Einfluss von Ziegelmehl oder Betonbauschutt auf die mechanischen Eigenschaften von Flugasche-Geopolymeren
Abstract
In der vorgestellten Arbeit wird untersucht, welchen Einfluss steigende Ziegelbruch- und Betonbauschutt-Zugaben auf das Abbindeverhalten und die werkstofftechnischen Eigenschaften flugaschebasierter Geopolymere ausüben. Die hergestellten Geopolymere werden u. a. auf ihre Druckfestigkeiten, Rohdichten und Wärmeleitfähigkeiten geprüft. Um die werkstofftechnischen Kenngrößen in einen sinnvollen Bezug zum Abbindeverhalten und der sich ausbildenden Strukturen setzen zu können, werden sowohl die Ausgangsstoffe als auch die resultierenden Bindemittel mittels Infrarotspektroskopie, Röntgendiffraktions-Analyse und Rasterelektronenmikroskopie untersucht. In den Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass sich sowohl Ziegelbruch als auch Betonbauschutt gut als Matrix bildende Rohstoffe für die Geopolymer-Herstellung eignen. Gleichzeitig konnten unterschiedliche Werkstoffeigenschaften festgestellt und auf unterschiedliche Abbindemechanismen und festigkeitsbildende Mechanismen zurückgeführt werden.
1. Einleitung
Heute ist Zement der meistverwendete Konstruktionsbaustoff der Welt, von dem im Jahr 2020 global 4,1 Mrd. Tonnen verbaut wurden [1]. Dieser ist aus ökologischer Sicht jedoch besonders problematisch. Zement, der ein elementarer Bestandteil von Beton ist, besteht zumeist aus Primärrohstoffen wie Kalkstein, Kreide und Ton, die in der Regel im Tagebau gewonnen werden.
Anschließend müssen die abgebauten Primärrohstoffe durch Zerkleinern, Mahlen und Mischen zu Rohmehl verarbeitet werden, das bei 1450 °C zu Zementklinker gebrannt wird [2]. Der CO2-Ausstoß der benötigten Energie für thermische und elektrische Prozesse macht 40 % aus, weitere 60 % entfallen auf die Kalzination, bei der chemisch gebundenes CO2 freigesetzt wird. Auf diese Weise werden bei der Herstellung von Zement international ca. 900 kg CO2 pro Tonne Zementklinker emittiert [3]. In hochmodernen deutschen Produktionen werden noch 791 kg CO2 pro Tonne freigesetzt. Allein die Portlandzementherstellung macht mit 0,6 bis 0,8 kg CO2 pro kg Zementklinker 8 % der weltweiten CO2-Emission aus [4]. In Deutschland sieht sich die Zementindustrie verantwortlich für 19,99 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent, was bezogen auf die totalen Emissionen des deutschen Industriesektors einem Anteil von 17 % entspricht [5].
Um die Klimaschutzziele zu erreichen, sollten sich Baustoffe der Zukunft bereits bei ihrer Herstellung durch einen geringeren Energieverbrauch, verminderte CO2-Emissionen, einen machbaren Anteil an Recyclingmaterial und Rückführbarkeit in den Stoffkreislauf auszeichnen. Auch das hohe Aufkommen von Bau- und Abbruchabfällen im Bausektor stellt ein ernsthaftes Umweltproblem dar. Das weltweite Aufkommen an Bauschutt macht in etwa 25 bis 30 % aller Feststoffabfälle aus [6]. Allein in Deutschland sind im Jahr 2018 über 228 Mio. Tonnen Bau- und Abbruchabfälle angefallen [7]. Es liegt im weltweiten Interesse, die Bauindustrie in Einklang mit ihrer Umwelt zu bringen, indem Energie- und Rohstoffressourcen eingespart, weniger CO2 emittiert und Bau- und Abbruchabfälle recycelt werden.
Diesen Zielen kann die Baustoffindustrie durch den Ausbau der Kreislaufwirtschaft näher kommen, indem geeignete Bau- und Abbruchabfälle aufbereitet und zu neuartigen Ersatzbaustoffen recycelt werden. Gleichzeitig wird wertvoller Deponieraum geschont. Eine geeignete Möglichkeit, um das Recycling von Baureststoffen zu erhöhen, bietet die Technologie der alkalischen Aktivierung oder Geopolymerisation von mineralischen Sekundärrohstoffen [8, 9]. J. Davidovits, der Geopolymere auf Basis von Metakaolin untersucht hat, gilt als Begründer dieser neuartigen Werkstoffklasse [10, 11]. Nach heutigem Wissensstand ist die Geopolymerisation ein komplexer mehrphasiger Reaktionsprozess, der in drei Hauptschritte unterteilt wird:
1. Die An- und Auflösung von Silikaten und Aluminosilikaten z. B. in Metakaolin oder Flugaschen durch das Aufbrechen von Si-O-Si - oder Si-O-Al - Bindungen in alkalischer Lösung.
