Mikrogasturbinen in der Ziegelindustrie – wirtschaftlich und klimaschonend
Mikrogasturbinen (MGT) als Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen haben sich in der Ziegelindustrie bewährt. Auf dem Weg zur CO2-freien Herstellung von Ziegeln bis 2050 [1] können sie helfen, ein wichtiges Etappenziel zu erreichen. Aufgrund ihrer technologischen Besonderheiten ergeben sich insbesondere bei der Abgasdirektnutzung optimale Einsatzbereiche. Die aktuellen Rahmenbedingungen des KWKG 2020 und des EEG 2017 bei der Eigenstromerzeugung zeigen hoch rentable Anlagenkonzepte. Die langen Anlagenlaufzeiten und die Kostenspreizung zwischen den Energieträgern Gas und Strom ergeben kurze Amortisationszeiten.
1 Aufbau und Wirkungsweise von Mikrogasturbinen
Mikrogasturbinen (MGT) sind kleine schnelllaufende Gasturbinen mit einer elektrischen Leistung bis ca. 250 kW. Es sind Einwellen-Turbinen mit einstufigem Radialverdichter sowie radialer Arbeitsturbine. Der Permanentmagnet des Generators ist ebenfalls fest auf dieser Welle aufgebracht (»1).
Einzig bewegtes Teil der MGT ist die durchgehende Welle mit Generator, Verdichter und Turbinenrad. Die verdichtete und dadurch vorgewärmte Luft wird nach Durchströmen des Rekuperators der Brennkammer zugeführt, dort zuvor mit Brennstoff gemischt und bei Temperaturen von ca. 850 °C mit hohem Luftüberschuss verbrannt. Die heißen Verbrennungsgase werden anschließend in der Turbine entspannt und treiben so den Verdichter und den Generator an. Der Rekuperator verbessert den elektrischen Wirkungsgrad.
Bei Drehzahlen bis 96.000 U/min wird ein hochfrequenter Wechselstrom erzeugt, in der Leistungselektronik gleichgerichtet und anschließend in netzkonformen Wechselstrom gewandelt. Das „elektronische Getriebe“ ermöglicht eine sehr schnelle Leistungsregelung von ca. 10 % bis 100 % der elektrischen Leistung über die Drehzahl. Die Temperaturen innerhalb der Turbine und im Abgas bleiben dadurch relativ konstant. Deshalb weisen MGT im Teillast-Betrieb relativ geringe Wirkungsgradeinbußen auf (»2).
Die Mikrogasturbinentechnik in dem für die Ziegelindustrie relevanten Leistungsbereich ist von der Firma Capstone geprägt. Die Ausführungen beziehen sich auf Anwendungen, in denen MGT dieses Herstellers eingesetzt werden. Der deutsche Hersteller Dürr Systems GmbH hat den Geschäftsbereich MGT Ende 2018 eingestellt.
Die Aggregate zeichnen sich durch lange Standzeiten von 80.000 Bh und niedrigen Wartungsaufwand aus. Dieses ist im Wesentlichen auf die Luftlagerung zurückzuführen. Es ergeben sich lange Wartungsintervalle von 8.000 Bh zum Tausch von Luftfiltern, bis zu 48.000 Bh zur Prüfung des „Powerhead“ [2]. Es sind Teil- und Vollwartungsverträge verfügbar, die im Vergleich zu Motor-BHKW u.a. durch den Entfall von Ölwechseln deutlich günstiger sind.
1.1 Konventionelle und regenerative Brennstoffe
Die Capstone MGT werden in der Ziegelindustrie derzeit mit Erdgas betrieben. Der Einsatz regenerativer Brennstoffe, wie z.B. Biogas, Klär- oder Deponiegas gehört schon heute zu den Standardanwendungen außerhalb der Ziegelindustrie. Wasserstoff- Beimengungen bis 20 Vol. % und andere zukünftig aus „Power to Gas -Anlagen“ verfügbare Brennstoffe sind grundsätzlich einsetzbar.
1.2 Leistungsklassen
Die Ziegelindustrie zeigt nach durchgeführten Anlagenanalysen ein weites Spektrum einsetzbarer Leistungsgrößen und Modelle von Mikrogasturbinen (»3).
2 Einsatzmöglichkeiten als KWK-Anlagen in der
Ziegelindustrie
Die Energie- und Ressourceneffizienz einer Ziegelei kann entscheidend verbessert werden, wenn die Wertigkeit von Energie berücksichtigt wird [3]. Energie kann nicht verloren gehen. Der hochwertige Teil der Energie, die Exergie dagegen schon (vgl. »5).
