14. Professoren-Tagung mit Exkursion des Ziegel Zentrum Süd

Herausragende Architektur, Wohnungsbau und keramische Experimente

Die jährliche Professoren-Tagung des Ziegel Zentrum Süd e.V. (ZZS) mit hochkarätigen Referenten aus der Schweiz, Österreich, Spanien und Deutschland fand am 12. Juli im Vitra Campus in Weil am Rhein statt. Daran anschließend war das Dreiländereck mit spannenden Projekten renommierter Architekturbüros in Basel, Luzern, Zürich und Colmar vom 12. bis 15. Juli Exkursionsziel der Professorinnen und Professoren der Architektur und des Bauingenieurwesens aus ganz Deutschland.

Lehm und Ton

Das Spektrum der Vorträge auf der Professoren-Tagung war weit gefasst: außergewöhnliche Einfamilienhäuser, anspruchsvolle Museums- und Geschosswohnungsbauten, Bürogebäude mit extrem reduzierter Anlagentechnik als Prototypen und zukunftsweisende Experimente mit Lehmbauten sowie keramischen Materialien in der Forschung.

Roger Tudó Galí von Harquitectes aus Barcelona zeigte in seinem Vortrag eigenwillige, ästhetisch anspruchsvolle Wohnhäuser, bei denen großformatige Ziegel unverputzt als hüllende und tragende Konstruktionen der Sonne Spaniens trotzen: streng und doch ornamental nach außen, großzügig und lichtdurchflutet im Inneren.

Holger Kehne berichtete über die Forschungsarbeiten an der Hong Kong University, wo er mit Christian J. Lange und Donn Holohan im Robotic Lab an 3-D-Drucken mit gekrümmten, keramischen Elementen experimentiert. Die Vielschichtigkeit robotergenerierter Fassadenelemente aus Ton schlägt einen Bogen von aktuellen Ziegelbauten weit in die digitalisierte Zukunft des Bauens.

Der nobel zurückhaltende Wohnungsbau in Ziegelbauweise am Berliner Schinkelplatz – vis-à-vis des Berliner Doms – war einer der Schwerpunkte von Johannes Ernst von Steidle Architekten aus München. Er zeigte in seinem Vortrag ebenso hochwertige Lösungen für Wohnen und Gewerbe in Münchner Innenstadtlagen, mit Klinkervorsatzschalen und -riemchen unterschiedlicher Ausprägung und Gestaltung.

Dietmar Eberle von Baumschlager Eberle Architekten (be) führte mit dem be-Hauptsitz „2226“ in Lustenau auf radikale Weise vor, wie die Berücksichtigung aller relevanten Aspekte der Architektur wartungsintensiven Einsatz von Technik überflüssig machen kann. Nachfolgeprojekte bestätigen diesen Ansatz, der mehr auf die Speicherfähigkeit dicker Ziegelkonstruktionen setzt als auf komplizierte Anlagentechnik in Kombination mit anfälligen Dämm-paketen.

Roger Boltshauser demonstrierte anhand anspruchsvoller Um- und Neubauten das große Potenzial von Klinker- und Lehmbauten verschiedenster Ausprägungen. Er erforscht anhand historischer Beispiele und bei seinen eigenen Projekten fast vergessene Aspekte von Stampflehmbauten. In enger Zusammenarbeit mit dem Lehmbauspezialisten Martin Rauch experimentiert er auch mit vorgespannten Stampflehmkonstruktionen und bringt so Handwerk und industrielles Bauen in prägnanten Bauten zusammen.

Max Dudler konzentrierte sich in seinem Werkbericht auf die imposanten Backsteinbauten seines herausragenden Œuvres, die seine bewundernswerte Handschrift mit Baukunst höchster Qualität vereinen. Identitätsstiftende Raumfolgen und inspirierende Innenräume verleihen der erst vor wenigen Monaten fertiggestellten Stadtbibliothek in Heidenheim wertvolle Dimensionen.

Das Schaudepot von Herzog & de Meuron im Vitra Campus, mit seiner leuchten roten Fassade aus speziell entwickelten, gebrochenen Klinkern,  bildete beim Impulsvortrag von Florian Stroh, Projektleiter des Bauwerks von Herzog & de Meuron, den sommerlichen Abschluss der Tagung.

Exkursion im Dreiländereck

Die zweieinhalbtägige Exkursion führte in den Großraum Basel, nach Luzern, Zürich und Colmar und begann mit der Baustelle eines fünfgeschossigen Bürogebäudes von Baumschlager Eberle in Emmen bei Luzern, das mit 80 cm dicken Ziegelaußenwänden und komplett ohne Heizung dem Beispiel von „2226“ folgt. Der anschließende Besuch im geschäftigen, mit Klinker umhüllten Atelierhaus von Roger Boltshauser im Zentrum von Zürich demonstrierte die Auswirkung von Lehmwänden auf das natürliche Raumklima. Alois Diethelm führte durch das erste Terrassenhaus Zürichs aus den Jahren 1959/60, das von Diethelm & Spillmann Architekten sehr einfühlsam mit seinen überaus beeindruckenden Grundrisskonzeptionen in den Urzustand zurückversetzt wurde. Nach einem Kurzbesuch beim Schweizerischen Landesmuseum in Zürich von Christ & Gantenbein Architekten bildete der Schulpavillon in Allenmoos von Boltshauser Architekten den Schlusspunkt des ersten Tages.

Mit zwei bemerkenswerten Wohnungsbauprojekten von Burkard Meyer Architekten aus Baden begann der zweite Exkursionstag, bevor die Fahrt zurück nach Basel zu Wohnungsbauprojekten von Degelo Architekten und Christ & Gantenbein Architekten im Stadtteil Volta ging. Auf dem Weg nach Colmar ging es vorbei am neuen Rheinuferweg, eines der länderübergreifenden Projekte der IBA Basel 2020. Die Seniorenresidenz „La Dunette“ in Huningue von Coulon Architekten aus Straßburg erfreute alle mit hochwertiger Ziegelarchitektur, meisterhaft ausgeführt und mit einer überaus wohltuenden Ausstrahlung.

Das Highlight des Tages war die Führung durch Marco Zürn, der für Herzog & de Meuron fünf Jahre lang Projektleiter für den Umbau und die Erweiterung des Musée Unterlinden in Colmar war. Die umfassende Neuordnung dieses historisch bedeutenden Areals bis hin zu sensiblen Details der Ausstellungskonzeption in Alt- und Neubau konnte er äußerst kundig und umfassend vermitteln.

Der Sonntag widmete sich bei einem sonnigen Spaziergang ganz der Basler Innenstadt bis zum Schlusspunkt der Exkursion, dem Kunstmuseum mit seinem imposanten Erweiterungsbau von Christ & Gantenbein Architekten.

Ziegel Zentrum Süd e.V.
www.ziegel.com
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