2. Die Akkumulationsphase, in der sich die Silikat- und Aluminat-Tetraeder durch Kondensationsreaktionen alternierend miteinander verbinden und dabei die Sialat-Monomere bilden [12].
3. Die Vernetzung, bei der das gesamte System in ein anorganisches dreidimensionales Netzwerk, dem Geopolymer, überführt wird [13–15].
Geopolymere können sehr unterschiedlich in ihrer chemischen Zusammensetzung und Struktur ausgebildet sein. Dabei werden in Abhängigkeit vom Calciumgehalt zwei Kategorien unterschieden, da dieser die Struktur des entstehenden, alkalisch aktivierten Binders maßgebend beeinflusst.
Um calciumarme Ausgangsmaterialien wie Flugasche oder Ziegelmehl zu aktivieren, sind relativ hohe pH-Werte der Aktivatorlösungen nötig, um die Reaktion zu starten. Die Gelstruktur, die sich in einem calciumarmen Geopolymer ausbilden würde, kann als ungeordnete zeolithähnliche alumosilikatische Struktur angenommen werden [16]. Dabei bilden sich die oxidisch-polyedrischen Netzwerkstrukturen nur bedingt statistisch aus, sondern folgen den Paulingschen Regeln [17]. Für Si- und Al-Kationen mit tetraedrisch angeordneten Sauerstoff-Anionen bedeutet dies:
- Jedes Kation bildet einen Koordinationspolyeder aus Anionen (Regel 1).
- Über das gesamte Netzwerk herrscht Ladungsneutralität (Regel 2).
- Die Koordinationstetraeder sind über gemeinsame Ecken verknüpft. Geteilte Kanten oder Flächen destabilisieren die Struktur, da stets ein möglichst großer Abstand zwischen den positiv geladenen Kationen angestrebt wird (Regel 3 und 4).
Paulings Axiome werden durch die Loewenstein-Regel erweitert, die besagt, dass Al-O-Al Bindungen in tetraedrischen Strukturen thermodynamisch ungünstig sind und deshalb mit geringer Wahrscheinlichkeit auftreten. So lange das Si / Al-Verhältnis größer eins ist, wird die Loewenstein-Regel in Geopolymeren befolgt. Diese thermodynamische Präferenz ist auf den großen Radius des Kations im Aluminat-Tetraeder bei der gleichzeitig niedrigen Koordinationszahl vier zurückzuführen. Hierdurch müssten Sauerstoffbrückenbindungen zwischen zwei Aluminat-Tetraedern eine relativ große Distanz überbrücken, während sich die Tetraeder mit ihrer summiert negativen Ladung tendenziell abstoßen. Deshalb werden Kationenplätze rund um einen Aluminat-Tetraeder bevorzugt mit kleineren Siliziumatomen und deren Tetraedern oder Polyedern mit Zentralkationen höherer Koordinationszahl besetzt [18]. Dieses Verhalten erklärt auch, warum Zeolithe häufig als Nebenprodukte in calciumarmen Geopolymeren auftreten. Deshalb lag die Vermutung nahe, dass die Struktur der Geopolymer-Gele der von Zeolithen ähnelt, wie bereits durch Davidovits vorgeschlagen [10]. Diese Vermutung konnte in verschiedenen Arbeiten durch magic-angle-spinning-nuclear-magnetic-resonance (MAS-NMR)-Spektroskopie nachgewiesen werden [19–22, 19, 23].
Ein weiteres strukturelles Merkmal calciumarmer Geopolymere sind außerhalb der Grundstruktur vorhandene Alkali-Kationen, welche die durch die Aluminat-Tetraeder entstehenden, negativen Nettoladungen ausgleichen. Wenn, wie in der hier vorgestellten Arbeit, Natronlauge zur Aktivierung calciumarmer Vorprodukte verwendet wird, bildet sich entsprechend ein Natrium-Alumino-Silikat-Hydrat-Gel (N-A-S-H), mit einer sehr stark vernetzten zeolithähnlichen Struktur [24, 25]. In calciumreichen Geopolymeren bildet sich mit geringen Unterschieden eine ähnliche Struktur mit etwas anderen Eigenschaften aus. Ein entscheidender Unterschied ist, dass calciumreiche Vorprodukte wie beispielsweise Hüttensand oder Betonbauschutt bereits durch Aktivatoren mit wesentlich niedrigerem pH-Wert aktiviert werden können. Deswegen lassen sich calciumreiche Geopolymere mit einer viel breiteren Palette an Aktivatorlösungen herstellen [26, 27]. Durch Aktivierung calciumreicher Vorprodukte mittels alkalischer Hydroxydlösungen entsteht ein aluminiumsubstituiertes Calciumsilicathydrat-Gel (C-A-S-H) [24, 28]. Dieses Gel ist den Zeolithstrukturen weniger ähnlich, sondern weist eher eine Tobermorit-ähnliche Struktur auf, wie sie auch bei Gelen der Portlandzementhydratation gefunden werden.
