Besondere Biberschwänze für ein besonderes Gebäude

Auf dem Betriebsgelände der Rapunzel Naturkost GmbH in Legau im Unterallgäu ist nach dreijähriger Bauzeit ein Besucherzentrum als begehbare Gebäudeskulptur entstanden. Das im Oktober 2022 fertig gestellte Gebäude soll, so die Architekten von haascookzemmrich STUDIO2050, „das Leitmotiv von Rapunzel ‚Wir machen Bio aus Liebe‘ für die Besucher erlebbar machen.“

Martin Haas Gründer und Partner des Architkturbüros, beschreibt die gestalterischen Maximen so: „Die natürlichen Kreisläufe der Natur zu beachten ist eine Grundlage ökologischen Landbaus. Den Prinzipien einer ökologisch sinnvollen Kreislaufwirtschaft fühlt sich auch die Architektur der Rapunzel Welt verpflichtet. Die Haustechnik wurde auf ein Minimum reduziert. Wir nutzen Tageslicht und das Mikroklima und verzichten weitestgehend auf eine mechanische Klimatisierung. Das schwebende, beschützende und sich zum Rapunzelturm aufschwingende Dachband, die in den Naturraum gestreckten Gebäudeflügel und die sorgfältige Wahl möglichst regionaler Baumaterialien werden dem Besucher, so hoffe ich, diese Grundsätze bei der Entwicklung des Besucherzentrum auchveranschaulichen.“

 

Das Dachband als verbindendes Element

Zum besonderen Charakter des Gebäudes trägt die markante Fassadengestaltung bei. Die Architekten beschreiben sie wie folgt: „Wie ein umlaufendes, schwebendes Band legt sich die mit Ziegel bedeckte Holzdachkonstruktion um die dreigliedrige Gebäudestruktur. Nur im Turmbereich reicht die Konstruktion bis auf den Boden und hebt sich ansonsten ringsum ab. Die umlaufende Glasfassade im Erdgeschoss bleibt maximal frei und transparent, um Einblicke zuzulassen und eine Vielzahl an Ein- und Ausgängen zu erlauben. Für gezielte Ausblicke und eine natürliche Belichtung der oberen Geschosse sorgen umlaufend platzierte Gaubenfenster.

Die organisch geschwungene Form entsteht durch drei in den Naturraum gestreckte Gebäudeflügel, die jeweils unterschiedliche Nutzungsbereiche beinhalten. Der öffentliche Bereich mit der hölzernen Wendeltreppenskulptur liegt im Zentrum der Rapunzel Welt.“

 

Ökologie des Gebäudes und der Produktion

„Die natürlichen Kreisläufe der Natur zu beachten“, erläutern sie weiter, „ist eine Grundlage des ökologischen Landbaus. In der Ausstellung des ­Besucherzentrums erfährt der Besucher alles über die Teilaspekte gesunder Ernährung, über deren Anbau und Verarbeitung. Diesem Grundsatz einer ökologischen Kreislaufwirtschaft haben wir uns auch in der Architektur der Rapunzel Welt verpflichtet. Natürliche und nachwachsende Baustoffe wie Holz und Ton wurden eingesetzt und die Haustechnik auf ein notwendiges Minimum reduziert.

Kein Styropor wurde für die Dämmung und den Unterboden verwendet, sondern recycleter Schaumglasschotter. Alle Materialien, Farben und Beschichtungen sind mineralisch und ökologisch sorgsam gewählt.

Im Besucherzentrum wird das Tageslicht genutzt und weitestgehend auf mechanische Klimatisierung verzichtet. Hier wurde genutzt was uns die Natur vor Ort als Mikroklima zur Verfügung stellt, um ein robustes und damit dauerhaftes Haus zu errichten, das mit der Natur und nicht gegen die Natur arbeitet.“

 

Regionale Baumaterialien

„Alle Handwerksbetriebe, die bei der Errichtung der Rapunzelwelt mitgewirkt haben, sind in der unmittelbaren Nachbarschaft Legaus beheimatet. Vom heimischen Holz bis zum benachbarten Kieswerk konnte auf lokale Materialien zurückgegriffen werden, um die ökologischen Auswirkungen langer Transportwege gering zu halten. Lediglich für die Rapunzeltreppe und die fein engobierten Ziegel mussten wir auf entferntere Partner zurückgreifen, da in der Ziegelbrennerei in der Schweiz noch alte Brennöfen eine besondere Art der Engobierung zulassen.

So stärkt das Gebäude nicht nur die Region, sondern hilft der Umwelt durch Vermeidung von Emissionen und Ressourcenverbrauch im Transport.“

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