Thermische Prozesse, wie z.B. Trocknungsaufgaben in der Ziegelindustrie auf einem Temperaturniveau bis 300 °C sollten deshalb mit Abwärme aus der Stromerzeugung versorgt werden. Der chemisch gebundene hochwertige Exergie-Anteil des Erdgases mit nutzbaren Verbrennungstemperaturen weit über 1.000 °C kann so z.B. in einer Mikrogasturbine genutzt werden und geht nicht verloren. Das schont Ressourcen.
In der Ziegelindustrie mit zeitgleichem kontinuierlichem Bedarf an Strom und Wärme ist das KWK-Potential für Mikrogasturbinen mit Abgasdirektnutzung groß. Ziegeleistandorte zeigen eine deutliche elektrische Grundlast (oftmals bis 300 kW), die auch an Wochenenden nicht unterschritten wird. Deshalb arbeiten KWK-Anlagen auf Basis von Mikrogasturbinen häufig ausschließlich in der lukrativen Bezugsstromverdrängung.
KWK-Prozesse sind so auszulegen, dass die produzierte Wärme sinnvoll genutzt wird. Potenzielle Wärmesenken in Ziegeleien wurden grundsätzlich untersucht [4]. »6 zeigt die ermittelten Einsatzmöglichkeiten für BHKW-Abwärme.
Die Nutzung des ölfreien MGT-Abgases mit Sauerstoffgehalten von ca. 18 Vol.% und sehr geringen Schadstoffkonzentrationen hat keine nachteiligen Auswirkungen auf die optimierten Vorgänge erdgasbeheizter Wärmeverbraucher, wie z.B. Vorwärmer und Trockner der Ziegelindustrie.
Die Mikrogasturbinen spezifische Abgascharakteristik mit konstant anfallender Wärme auf hohem Temperaturniveau (ca. 300 °C) und der gesamten KWK-Wärme im Abgasstrom ist ein ausschlaggebender Vorteil gegenüber Blockheizkraftwerken auf Kolbenmotorbasis (»7).
Mögliche kontinuierliche Wärmeabnehmer sind anlagenspezifisch zu ermitteln, damit belastbare Daten für die Auslegung einer MGT-Anlage mit langen Laufzeiten vorliegen. Nachfolgend sind einige Einsatzbereiche näher skizziert.
2.1 Energieverbund Tunnelofen / Trockner
Das aus energetischen Grundüberlegungen erklärte Ziel des wärmetechnisch abgekoppelten Tunnelofens ist bei Bestandsanlagen nicht erreicht. Optimierte Tunnelöfen zeigen aber bereits deutlich verringerte Wärmeabgaben an den Energieverbund. Die dann zum Trocknen zusätzlich erforderliche Wärme wird über Erdgasbrenner bereitgestellt. Die direkte Nutzung von MGT-Abgas entlastet die Erdgasbrenner (»8 und 9).
2.2 Beheizung einer Ofeneinfahrschleuse
Die Ofeneinfahrtschleuse hat die Funktion eines Vorwärmers und zeigt einen Wärmebedarf, der zur Abgaswärmeleistung einer Mikrogasturbine vom Typ C65 passt. Die Prozessdaten ändern sich nicht. Der installierte Brenner mit 360 kW FWL bleibt unverändert bestehen.
2.3 Verbrennungsluftvorwärmung
Die Verbrennungsluftvorwärmung bei Tunnelöfen wird seit Jahrzehnten als wirksame Möglichkeit der Energieeinsparung propagiert [5]. In der Praxis findet man jedoch eine Vielzahl von Anlagen vor, bei denen sie nicht realisiert wurde. Soweit keine nutzbare Abwärme am Standort vorhanden ist, kann das Abgas von Mikrogasturbinen direkt genutzt werden. Die mit der Verbrennungsluft eingebrachte Wärmeenergie ist zu 100 % im weiteren Prozess nutzbar.
Optimale Voraussetzungen für diese Art der direkten Abgasnutzung von MGT auch größerer Leistung bieten Mahltrocknungsanlagen und Sprühtürme (Feinkeramik), wie projektierte Anlagen zeigen.
2.4 Dampferzeugung
Sofern bei der Plastifizierung von Tonmaterial, z.B. im Siebrund-Beschicker, relativ kontinuierlich Dampf auf niedriger Druckstufe von ca. 3 bar benötigt wird, ist das heiße Abgas der Mikrogasturbine geeignet, diesen Dampf mittels eines Abhitze-Dampfkessels inklusive Speisewasser-Vorwärmung zur Verfügung zu stellen.