Allerdings weisen calciumreiche Geopolymere eine geringere Calciumkonzentration als die Portlandzement-Gele auf und eine stärkere Al-Substitution an Tetraedern des Dreierkettentyps [28]. Dies führt zu einem wesentlich höheren Polymerisationsgrad und Vernetzung zwischen Tobermorit-Ketten, was durch das Auftreten von Q3–Gruppen nachgewiesen wurde [29]. Sobald der Al-Gehalt des C-A-S-H-Gels einen bestimmten Grenzwert überschreitet, der abhängig von der Kettenlänge zwischen sechs bis zehn Kettenstellen liegt, nimmt der Vernetzungsgrad mit weiterem Al-Einbau ab. Dies ist auf die zuvor beschriebene Loewenstein-Regel zurückzuführen, wonach Al-O-Al-Bindungen nicht ausgebildet werden [18]. Auch in das C-A-S-H-Gel werden erhebliche Mengen an Natriumionen zum Ladungsausgleich eingelagert, weshalb es auch oft als C-(N)-A-S-H-Gel beschrieben wird [30, 31]. Gleichzeitig sind stärker vernetzte N-A-S-H-Gele als Nebenprodukte in den entstehenden Bindemitteln vorhanden. Dies gilt besonders dann, wenn Mischungen von calciumarmen und calciumreichen Vorprodukten verwendet werden, wie es in dieser Arbeit der Fall ist [29, 32]. Da diese beiden Aluminosilikate N-A-S-H und C-A-S-H auch nebeneinander vorliegen können, ist es interessant, welche werkstofftechnischen Eigenschaften sich aus den verschiedenen Kombinationen der calciumarmen und calciumreichen Ausgangsmaterialien Flugasche, Ziegelmehl und Betonbauschutt ergeben [33–35].
2. Materialien und Methoden
2.1. Ausgangsmaterialien Flugasche, Ziegelbruch und Betonbauschutt
Die hier eingesetzte Flugasche „Microsit 10“ ist mit einem Calciumgehalt von ca. 5 % als Klasse-F Flugasche eingestuft. Mittels Laserbeugung wurde eine Partikelgröße von x50 = 2,9 µm festgestellt. Der sortenreine Ziegelbruch stammt aus einem Mauerziegelwerk und wurde in einer Kugelmühle zu Ziegelmehl Partikelgröße x50 = 28,90 µm gemahlen. Der sortenreine Betonbauschutt entstammt einer mittelfränkischen Bauschuttdeponie und wurde in einer Kugelmühle auf eine Partikelgröße von x50 = 90,67 µm gemahlen. Die eingesetzten Sekundärrohstoffe wurden mittels Röntgenfluoreszenzanalyse (RFA) sowie Röntgenbeugung (XRD) charakterisiert. Dabei zeigt die RFA-Analyse die Hauptbestandteile der Einsatzstoffe (» Tabelle 1). Der bei 950 °C ermittelte Glühverlust (LOI) beträgt im Fall der Flugasche 3,86 Gew. %, im Fall des Ziegelmehls 0,92 Gew. % und im Fall des Betonbauschutts 14,47 Gew. %.
Mittels XRD-Analyse wurden die Phasenkomponenten der verwendeten Einsatzstoffe Flugasche, Ziegelmehl und Betonbauschutt analysiert. Dabei wurde festgestellt, dass die kristallinen Bestandteile der Flugasche hauptsächlich aus Mullit und Quarz bestehen, als Nebenbestandteil konnte Hämatit nachgewiesen werden. Dabei ist zu beachten, dass den größten Massenanteil der Flugasche röntgenamorphe Phasen darstellen. Diese sind in Hinblick auf die Geopolymerisation besonders wichtig, da sie ein höheres Reaktionspotential als die kristallinen Anteile zur Verfügung stellen.
