IZF-Seminar mit Allroundthema „Von der Grube bis zur Bauteilprüfung“
Am 25./26. September trafen sich rund 50 Teilnehmer aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und den Niederlanden zum traditionellen IZF-Seminar, das wieder im Hotel „Essener Hof“ stattfand.
Institutsleiter Dr.-Ing. Ullrich Knüpfer begrüßte interessierte Fachkräfte zu einem Seminar, bei dem die ganze Breite der Ziegelherstellung und die Bewertung der Ziegeleigenschaften behandelt werden sollten.
In seinem Vortrag „Die produktbezogene Eignung mineralogisch unterschiedlicher Grubentone und Zusatzstoffe“ zeigte Dipl.-Ing. Michael Ruppik, wie sich Rohstoffe, Produkteigenschaften und Bauteilprüfung gegenseitig beeinflussen. Dabei ging er auf die Vielfalt der baukeramischen Produkte, vom Hintermauerziegel über den Dachziegel bis zum Klinker, ein und stellte verschiedene Rohstoffe und die Eigenschaften der daraus hergesellten Produkte ins Verhältnis. Er wies außerdem auf die Möglichkeiten des IZF hin, Prüfungen nicht nur an einzelnen Produkten, sondern auch an Wänden bzw. Dachflächen durchführen zu können. Die dafür notwendigen Prüfeinrichtungen, wie z.B. eine Klimakammer, sind in der Einrichtung vorhanden.
Wie der „Tonaufschluss zur Erhöhung der Rohlingsfestigkeit“ durch den Einsatz von Tensiden beeinflusst werden kann, präsentierte Dr.-Ing. Anne Tretau. Sie erläuterte anhand verschiedener theoretischer Modelle den Aufbau der Tonminerale und die dispergierende Wirkung verschiedener Tenside, die den Anmachwasserbedarf erhöhen oder auch erniedrigen können. Die höchsten Anfangsfestigkeiten werden mit Natriumpolyphospat und anionischen Tensiden erzielt.
Mit der Elektroosmose beschäftigte sich Dipl.-Ing. (FH) Alexander Winkel M.Sc. in seinem Vortrag „Energiesparende Verfahren für die Ziegelformgebung“. Nach einer Erläuterung der Grundlagen der Elektroosmose erklärte er die für die Versuche eigens konstruierte Messeinrichtung und charakterisierte die eingesetzten Tone. Winkel stellte die erzielten Ergebnisse, wie ein leichteres Ablösen des Tones vom Mundstück beim Einsatz der Elektroosmose, anschaulich dar. Er zog das Fazit, dass sich plastische Dachziegelmassen für dieses Verfahren besser eignen als unplastische Schiefertone.
Dr.-Ing. Anne Tretau erläuterte in ihrem Beitrag „Spezifische Kenndaten zur Verbesserung des Trocknungsprozesses“ die Grundlagen der Trocknung und die Einflussfaktoren auf die Rohlingsfestigkeit. Fasrige Stoffe erhöhen beispielsweise die Bindigkeit der Masse und führen zu einer beachtenswerten Verminderung der Trockenbruchfestigkeit.
Wie sich die Festigkeitsentwicklung beim Brand darstellt, zeigte dann Dipl.-Ing. Sandra Petereit in ihrem praxisorientierten Vortrag „Ursachen und Vermeidung von Schäden beim Brennprozess, diffusionsabhängige und festigkeitsmindernde Reaktionsabläufe“. Sie stellte anschaulich die verschiedenen Reaktionen beim Brand und die dadurch möglicherweise auftretenden Schäden an den Produkten dar, die sie anhand von Messergebnissen untermauerte. Eine Verminderung der Aufheizrissgefährung kann u.a. durch eine auf den Rohstoff abgestimmte Aufheizgeschwindigkeit und den Einsatz verschiedener Zusatzstoffe erreicht werden.
Dipl.-Ing. Eckhard Rimpel informierte in seinem Vortrag „Einbindung mineralbegleitender Schwermetalle in Ziegeln“ über die Ergebnisse eines Forschungsvorhabens. In diesem wurde untersucht, wie die Mobilität kritischer Stoffe eingeschränkt werden kann, um die Recyclingfähigkeit von Ziegelmaterial sicherzustellen. Er erläuterte die verschiedensten Messergebnisse und zog das Fazit, dass eine Brennraumatmosphäre mit möglichst wenig Sauerstoff die beste Möglichkeit der Reduzierung sei.