3 Elektrische Anbindung
Ziegeleistandorte haben regelmäßig eigene Transformatoren, die mit dem Mittelspannungsnetz des Netzbetreibers verbunden sind, so dass grundsätzlich die VDE-AR-N-4110 für Anschluss und Parallelbetrieb von Erzeugungsanlagen am Mittelspannungsnetz gilt. Die MGT erzeugen Strom auf der Spannungsebene 400 V, sodass die Technischen Anforderungen der VDE-AR-N-4105 hinzukommen. Eine frühzeitige Abstimmung mit dem Verteilnetzbetreiber zu den konkreten Anforderungen im Einzelfall ist sehr zu empfehlen.
3.1 Einspeisemanagement und Regelenergie
Für KWK-Anlagen über 100 kW elektrischer Leistung ist ein Einspeisemanagement vorgeschrieben. Nur die Einspeise-Leistung, also das was physikalisch das Werksnetz in Richtung Versorgungsnetz verlässt, kann ab geregelt werden [6].
Zur Sicherung des elektrischen Netzbetriebes ist Regelenergie erforderlich, die auch von einer MGT-Anlage eines Ziegelwerkes bereitgestellt werden kann. In den vorgestellten Anwendungsfällen ist die Wärmeproduktion redundant abgesichert. Die Anlagen laufen kontinuierlich unter Volllast und könnten bei Aufruf als negative elektrische Regelenergie ferngesteuert heruntergefahren werden. Zeitgleich besteht zusätzlich die Option, die Regelenergieleistung deutlich zu erhöhen, wenn die ebenfalls reduzierte Wärmeleistung aus dem KWK-Prozess durch elektrisch betriebene Heizregister z.B. im Energieverbund Ofen Trockner ersetzt wird.
4 Förderung von KWK-Anlagen nach dem KWKG 2020 [7]
Am 14.08.2020 ist das KWKG 2020 in Kraft getreten. Die in der Ziegelindustrie relevanten Anlagengrößen unterhalb der Ausschreibungspflicht (ab 1 MWelektr.) werden nach dem KWKG 2020 gefördert (vgl. »11).
Auffallend ist die unterschiedliche Behandlung des Eigenverbrauches in Unternehmen. So erhalten KWK-Anlagen nur noch bis zu einer elektrischen Leistung von 100 kW Zuschläge beim Eigenverbrauch. Privilegiert sind stromkostenintensive Unternehmen, deren Eigenverbrauch weiterhin auch bei größeren Leistungen zuschlagberechtigt ist.
Voraussetzung für die Förderung ist die Zulassung der Anlage durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) als hocheffiziente Anlage. Das AGFW-Arbeitsblatt 308 [8] regelt Einzelheiten. Der Zulassungsbescheid wird dem Netzbetreiber vorgelegt, der für die Auszahlung der KWK-Zuschläge zuständig ist. Für Anlagen bis 50 kWelektr. gilt eine vereinfachte Zulassung der KWK-Anlage beim BAFA.
Zum Beispiel kann eine MGT vom Typ C200 mit 200 kW elektrischer Nettoleistung in einem stromkostenintensiven Unternehmen, das den erzeugten Strom vollständig selbst nutzt, KWK- Zuschläge von 261.150 Euro begründen. Wenn die Anlage dem Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz TEHG unterliegt, erhöhen sich die Zuschläge um 0,3 Cent/kWh.
Stromkostenintensive Unternehmen haben in der Vergangenheit sinnvolle KWK-Projekte nicht verwirklicht, weil im Rahmen der Besonderen Ausgleichsregelung (BesAR) nach dem EEG nur die bezogene Strommenge zur Berechnung der Stromkostenintensität herangezogen wurde. Nach den aktuellen Regelungen zur Definition des Stromverbrauches und des Ansatzes von Durchschnittsstrompreisen ist diese Sorge ohne Grundlage.
5 Relevante Aspekte bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung einer MGT-Anlage
Die Ziegelindustrie hat hohe Strompreise im Vergleich zu moderaten Erdgaspreisen zu verkraften. Die Spreizung zwischen den Bezugspreisen ist ein wichtiger Indikator für den wirtschaftlichen Betrieb einer KWK-Anlage.