Bei der XRD-Analyse des Ziegelmehls werden als kristalline Hauptbestandteile Quarzit, Muscovit, Albit und Natrium-Aluminium-Oxid-Silikat detektiert und als Nebenbestandteil Hämatit. Das vorliegende Ziegelmehl weist ebenfalls eine zur kristallinen Phase koexistierende amorphe Phase auf.
Bei Untersuchung des Betonbauschutts konnten als kristalline Hauptbestandteile Quarz, Calcit, Portlandit, Dolomit und Orthoklas festgestellt werden. Der hohe SiO2- und niedrige CaO-Anteil der RFA-Analysen wird durch den in der XRD-Analyse nachgewiesenen hohen Quarz-Gehalt bestätigt. Dieser wird in Form von Sand und Kies dem Zement beigefügt, um Beton herzustellen. Es kann davon ausgegangen werden, dass die eingebrachten Quarzkristalle einen inerten Füller darstellen, da diese während der Geopolymerisation nur im Oberflächenbereich reagieren. Hydratationsprodukte wie beispielsweise Ettringit konnten in den XRD-Untersuchungen nicht nachgewiesen werden. Dies kann darauf zurückgeführt werden, dass Ettringit durch den Mahlprozess in röntgenamorphe Phasen überführt wird.
2.1.1 Geopolymersynthese
Die Synthese der Geopolymere erfolgte bei konstantem Aktivator-Feststoff-Verhältnis von 1:3. Die exakten Zusammensetzungen können » Tabelle 2 entnommen werden. Dabei wurden die Feststoffanteile aus Flugasche (FA) und Ziegelmehl (BS) bzw. Flugasche (FA) und Betonbauschutt (CR) variiert, woraus sich bei gleichbleibender Aktivator-Zusammensetzung unterschiedliche SiO2/Al2O3- und Na/Al-Verhältnisse ergeben. Mit zunehmendem Anteil an hygroskopischem Ziegelmehl steigt der Wasserbedarf der Mischung an, der mit zusätzlichem Wasser ausgeglichen wird, um eine geeignete Verarbeitbarkeit zu gewährleisten. Mit zunehmendem Betonbauschuttanteil konnte das Wasser / Feststoffverhältnis (l/s) konstant gehalten werden.
Die Versuchsansätze werden in einem Labormischer über einen Zeitraum von jeweils t = 15 min mit einer Drehzahl von u = 250 U min-1 homogenisiert. Die homogene Paste wird unmittelbar in Formen aus Silikon eingefüllt und dabei eingebrachte Luftblasen über einen Zeitraum von t = 5 min auf einer Vibrationsplatte ausgetrieben. Für die Aushärtung werden die Proben mit PE-Folie abgedeckt und über einen Zeitraum von 48 h bei 85 °C im Trockenschrank ausgehärtet. Nach dem Aushärtungsprozess werden die Geopolymer-Prüflinge entformt und zu geeigneten Probekörpern verarbeitet. Dabei wurden Druckprüfkörper mit Kantenlängen von 40 mm x 40 mm x 40 mm; Dreipunkt-Biegebruchprüfkörper mit Kantenlängen von 160 mm x 40 mm x 40 mm und Probenplatten zur Untersuchung der Wärmeleitfähigkeit mit den Maßen 100 mm x 100 mm x 25 mm hergestellt. Alle Proben, die beim Sägen und Schleifen mit Wasser in Kontakt kommen, werden vor der Messung werkstofftechnischer Kenngrößen im Trockenschrank bis zur Gewichtskonstanz getrocknet und danach bis zur Messung im Exsikkator gelagert. Für die IR-, XRD- und REM-Untersuchungen wurden Bruchstücke aus den Druckprüfungen herangezogen.
2.1.2 Herstellung der Aktivatorlösung
Die alkalische Aktivatorlösung wird aus einem flüssigen Natriumsilikat-Wasserglas der Sorte „Betol 39 T“ der Woellner-Werke, Ludwigshafen, und NaOH-Pellets hergestellt. Die Lösung ist aus 85,46 Gew. % flüssigem Natriumsilikat und 14,54 Gew. % Natriumhydroxid zusammengesetzt. Um eine stets gleichbleibende Qualität der Aktivatorlösung sicherzustellen, wird jeder Ansatz über 24 Stunden mittels Magnetrührer bei einer Drehzahl von u = 500 U min-1 homogenisiert.
2.2 Ermittlung der werkstofftechnischen Kenngrößen
Die Ermittlung der maximalen Druckspannungen σd erfolgt in Anlehnung an die Norm DIN EN 196 Teil 1. Während der Druckprüfung erfolgt der Druckaufbau auf die Prüffläche mit einer konstanten Kraftzunahme von 1,5 N (mm2 s)-1. Die maximale Druckspannung σd wird gemäß Gleichung (1) aus der maximal aufgebrachten Kraft F bei Versagen des Prüflings und der Querschnittsfläche A des Prüfkörpers berechnet. Von jeder Charge wurden 15 Prüfkörper getestet, um einen verlässlichen Durchschnittswert zu erhalten.
