leben führen sie nicht. Denn ihnen fehlt die rechte Balance im Leben. Sie räumen der Arbeit absolute Priorität bei ihrer Lebensgestaltung. Die Folge: Andere Lebensbereiche verkümmern. Unter einer einseitigen Überbetonung des Berufs leiden auf Dauer aber automatisch unser persönliches Wohlbefinden und unsere Gesundheit; entsprechendes gilt für unsere privaten Kontakte. Und dies wirkt sich wiederum negativ auf unsere Leistungskraft aus.
Viele Manager-Ehen scheitern. Nicht, weil sich die Betroffenen keine intakte Beziehung wünschen, sondern weil es ihnen nicht gelingt, ihre beruflichen und privaten Anforderungen und Bedürfnisse unter einen Hut zu bringen. Hier mag mancher einwerfen: Soll ich mich beruflich denn nicht stark engagieren? Doch! In bestimmten Lebensphasen, wie zum Beispiel beim Berufseinstieg oder „Wenn’s brennt“ ist eine Verlagerung des Gleichgewichts in Richtung „Arbeit/Leistung“ sogar nötig. Probleme entstehen aber, wenn das Ungleichgewicht andauert. Das ist bei vielen Managern der Fall.
Die Zeit zu planen, ist nicht genug
„Halt“ wird hier mancher rufen: „Ich praktiziere seit Jahren ein Zeit- und Selbstmanagement. Auf meinem Schreibtisch liegt ein Zeitplanbuch, mit dem ich all meine Arbeits- und Freizeitaktivitäten plane. Auch meine Prioritäten definiere ich regelmäßig, zudem meine kurz-, mittel- und langfristigen Ziele. So schaffe ich die nötigen Zeitfenster, damit auch für Privates Luft bleibt.“ Doch mal ehrlich: Wie oft halten Sie diese Zeitpläne ein? Vermutlich selten. Und welche Termine werden gestrichen, wenn zum Beispiel unverhofft noch ein Kunde ein Angebot wünscht? Das Meeting mit den Kollegen? Nein, meist fällt die Zeit, die zum Spielen mit den Kindern oder für den Theaterbesuch mit dem Lebenspartner vorgesehen war, unter den Tisch. Oder der Jogging-Termin wird gestrichen.
Der Grund: Für ihre Arbeit und Karriere setzen sich die meisten Berufstätigen Ziele. Hier haben sie auch eine klare Vision, wo ihr Lebensweg einmal enden soll. Anders ist dies im privaten Bereich. Hier fehlt den meisten der nötige Sinnhorizont. Deshalb notieren sie in ihrem Organizer zwar Termine. Weil diese aber nicht in einer Lebensvision verankert sind, werden sie auch schnell wieder gestrichen.
Ziel: Ein erfülltes Leben führen
Halt, wird hier vielleicht erneut manch Leser einwerfen: Bei mir nicht! Ich nehme mir regelmäßig Zeit für meine Familie und meine Freunde. Außerdem treibe ich zwei Mal pro Woche Sport. Das Problem ist nur: Viele Manager übertragen das Leistungsprinzip, dem sie in ihrer Arbeit huldigen, auf ihr Privatleben. Deshalb joggen sie zum Beispiel mit hochrotem Kopf und heraushängender Zunge durch die Stadtparks. Dabei wäre es zum Fördern ihrer Gesundheit wichtig, „lang und langsam“ zu laufen. Auch im Kontakt mit ihrer Familie oder Freunden suchen sie stets den besonderen Kick. Also blicken sie, während der Lebenspartner über seine Sorgen spricht, verstohlen auf die Rolex. Sie merken nicht, dass sie nie bei ihrer Familie „ankommen“. Gedanklich weilen sie stets noch beim letzten Termin oder schon beim nächsten. Sie können den Fuß nie vom Gaspedal nehmen und einmal gezielt entschleunigen. Sie entdecken nie die kreative Kraft der Langsamkeit für sich, weshalb sie zwar ein ge-fülltes, aber kein er-fülltes Leben führen.
Um dieses Ziel zu erreichen, führt kein Weg daran vorbei, sich regelmäßig zurückzulehnen und sich zu fragen: Was ist mir wirklich wichtig? Nur dann können wir eine Lebensvision entwickeln, die all unsere Lebensbereiche umfasst. Doch Vorsicht! Auch dies erfordert Zeit! Dies lässt sich nicht en passant erledigen, wenn gerade die Silvesterraketen gen Himmel steigen. Nutzen Sie die „besinnliche Zeit“ zwischen den Jahren, um sich ruhig hinzusetzen und zu fragen: Was will ich wirklich? Was ist mir wirklich wichtig? Was will ich von mir sagen können, wenn ich in 10, 20 oder gar 50 Jahren auf mein Leben zurückblicke? Dies ist der erste Schritt. Der Zweite besteht darin, dass Sie sich fragen: Welche der vielen Rollen, die ich aktuell spiele, will ich auch künftig spielen? Und von welchen möchte ich mich verabschieden? Dies kann zum Beispiel die Rolle des Schulelternbeirats oder des Mitglieds in einem Wirtschaftsgremium sein. Oder die Rolle des „Ausputzers“ oder „Seelentrösters“ für Ihre Kollegen.
Erst wenn Sie über Ihre persönlichen Werte Klarheit haben, können Sie Ihr Leben sinnvoll, das heißt ausgewogen planen. So, wie Sie es bisher mit Ihrer Arbeitszeit taten. Mit einem Unterschied: Jetzt planen Sie Ihr Leben.