Bei ganzjährig hoher elektrischer Grundlast des Standortes und dauerhaft nutzbaren Wärmesenken werden KWK-Anlagen in der Ziegelindustrie so dimensioniert, dass sowohl die erzeugte elektrische Energie als auch die Wärme in den Anlagen vollständig genutzt werden können. Der so erzeugte Strom ist stromsteuerbefreit und für den gesamten Erdgasdurchsatz der Mikrogasturbine wird auf Antrag die Energiesteuer erstattet.
Die Förderung nach dem KWKG 2020 ist in der Höhe so gestaltet, dass Sie die Investition in das Aggregat fast vollständig absichert. Im laufenden Betrieb sind neben den Wartungskosten weitere Aspekte zu beachten:
Das EEG [9] belastet den Stromeigenverbrauch anteilig mit 40 % der EEG-Umlage. Künftig soll die EEG-Umlage aus staatlichen Mitteln gedeckelt werden. Im Jahr 2021 auf 6,5 Cent/kWh und im Jahr 2022 auf 6 Cent/kWh.
5.1 Europäischer CO2-Emissionshandel und nationales Brennstoff-Emissionshandelsgesetz (BEHG) [10]
Die MGT-Anlagen werden häufig Teil der genehmigungsbedürftigen Anlage zum Brennen keramischer Produkte, die unter den Anwendungsbereich des deutschen Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes TEHG fällt. Gasturbinen für sich fallen erst ab einer Feuerungswärmeleistung von > 20 MW unter das TEHG.
Im Europäischen Emissionshandelssystem (EUETS) bilden sich die Preise für CO2-Zertifikate am Markt. Sie lagen vor der Corona-Pandemie bei 25 Euro/t CO2. Im Jahr 2021 startet Deutschland eine nationale CO2-Bepreisung über den Brennstoffbezug nach dem BEHG und verteuert damit z.B. den Erdgasbezugspreis. »12 zeigt die Preisaufschläge und sich daraus ergebende Kosten für CO2-Emittenten.
Das BEHG sieht vor, dass es beim Einsatz von Brennstoffen in Anlagen, die bereits dem europäischen Emissionshandel (EUETS) unterliegen, keine Doppelbelastung geben soll (§ 7 Abs. 5 BEHG). Es ist nicht zu erwarten, dass die Preise im EUETS oberhalb der im BEHG liegen werden. Konservativ werden deshalb CO2-Preise unter Berücksichtigung des BEHG in allen Wirtschaftlichkeitsberechnungen angesetzt.
Die Amortisationszeit hängt von den erreichbaren Volllast-Betriebsstunden ab. Ausgeführte Anlagen in der Ziegelindustrie zeigen bei jährlich 11 Monaten Produktionszeit MGT-Laufzeiten von ca. 8.000 Bh/a. Bei der Spreizung zwischen den Bezugskosten für die Energieträger Erdgas und Strom und einer Anlagenlebensdauer von 80.000 Bh ergibt sich eine sehr gute Wirtschaftlichkeit mit kurzer Amortisation.
Durch die Substitution des Strombezugspreises und Inanspruchnahme der Zuschlagzahlung nach dem KWK-Gesetz ergibt sich die wirtschaftlich günstigste Betriebssituation. Grund ist die stets geringere Einspeisevergütung gegenüber dem Strombezugspreis.
6 Eigenstromerzeugung mittels Mikrogasturbinen – kein Widerspruch zur Photovoltaik
PV-Anlagen sowie KWK-Anlagen sind klimaschonend und können sich in der Ziegelindustrie sinnvoll ergänzen. Aus wirtschaftlichen Gründen sollten Eigenstromanlagen so dimensioniert werden, dass die Grundlast des Standortes möglichst aus einer KWK-Anlage abgedeckt wird. Der verbleibende Tageslastgang bildet dann die Grundlage für eine leistungsmäßig angepasste (kleinere) PV-Anlage. Während eine KWK-Anlage mit 100 kWelektr. bis zu 850 MWh/a Bezugsstrom verdrängen kann, ist dieses mit einer PV-Anlage ohne unsinnig große Speicher nicht möglich. Um rein bilanziell die gleiche Strommenge zu erzeugen wäre eine PV-Anlage mit ca. 900 kWPeak erforderlich. Bei dreifach höherer Investition zur Erzeugung der gleichen Strommenge/a zeigt die PV-Anlage eine dreifach längere Amortisationszeit.