Der erste Seminartag schloss mit einem gemütlichen Abend im neuen Bürogebäude des IZF. Michael Ruppik führte die interessierten Teilnehmer auch durch das Technikum und erläuterte die vielfältigen Möglichkeiten, die das Institut z.B. für die praxisnahe Entwicklung neuer Massen, die Bewertung der verschiedensten Produkte sowie für die Erforschung aktueller Themen bietet.
Den zweiten Lehrgangstag eröffnete Anne Tretau mit dem Vortrag „Prozessführung zur Vermeidung von Absprengungen“. Zuerst ging sie darauf ein, welche Reaktionen beim Brand einer kalkreichen Masse auftreten. Anhand von Untersuchungsergebnissen verschiedener Versuche schloss sie, dass sowohl die Brenntemperatur als auch die Geschwindigkeit die Gefahr des Auftretens von Absprengungen beeinflussen. Mit steigender Korngröße von Kalziumkarbonat nimmt auch die Größe der Absprengungen zu.
„Verfahrenstechnische Voraussetzungen zur Übertragung optimierter Produktbrennkurven“ war ein weiteres Thema von Eckhard Rimpel. Er erläuterte das Brennverhalten grobkeramischer Rohstoffe und die dabei möglichen Schadensbilder. Risse beim Brand können entstehen, wenn Dehnungs- und Schwindungsprozesse ablaufen, größere Temperaturdifferenzen im Ziegel herrschen und so die Spannungszustände das Festigkeitsniveau des Scherbens übersteigen. Wichtig sei eine Vergleichmäßigung des Temperaturniveaus über den Besatz, was über zusätzliche Brenner oder Luftumwälzer erreicht werden kann. Rimpel rät auch zu einer optimierten Luftumwälzung in der Kühlung, d.h., zu einer aktiv geregelten Kühlzone.
Einen sehr informativen Schnelldurchlauf durch das umfangreiche Thema der „Normativen Anforderungen an die Gebrauchstauglichkeit von Ziegelprodukten“ gab dann als Gastredner Dr. Dieter Figge vom Ziegel-Zentrum NordWest e.V. Er stellte sehr anschaulich und anhand vieler unglaublicher Beispiele die Probleme und Fragestellungen vor, die auf die Bauberater auf der Baustelle zukommen.
Über „Alternative Porosierung hochwärmedämmender Ziegel“ und die untersuchten Ersatzstoffe, wie Dispergier- und Schäumungsmittel, Superabsorber und Aluminium und deren Wirkung informierte Anne Tretau.
Eckhard Rimpel erläuterte anschließend ein „Nachweisverfahren zur Bestimmung und Berechnung der Wärmeleitfähigkeit“ und die Möglichkeiten, mit den Ergebnissen eine Optimierung des Ziegellochbildes durchzuführen. Er verwies darauf, dass die Verzahnung eine wesentliche Rolle bei der Wärmeleitfähigkeit WLF des Ziegels spielt. So ist eine Verminderung der WLF eines HLz mit Verzahnung auf l = 0,129 W/(mK) gegenüber dem unverzahnten Ziegel, l = 0,133 W/(mK), möglich. Das Nachweisverfahren eignet sich auch für die Berechnung von Bauteilen oder Konstruktionselementen.
Im letzten Vortrag des Seminars präsentierte Michael Ruppik die „Bauteilprüfung geschosshoher Wände und Dachziegelflächen“. Am IZF können in Großversuchen realistische Bedingungen nachgebildet werden, um die bauphysikalischen Eigenschaften von Ziegeln und Konstruktionen zu bewerten. Dazu gehören u.a. die Simulation der Bewetterung (Regen, Frost, Sonne) sowie die Bestimmung des Abhebewiderstandes an Dachziegeln. Für Mauerziegel wurden umfangreiche Untersuchungen zur Ausbildung des Wanddeckenknotens, zur Biegesteifigkeit von Verblendmauerwerk und zur Erhöhung der Erdbebensicherheit von Mauerwerk durchgeführt.
Einige der Teilnehmer nutzten am Nachmittag dann noch die von dem Institut angebotene Besichtigung der weltberühmten Zeche Zollverein.
Anett Fischer