Die maximalen Biegespannungen σB der Prüfkörper werden mittels dem 3-Punkt-Biegezug-Versuch in Anlehnung an die Norm DIN EN 196 Teil 1 ermittelt. Dabei werden die unteren Auflager mit einem Abstand l = 100 mm angeordnet, der obere Druckpunkt ist mittig gelagert. Die eigentliche Prüfung erfolgt unter konstanter Kraftzunahme von 0,05 kN s-1. Detektiert wird die maximal aufgebrachte Kraft F bei Versagen des Prüfkörpers. Die jeweils maximalen Biegespannungen σB werden gemäß Gleichung (2) unter Berücksichtigung der Breite b und der Höhe h des Prüfkörpers berechnet. Von jeder Charge wurden 20 Prüfkörper getestet, um einen verlässlichen Durchschnittswert zu erhalten.
Für die Untersuchung der Rohdichte werden die trockenen Probekörper bei Raumtemperatur gewogen und die äußeren Proben-Abmessungen ermittelt. Gemäß Gleichung (3) erfolgt mit der Masse m und dem Volumen V die Berechnung der Rohdichte ρroh der Prüfkörper.
Die Wärmeleitfähigkeit λ10,tr. wird in Anlehnung an die Prüfnorm DIN EN ISO 8302:1991 mit der sogenannten Plattenmethode bestimmt. Dabei wird die zu messende Probe zwischen einer Heiz- und einer Kühlplatte fixiert und Wärmeleitfähigkeiten bei 15 °C, 20 °C und 35 °C Probenmittel-Temperaturen gemessen. Dabei bestimmen mehrere Sensoren auf der Warm- und Kaltseite der Proben ständig die tatsächlichen Temperaturen auf den Probenoberflächen. Außerdem wird die zur Aufrechterhaltung der Temperaturen benötigte elektrische Leistung ermittelt. Die resultierenden Wärmeleitfähigkeiten λ10,tr. werden in Abhängigkeit von den jeweiligen Probenmittel-Temperaturen mit nachstehender Gleichung (4) berechnet, wobei noch die Fläche A der Probe und die Schichtdicke d berücksichtigt werden. Anschließend wird durch lineare Regression die Wärmeleitfähigkeit λ10,tr. bei der Proben-Mitteltemperatur von 10 °C abgelesen. Um verlässliche Mittelwerte zu erhalten, werden von allen Geopolymer-Sorten jeweils drei Probekörper geprüft und daraus die Mittelwerte der Wärmeleitfähigkeit λ10,tr. berechnet.
2.3. Spektroskopie
2.3.1. FT-IR Spektroskopie
Um die Strukturen der hergestellten Geopolymere aufzuklären, wird an Pulvern die Fourier-Transformations-Infrarotspektroskopie (FTIR) im ATR Verfahren durchgeführt. Die Messungen werden an einem Gerät der Firma Bruker (Tensor II) mit KBr-Strahlenteiler im Spektralbereich 5.000 – 400 cm-1 ausgeführt. Dabei wird die beeinflussende Atmosphäre durch automatische Hintergrundmessungen herausgefiltert.
2.3.2. Röntgenbeugungs-Analyse
Die XRD-Untersuchungen werden an einem Röntgendiffraktometer vom Typ X’Pert PRO der Firma PANalytical durchgeführt, dessen Kathodenröhre mit einer Kupfer-Anode betrieben wird. Dabei werden die Generatoreinstellungen 40 mA bei 45 kV gewählt. Gemessen wird mittels Mörsermühle aufgemahlenes Probenmaterial.
2.4. Rasterelektronenmikroskopie
Um einen tieferen Einblick in die Morphologie der erhaltenen Geopolymere zu erlangen, wurden Aufnahmen mittels Rasterelektronen-Mikroskopie angefertigt. Dabei wurden stets die Bruchflächen der Geopolymere bei 2000-facher Vergrößerung untersucht.
