16. Internationale Tagung „Ziegeleigeschichte/Ziegeleimuseen“ im technischen Denkmal „Alte Ziegelei Westeregeln“

Mit der 16. Internationalen
Tagung vom 28. bis 30. Juni 2009 in Westeregeln bei Magdeburg (Sachsen-Anhalt) beging der Arbeitskreis „Ziegeleigeschichte/Ziegelei­-
museen“ beim Bundesverband der Deutschen Ziegelindustrie e.V. sein 15-jähri-
ges Bestehen.

In Kooperation mit dem Verein der Freunde und Förderer der Ziegelei und Gipshütten Westeregeln e.V. und der Sozial-Aktien-Gesellschaft Bielefeld, bot die dreitägige Veranstaltung auf dem Gelände des Technischen Denkmals „Alte Ziegelei Westeregeln“ den ca. 90 Teilnehmern aus sechs europäischen Ländern (Dänemark, Deutschland, Niederlande, Österreich, Schweiz und Ungarn) erneut ein abwechslungsreiches Programm.

Während einige Teilnehmer bereits am Sonnabend die Einladung von Dr. Immenkamp (Westfälisches Landesmuseum für Industriekultur) zur Besichtigung eines im Aufbau befindlichen, rekonstruierten römischen Ziegelbrennofens im Ziegeleimuseum Lage annahmen, begann am
28. Juni 2009 die Tagung mit der traditionellen Exkursion. Neben den Besichtigungen des Doms und des Domschatzes zu Halberstadt und der Glasmanufaktur Derenburg, galt das Interesse der Exkursionsteilnehmer vor allem einer Ausstellung, die dem Erfinder des Ringofens, Friedrich E. Hoffmann, in seinem Geburtsort Gröningen gewidmet ist.

Nach einem ereignisreichen Tag bot sich am Abend auf dem Gelände der Alten Ziegelei Westeregeln die Gelegenheit zu einem ersten Erfahrungsaustausch, ein reichhaltiges Büfett und ein guter Tropfen sorgten außerdem für eine ausgelassene Stimmung.

Am Montag eröffnete der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Ziegelindustrie, Helmuth Jacobi, die Tagung und begrüßte die Tagungsteilnehmer, ins­besondere Dr. Karl-Heinz Daehre, Bauminister des Landes Sachsen-Anhalt. Der Verbandspräsident würdigte die 15 Jahre alte Tagung, die sich mit dem Ziegel als nachhaltigem Baustoff befasst. Ferner nutzte er die Gelegenheit und sprach in seiner Begrüßungsrede die negativen Randbedingungen an, die aktuell eine positive Entwicklung des Wohnungsbaus und damit der Ziegelindustrie hemmen. Minister
Dr. Daehre ging in seinem Grußwort auf die von Herrn Jacobi aufgeworfenen Fragen ein und verwies unter anderem darauf, dass das Land Sachsen-Anhalt durch besonders günstige Kredit-Konditionen den Wohnungsbau junger Familien besonders fördert. Dem Ziegel gab er aufgrund seiner bekannt guten Eigenschaften alle Chancen, von den Bauherren berücksichtigt zu werden. Nach einem weiteren Grußwort durch Eckhart Christel, Bürgermeister von Westeregeln, berichtete Günter Stock in einem interessanten Vortrag über die wechselvolle Industriegeschichte von Westeregeln, in der die Ziegel- und Gipsherstellung eine lange, im Jahr 1993 zu Ende gegangene Tradition besitzt. Professor Andreas Beaugrand (Bielefeld), der seit Kurzem auch Vorsitzender des Vereins der Freunde und Förderer der Ziegelei und Gipshütten Westeregeln e.V. ist, erläuterte die Arbeiten der letzten Jahre zur Erhaltung des einzigartigen technischen Denkmals „Alte Ziegelei Westeregeln“.

Standen in den vergangenen Jahren die Sicherungsarbeiten im Gebäudebestand im Vordergrund, soll zukünftig die Alte Ziegelei ein wesentlicher Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens des Ortes bilden und darüber hinaus auch für überregionale Veranstaltungen genutzt werden. Näheres hierzu ist auf der Internet­seite www.ziegeleimuseum.net zu finden.

