Lippische Wanderziegler und europäischer Ziegelhistorismus
Vom 2. bis 4 Juli fand die Internationale Tagung „Ziegeleigeschichte/Ziegeleimuseen“ im LWL-Ziegeleimuseum in Lage statt. In Kooperation mit dem Bundesverband der Deutschen Ziegelindustrie e.V. wurde die 24. Ausgabe der Veranstaltung durchgeführt vom LWL-Industriemuseum Dortmund unter der bewährten Leitung von Dr. Andreas Immenkamp.
Die traditionelle Exkursion am ersten Tag begann mit Besichtigungen von Architekturbeispielen des Historismus in Bielefeld. Dazu gehörten die Ravensberger Spinnerei sowie die v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel. Am Nachmittag setzte die Besichtigung des Museums Marta Herford mit der Ziegelarchitektur Frank Gehrys einen zeitgenössischen Architektur-Kontrapunkt. Der Abend klang mit einem geselligen Beisammensein im Ziegeleimuseum Lage aus.
Ziegler und Ziegeleien in Ostwestfalen-Lippe
Der erste Tagungstag widmete sich verschiedenen Aspekten der Ziegeleigeschichte in der Region Ostwestfalen-Lippe. Einen besonderen Schwerpunkt bildete dabei das Phänomen der Lippischen Wanderziegler, die im ausgehenden 19. Jahrhundert in zahlreichen Regionen innerhalb Deutschlands, aber auch im europäischen Ausland tätig waren. Den das Thema einleitenden Vortrag hielt der Gastgeber Willi Kulke, Museumsleiter des LWL-Industriemuseum/Ziegeleimuseum Lage. Mit seinem Beitrag „Lippische Wanderziegler auf Zechenziegeleien im Ruhrgebiet“ stellte Dr. Andreas Immenkamp eine Region vor, in der um 1900 viele Lippische Ziegler Arbeit fanden, während Sabine Krämer die sozialhistorischen Auswirkungen der monatelangen Abwesenheit der Ziegler auf deren Familie betrachtete, insbesondere „Die Rolle der Frauen in lippischen Zieglerhaushalten“.
Dr. Burkhard Beyer zeichnete ein historisches Bild der „Ziegeleien in OWL“, einer Landschaft, die bis heute als Zieglerregion bezeichnet werden kann. Prof. Dr. Uta Halle beschrieb die wechselhafte Geschichte der Lippischen Thonwarenfabrik (Litho) in den Jahren 1933 bis 1973. Mit dem Referat „Ringöfen für Europa – Das Lippische Ringofen- und Dampfkamin Baugeschäft Adolf Niestrath“ stellte Torsten Germeier die Erfolgsgeschichte der Lagenser Firma Niestrath zwischen 1888 und 1955 in Europa vor.
Der Nachmittag war den Berichten aus Museen und Sammlungen gewidmet. Der Archäologe Christian Golüke beschrieb dabei zunächst die Ausgrabung einer Feldbrandziegelei in Nottuln bei Münster i.W. sowie deren 3-D-Rekonstruktion. Karin Sander präsentierte die Translozierung der Ziegelei aus Péry (1763) aus dem Berner Jura ins Freilichtmuseum Ballenberg in der Schweiz. „Der moderne Durchbruch in den Ziegeleien – neue Technologien des 19. Jahrhunderts“ heißt das aktuelle Jahrbuch 2017, das von Torben A. Verstergaard vorgestellt wurde. Anschließend zeigte Siegfried Müller die User-Führung und Nutzermöglichkeiten in seinem Online-Dachziegelarchiv (www.dachziegelarchiv.de).
Nach Führungen durch das Ziegeleimuseum Lage bildete der traditionelle Zieglerabend den Abschluss des ersten Tages.
Ziegelbauten des Historismus in Europa
Das Exkursionsthema vom Sonntag, nämlich die Ziegelarchitektur des Historismus, wurde am zweiten Veranstaltungstag vertieft. Den Auftakt der kunsthistorischen Vortragsfolge bildete das Grundlagenreferat „Die Architektur des Historismus in Deutschland und der Klinkerverblendbau“ von Prof. Dr. Dieter Dolgner. Die Besonderheiten des Ziegelhistorismus der Zechenarchitektur wurden im Beitrag „Malakoffturm, Kirchturm, Kolonie – Historistische Ziegelarchitektur des Ruhrgebiets“ von Dr. Thomas Parent veranschaulicht. Die teilweise durchaus sehr unterschiedlichen regionalen Ausprägungen des Historismus in der Backsteinarchitektur wurden durch die nachfolgenden Ausführungen erläutert. Die dargestellten Regionen waren Berlin (Prof. Dr. Ernst Badstübner/Dirk Schumann), die Niederlande (Rob Vermeulen), Zürich (PD Dr. Barbara von Orelli-Messerli) sowie Dänemark und Schleswig-Holstein (Jørgen Henneke).
Zum Abschluss der Veranstaltung lud Dr. Wolfgang Müller im Namen des Bundesverbandes der Deutschen Ziegelindustrie e.V. zur 25. Internationalen Tagung „Ziegeleigeschichte/Ziegeleimuseen“ vom 1. bis 3. Juli 2018 nach Berlin ein.
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