3. Ergebnisse und Diskussion
3.1 Druckfestigkeit
Zunächst werden die Druckfestigkeiten σd der verschiedenen Geopolymer-Prüfkörper untersucht, da von einem Zusammenhang zwischen mechanischer und chemischer Stabilität ausgegangen werden kann [36]. » Abbildung 2 zeigt die erhaltenen Druckfestigkeiten σd der unterschiedlich zusammengesetzten Geopolymer-Proben. Dabei zeigt die Geopolymer-Charge FA_100 mit einem Flugasche-Anteil von 100 Gew. % eine Druckfestigkeit von σd = 83,2 MPa. Wird ausgehend von der Geopolymer-Charge FA_100 der Ziegelmehl-Anteil erhöht, so nimmt die erhaltene Druckfestigkeit zunächst zu, wobei die Charge BS_1 mit einem Ziegelmehl-Anteil von 33 Gew. % eine Druckfestigkeit von σd = 87,6 MPa erreicht. Bei weiterer Erhöhung des Ziegelmehl-Anteils über 33 Gew. % hinaus, nehmen die Druckfestigkeiten kontinuierlich ab. So erreicht die Geopolymer-Charge BS_2 mit einem Ziegelmehl-Anteil von 50 Gew. % eine Druckfestigkeit von σd = 73,3 MPa; die Charge BS_3 mit 66 Gew. % Ziegelmehl erzielt eine Druckfestigkeit von σd = 47,7 MPa und Charge BS_4 mit einem Ziegelmehl-Gehalt von 100 Gew. % erreicht nur noch σd = 24,3 MPa.
Wird ausgehend von der aus reiner Flugasche hergestellten Geopolymer-Sorte FA_100 der Betonbauschutt-Anteil erhöht, so nehmen die erhaltenen Druckfestigkeitswerte vergleichsweise deutlich stärker zu, als durch die Zugabe von Ziegelmehl. Während die Geopolymer-Sorte FA_100 eine Druckfestigkeit von σd = 83,2 MPa aufweist, erhöht sich die Druckfestigkeit der Geopolymer-Sorte CR_1 durch Zugabe von 33 Gew. % Betonbauschutt auf σd = 102,3 MPa. Die Geopolymer-Sorte CR_2, in der Flugasche und Betonbauschutt im Verhältnis 1/1 gemischt vorliegen, erreicht die höchste Druckfestigkeit dieser Messreihe von σd = 113,2 MPa. Wird die Zugabe an Betonbauschutt darüber hinaus erhöht, so nimmt die Druckfestigkeit leicht ab, so dass die Charge CR_3 eine mit der Sorte CR_1 ähnliche Druckfestigkeit von σd = 102,7 MPa erreicht. Die Geopolymer-Sorte CR_4, die aus reinem Betonbauschutt ohne Flugasche besteht, weist eine ähnlich niedrige Druckfestigkeit von σd = 25,65 MPa wie Charge BS_4 aus reinem Ziegelmehl auf.
Die Ergebnisse in Bezug auf die Substitution von Flugasche durch Ziegelmehl zeigen, dass durch Substitution von 33 Gew. % Ziegelmehl die Druckfestigkeiten zunächst ansteigen. Werden die Ziegelmehl-Anteile darüber hinaus weiter erhöht, nehmen die resultierenden Druckfestigkeiten kontinuierlich ab. Aus diesem Sachverhalt lässt sich ableiten, dass es sich bei der Erhöhung der Druckfestigkeit durch eine Substitution von 33 Gew. % Ziegelmehl wahrscheinlich um eine Partikelverstärkung des Gefüges durch nicht reagiertes Material handelt, wie es durch Bernal [37] und Gharzouni [38] beschrieben wird. Die kontinuierliche Abnahme der Druckfestigkeiten durch weitere Erhöhung des Ziegelmehl-Anteils legt die Vermutung nahe, dass das in dieser Arbeit verwendete Ziegelmehl weniger reaktiv als die verwendete Flugasche ist. Dennoch muss auch das Ziegelmehl amorphe und damit reaktive Bestandteile enthalten, da die zu 100 Gew. % aus Ziegelmehl bestehende Proben-Charge BS_4 durch die alkalische Aktivierung noch gute Festigkeiten ausbildet.