7 Auswirkungen des Einsatzes einer MGT in einer Ziegelei
7.1 Anlagensicherheit
Die Eingliederung einer mit Erdgas betriebenen MGT-Anlage löst bei Beachtung des Regelwerkes zum technischen Arbeitsschutz keine zusätzlichen oder andersartigen Gefahren aus. Die Mikrogasturbinen erfüllen die in Deutschland geltenden Sicherheitsvorschriften. Sobald eine unzulässige Unregelmäßigkeit im Stromnetz vorhanden ist, wird die Turbinenanlage automatisch vom Netz getrennt.
Option: Die Anlage kann als Netzersatzanlage ausgeführt werden. Die Anlage würde zunächst vom Netz getrennt und dann für die Versorgung einer festgelegten, leistungsangepassten Verbrauchergruppe mit einem Batteriesatz, der im Turbinengehäuse untergebracht ist, wieder angefahren.
Arbeitsschutzfragen bezüglich Anlagenlärms sind bei den vom Anlagenhersteller garantierten Lärmpegeln nicht zu erwarten. Es sind keine besonderen Gehörschutzmaßnahmen der Arbeitnehmer erforderlich.
7.2 Immissionsschutz
Die Verbrennung von Erdgas in einer Mikrogasturbine erfolgt unter hohem Luftüberschuss (λ =7 bis 8) in einer Brennkammer bei Temperaturen von 850 bis 900 °C. Die Emissionen an Stickoxiden, Kohlenmonoxid und Kohlenwasserstoffen sind gering. Die Emissionsbegrenzungen der TA-Luft und die Emissionsanforderungen der 44.BImSchV [11] für genehmigungsbedürftige Gasturbinen werden deutlich unterschritten.Der Hersteller gibt NOx-Werte < 20 mg/m3 und CO-Werte < 50 mg/m3 an (Bezug 15 Vol. % O2 im Abgas). Formaldehyd entsteht im Gegensatz zu Gasmotoren beim Betrieb von MGT nicht (< 1 mg/m3). Eine Abgasbehandlung ist zur Erreichung der Emissionsbegrenzungen nicht erforderlich.
Die maximalen Schallemissionen werden mit < 66 dB(A) in 10 m Entfernung ohne zusätzliche Kapselung vom Hersteller garantiert. Insbesondere bei der Hallen-Innenaufstellung sind problematische Schallimmissionen in der Nachbarschaft nicht zu erwarten. Tieffrequente Geräuschimmissionen nach DIN 45680, wie sie beim Einsatz von Motor- BHKW auftreten, entstehen beim Betrieb von MGT nicht.
Die MGT ist frei von Schmiermitteln, sodass besondere Anforderungen aus dem Umgang mit wassergefährdenden Stoffen nicht bestehen.
7.3 Genehmigungsrechtlicher Status der Anlagen
Ziegeleien sind nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigungsbedürftige Anlagen (Anhang 1 der 4. BImSchV; Nr. 2.10.1 G E). MGT mit Erdgaseinsatz sind unter Nr. 1.2.3.2 V der 4. BImSchV zu subsummieren. Sie sind für sich genommen erst ab einer Feuerungswärmeleistung von 1 MW genehmigungsbedürftig, sodass bislang Anzeigen gemäß § 15 BImSchG bei der Genehmigungsbehörde ausreichend waren.
Ein Genehmigungsverfahren nach § 16 BImSchG ist dann nicht erforderlich, wenn durch die Änderung hervorgerufene nachteilige Auswirkungen offensichtlich gering sind und die Erfüllung der sich aus § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ergebenden Anforderungen sichergestellt ist.
7.4 Klimaschutz
Die schnell wirksame Reduktion von Treibhausgas-Emissionen ist dringend erforderlich, um das in Paris 2015 völkerrechtlich vertraglich vereinbarte Ziel erreichen zu können, die durch Treibhausgase verursachte Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen.
KWK-Anlagen tragen durch bessere Brennstoffausnutzung erheblich zum Ressourcen- und Klimaschutz bei. Es wird Primärenergie eingespart. Der von der MGT erzeugte Strom ist nahezu verlustfrei produziert worden, wenn die entstandene Wärme vollständig genutzt wird. Dieser Strom muss je nach Strommix mit erheblich höherer CO2 -Belastung/kWh anderweitig nicht mehr erzeugt werden. Es ergibt sich eine beachtliche Gutschrift an CO2-Äqivalenten, sodass sich der CO2–Fußabdruck der Produkte verbessert.