 

Über die besonderen geo­logischen Bedingungen, die einen gleichzeitigen Abbau und die Verarbeitung von Ton und Gips ermöglichen, referierte Karl Wächter (Staßfurt). Dass Sachsen-Anhalt nicht nur eine jahrelange Geschichte der Ziegelherstellung und des Backsteinbaus aufweist, sondern bei der technischen Entwicklung namhafte Ziegelingenieure und Maschinenbaufirmen hervorbrachte, zeigte eindrucksvoll, in seiner humorvollen Weise, Hans-Heinrich Böger (Halle/S.).

Dem besonderen Ort geschuldet waren zwei Vorträge zum Thema Gips: Während Dr. Gerald Dehne (Bad Sachsa) das historische Brennen von Gips unter anderem anhand von Brennversuchen in einem rekonstruierten Brennofen schilderte, zeigte Gerd Srocke (Halberstadt) an einer Vielzahl von Beispielen die Anwendungsmöglichkeiten von Gips in der Denkmalpflege.

Den Abschluss des ersten Tages bildeten wie immer die Berichte „Neues aus den Museen“, in denen über Aktuelles aus der Museumsarbeit informiert wurde. So unter anderem über die Rekonstruktion eines römischen Ziegelbrennofens in Lage (Dr. Immenkamp), den Museumsneubau in Meienberg Cham, Schweiz (Hans-Georg Rutz), neue Sammlungsstücke des niederländischen Dachziegelmuseums (Huub Mombers) sowie über das historische Brennen von Ziegeln im Fränkischen Freilandmuseum Bad Windsheim (Michael Back).

Der Zieglerabend bot neben Kulinarischem als besonderen Höhepunkt ein Kulturprogramm mit dem Chor aus Westeregeln, dem Kabarettisten Frank Hengstmann sowie einem fiktiven Interview mit Friedrich E. Hoffmann (Dr. Lothar Schyia, Heinz Lachetta).

Schwerpunkte des zweiten Vortragstages waren „Substanzerhalt in Ziegeleimuseen“ und „Rohstoffabbau und Biotope“.

Den „Substanzerhalt von Maschinen und Gerätschaften aus Metall“ erläuterte der Restaurator Wolfgang Conrad (Lutherstadt Eisleben) u.a. an Beispielen aus der Alten Ziegelei Wester­egeln. Vorträge zum „Substanzerhalt von tragenden Bauteilen aus Holz“ (Karsten Püschner, Hartmannsdorf) und „Substanzerhalt von Mauerwerk“ (Dr. Volker Tribius, Weimar) gaben den Museumsmitarbeitern wichtige Hinweise für den Erhalt und die Restaurierung ihres Gebäude- und Gerätebestandes.

Da sich nicht nur den noch produzierenden Ziegeleien, sondern auch Ziegeleimuseen die Frage stellt, was mit ausgetonten Gruben geschehen soll, hatten die Veranstalter das Thema „Rohstoffabbau und Biotope“ auf die Tagesordnung gesetzt. Verschiedene Aspekte der Problematik wurden in den Vorträgen „Rohstoffabbau und aktuelle Aspekte aus dem Naturschutzrecht“ (Wolfgang Kerstan, Moers), „Paradigmenwechsel im Naturschutz“ (Hans-Georg Rutz, Cham, Schweiz) und „Biotope in aufgelassenen Tongruben der Ziegelindustrie“ (Dietmar Spitzenberg, Hecklingen) behandelt. Anschauungsunterricht zum Thema erhielten die Tagungsteilnehmer bei einer Besichtigung des Biotops der Alten Ziegelei Westeregeln.

Im Rahmen der Abschlussdiskussion dankte Dr. Wolfgang Müller allen an der Vorbereitung und Durchführung der Tagung beteiligten Personen, die zum Erfolg der Veranstaltung beigetragen haben. Insbesondere würdigte er die Fortschritte beim Erhalt und Ausbau des Technischen Denkmals, das sich zu einem Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens der Umgebung entwickelt hat.

Am Ende sprach Antje Reichel eine Einladung für die 17. Tagung ins Prignitz-Museum Havelberg aus. Die Tagung soll vom 4. bis 6. Juli 2010 stattfinden.

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