Wird die Flugasche anstatt durch Ziegelmehl durch gemahlenen Betonbauschutt substituiert, wurden deutlich andere Festigkeitsentwicklungen festgestellt. In diesem Fall wird ein deutliches Maximum der Druckfestigkeit durch die Substitution von 50 Gew. % Flugasche durch Betonbauschutt der Proben-Charge CR_2 erreicht. Sowohl durch die Substitution von 33 Gew. % bzw. von 66 Gew. % Flugasche durch Betonbauschutt werden nahezu gleich höhere Druckfestigkeiten erreicht, als dies für die reinen Zusammensetzungen der Chargen FA_100 und CR_4 der Fall ist. Da die Flugasche einen calciumarmen und Betonbauschutt einen calciumreichen Rohstoff darstellen, sind die hohen Festigkeitsentwicklungen in diesem Fall wahrscheinlich auf die Mischung aus N-A-S-H- und C-A-S-H-Gelphasen in den verschieden zusammengesetzten Materialien zurückzuführen. Es kann angenommen werden, dass es durch die zunehmende Substitution von Flugasche durch gemahlenen Betonbauschutt zu einer Abnahme der für die geopolymeren Abbindereaktionen benötigten reaktionsfähigen Aluminate kommt, während gleichzeitig die Verfügbarkeit der Calziumhydrate erhöht wird. Aus Literaturdaten ist bekannt, dass auf diese Weise die C-A-S-H-Gelbildung gegenüber der N-A-S-H-Gelbildung begünstigt wird. Beide Phasen können jedoch auch nebeneinander vorliegen, wie bereits unter 1. Einleitung beschrieben.
Die in dieser Arbeit vorliegenden Ergebnisse legen nahe, dass eine optimale Mischung von N-A-S-H- und C-A-S-H-Gel-Strukturen die Ausbildung maximaler Festigkeitswerte bewirkt. Durch den Betonbauschutt wird gleichzeitig ein erheblicher Anteil an kristallinem SiO2 als inerter Füller in die Geopolymere eingebracht, der im Sand- und Kiesanteil des Betons enthalten ist. Es kann angenommen werden, dass diese Quarzkristalle ebenfalls eine Partikelverstärkung nach Bernal [37] und Gharzouni [38] bewirken, was durch Kombination mit dem zuvor genannten Effekt zu deutlich höheren Druckfestigkeiten der Betonbauschuttproben gegenüber der Ziegelmehlchargen führt.
Ein Vergleich der in dieser Arbeit ermittelten mechanischen Parameter der Ziegelmehl-, Flugasche-, und Betonbauschutt-Flugasche-Geopolymeren mit Literaturdaten konnte infolge der unterschiedlichen chemischen Zusammensetzungen der Einsatzstoffe und Produkte nur in begrenztem Umfang erfolgen. So werden durch Reig [39] für Geopolymere aus „rotem Tonziegel-Abfall (RCBW)“ ähnlich hohe Druckfestigkeiten von σd = 22 MPa erreicht wie in der hier vorgestellten Arbeit mit Geopolymer-Sorte BS_4. Reig konnte durch Optimierung der Aktivatorlösung die Druckfestigkeit bis auf σd = 50 MPa erhöhen. Auch in der Arbeit von Fort [40] wurden „Ziegelpulver-Abfälle“ mit unterschiedlich zusammengesetzten Aktivatorlösungen zu Geopolymeren verarbeitet. Die dabei erzielten Druckfestigkeiten lagen zwischen σd = 10 MPa und σd = 43 MPa. Vergleicht man die Werte der hier untersuchten Geopolymer-Sorte aus reinem Ziegelmehl (BS_4) mit den Druckfestigkeiten aus den beiden zuvor erwähnten Arbeiten, so befinden sich diese im Hinblick auf ihre Druckfestigkeiten in einem ähnlich niedrigen Bereich. Die Druckfestigkeiten aller Flugasche enthaltenden Geopolymer-Zusammensetzungen liegen bedeutend darüber.
Die am besten vergleichbaren Ergebnisse wurden durch Zawrah [41] erreicht. Dabei wurden Geopolymere aus „Abfällen gebrannter Tonziegel“ und „gemahlener granulierter Hochofenschlacke“ hergestellt und getestet. So wurden an Geopolymeren aus reinen „Tonziegel-Abfällen“ Druckfestigkeiten von bis zu σd = 15 MPa erzielt und in Mischungen mit 60 Gew. % „gemahlener granulierter Hochofenschlacke“ wurden nach einer Aushärtezeit von 90 Tagen Druckfestigkeiten von bis zu σd = 83 MPa erzielt. In der hier vorliegenden Arbeit werden bei der aus reinem Ziegelmehl hergestellten Geopolymer-Charge BS_4 Druckfestigkeiten von 24 MPa erreicht und bei der Geopolymer-Charge BS_1 mit 66 Gew. % Flugasche stellt sich bereits nach einer Aushärtezeit von 48 Stunden eine Druckfestigkeit von σd = 87 MPa ein.