Neben den wirtschaftlichen Aspekten der Einbindung einer MGT mit Abgasdirektnutzung ist die verbesserte Energie- und Ressourceneffizienz der wesentliche Vorteil gegenüber einer Erdgasfeuerung zur Erzeugung von z.B. 200 °C heißer Trocknungsluft.
7.5 Anforderungen der ISO 50001
Die Eigenstromerzeugung mittels Mikrogasturbinen mit Abgasdirektnutzung beachtet die Wertigkeit der im Brennstoff chemisch gebundenen Energie und führt zu beachtlichen CO2-Einsparungen. Bei Re-Zertifizierungen nach den Anforderungen der ISO-Norm 50003 ist die geforderte Verbesserung der energiebezogenen Leistung im Sinne der ISO-Norm 50001 über die verbesserten Primärenergiefaktoren für den Stromverbrauch belegbar [12].
8 Fazit
In der Ziegelindustrie ist das KWK-Potential durch ganzjährigen Strom- und Wärmebedarf groß. Mikrogasturbinen erzeugen Strom und anfallende Wärme auf konstant hohem Temperaturniveau in nur einem Abgasstrom. Die Luftlagerung der Turbinen des Herstellers Capstone führt zu Abgas das frei von Ölresten ist, sodass Qualitätsanforderungen keramischer Produkte nicht gefährdet sind. Optimal sind Einsatzbereiche bei Trocknern, Vorwärmern und aufgrund des sauberen Abgases mit ca. 18 Vol. % Sauerstoff die Nutzung als vorgewärmte Verbrennungsluft.
Ausgeführte Anlagen in der Ziegelindustrie zeigen bei technologisch einfacher Einbindung und Anlagenlaufzeiten von 80.000 Betriebsstunden erhebliche CO2-Einsparungen, hohe Renditen und Amortisationszeiten unter drei Jahren. Eine Verbesserung der energiebezogenen Leistung im Sinne der ISO-Norm 50001 ist durch den Einsatz einer Mikrogasturbine darstellbar.
Für die Investitionsentscheidung sollte eine genauere Betrachtung der technologischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Randbedingungen der Einzelanlage als belastbare Grundlage vorgenommen werden.
FUSSNOTEN/VERWEISE:
[1] Vgl. „Roadmap zur CO2-freien Herstellung von Ziegeln bis 2050“; Dr. Ing. T.Redemann, Prof. Dr. Ing. E. Specht; ZI 4/2020 Seiten 10 – 19
[2] Quelle: E-Quad Power Systems GmbH, Herzogenrath; Vollwartungsvertrag beinhaltet den vom Hersteller empfohlenen Tausch des Powerhead
[3] Vgl. „Das Ziegelwerk 4.1 wird hybrid sein“; Prof. Dr.-Ing. Christian Schäffer, ZI 6 2015 Seiten 14-20
[4] Leitfaden zur Integration von BHKW in den Herstellungsprozess grobkeramischer Erzeugnisse“ (Freitag, Deppe, Rauh, Niersmann, Süß) 2012
[5] Vgl. z.B. AiF Forschungsvorhaben 15030 N; „Wärmewirtschaft in der Ziegelindustrie“ Dr. Junge, Dr. Tretau, Essen 2009
[6] Bemerkung des Autors: Die in der parlamentarischen Beratung befindliche EEG-Novelle 2021 (Stand 23.09.2020) könnte Verschärfungen bringen, sodass auf eine redundante Wärmeversorgung weiterhin nicht verzichtet werden sollte.
[7] Gesetz für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung (Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz - KWKG) vom 21.12.2015, zuletzt geändert am 08.08.2020 durch das „Kohleausstiegsgesetz“
[8] AGFW-Arbeitsblatt FW 308 Zertifizierung von KWK-Anlagen - Ermittlung des KWK-Stromes - Ausgabe September 2015, Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK e.V.
[9] Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz – EEG 2017) zuletzt geändert am 08.08.2020 durch das „Kohleausstiegsgesetz“
[10] Gesetz über einen nationalen Zertifikatehandel für Brennstoffemissionen vom 12. Dezember 2019 (Brennstoffemissionshandelsgesetz - BEHG)
[11] Vierundvierzigste Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über mittelgroße Feuerungs- Gasturbinen- und Verbrennungsmotoranlagen – 44. BImSchV) Inkrafttreten 20.06.2019
[12] Erfahrungen bei der Re-Zertifizierung nach den Anforderungen der ISO 50001 in Verbindung mit ISO 50003; Dr.-Ing. Volker Albrecht, ZI 2/2019 S. 14-25