Ähnliche Untersuchungen wurden auch für Geopolymere aus Betonreststoffen durchgeführt, so werden gemäß Lampris [42] für Geopolymere aus Betonabfall mit 20 Gew. % Metakaolin Druckfestigkeiten von σd = 33 MPa erreicht. Vásquez [43] ermittelte mit einer Mischung aus Betonabfällen und 10 Gew. % Metakaolin Druckfestigkeiten von 46 MPa. In der hier vorliegenden Arbeit konnten mit der Geopolymer-Charge CR_4 aus reinem Betonbauschutt ähnliche Druckfestigkeiten erzielt werden. Robayo-Salazar [44], Zaharaki [45] und Komnitsas [46] erreichten mit Geopolymeren, die aus reinen Betonabfällen hergestellt wurden, verhältnismäßig niedrige Druckfestigkeiten von σd = 7 MPa, σd = 8 MPa bzw. σd = 13 MPa. Erst durch die Zugabe von 30 Gew. % Portlandzement gelang es Robayo-Salazar [44] mit σd = 34 MPa vergleichbare Druckfestigkeiten zu erzielen, wie bei der hier vorgestellte, Proben-Charge CR_4. Alle in dieser Arbeit vorgestellten Geopolymere, die aus Mischungen aus Betonbauschutt und Flugasche zusammengesetzt sind, erreichen um den Faktor 3 höhere Druckfestigkeiten als die aus der Literatur bekannten Geopolymer-Mischungen.
3.2 Wärmeleitfähigkeit und Rohdichte
» Abbildung 3 zeigt die Ergebnisse der Wärmeleitfähigkeiten λ10,tr. und » Abbildung 4 die zugehörigen Rohdichten ρroh in graphischer Form. Die aus reiner Flugasche bestehende Geopolymer-Charge FA_100 weist mit ρroh = 1,69 gcm-3 die höchste Rohdichte auf, bei einer mittleren Wärmeleitfähigkeit von λ10,tr. = 0,354 W m-1K-1. Die Geopolymer-Charge BS_1, bei der 33 Gew. % Flugasche durch Ziegelmehl substituiert wurden, weist mit ρroh = 1,66 gcm-3 eine geringere Rohdichte auf, zeigt jedoch mit λ10,tr. = 0,409 W m-1K-1 eine höhere Wärmeleitfähigkeit als das Geopolymer der Charge FA_100.
Bei den Geopolymer-Chargen, bei denen eine weitere Substitution von Flugasche durch Ziegelmehl erfolgte (BS_2, BS_3 und BS_4), wird eine kontinuierliche Verringerung der Rohdichte festgestellt, ausgehend von ρroh = 1,59 gcm-3 für Charge BS_2, über ρroh = 1,55 gcm-3 für Charge BS_3 bis hin zu ρroh = 1,49 gcm-3 für Charge BS_4. Entsprechend der abnehmenden Rohdichte der Geopolymer-Chargen durch zunehmende Substitution der Flugasche durch Ziegelmehl erfolgt eine proportionale Abnahme der zugehörigen Wärmeleitfähigkeiten λ10,tr.. Dabei zeigt die Geopolymer-Charge BS_2 mit einer Wärmeleitfähigkeit von λ10,tr. = 0,356 W m-1K-1 eine geringfügig über der Geopolymer-Charge FA_100 liegende Wärmeleitfähigkeit λ10,tr.. Die Geopolymer-Charge BS_3 verfügt über eine niedrigere Wärmeleitfähigkeit von λ10,tr. = 0,321 W m-1K-1 und die Geopolymer-Charge BS_4 weist mit λ10,tr. = 0,293 W m-1K-1 die niedrigste Wärmeleitfähigkeit der in dieser Arbeit untersuchten Zusammensetzungen auf.
Werden Flugasche-Anteile anstatt durch Ziegelmehl, durch zunehmende Anteile von Betonbauschutt substituiert, so steigt die Rohdichte und die Wärmeleitfähigkeit im Vergleich zur Geopolymer-Charge FA_100 zunächst deutlich an. Die Geopolymer-Charge CR_1 weist eine Rohdichte von ρroh = 1,75 gcm-3 und eine Wärmeleitfähigkeit von λ10,tr. = 0,439 W m-1K-1 auf. Die Geopolymer-Charge CR_2 zeigt mit ρroh = 1,80 gcm-3 die höchste Rohdichte der Betonbauschutt-Chargen bei einer Wärmeleitfähigkeit von λ10,tr. = 0,526 W m-1K-1. Wird der Anteil des Betonbauschutts weiter erhöht, bleibt die Rohdichte auf einem gleichbleibenden Sättigungsniveau. Gleichzeitig steigt die Wärmeleitfähigkeit bis zur Geopolymer-Charge CR_3 konstant an, um bei der aus reinem Betonbauschutt bestehenden Geopolymer-Charge CR_4 leicht abzufallen. Dabei erreicht die Geopolymer-Charge CR_3 bei einer Rohdichte von ρroh = 1,79 gcm-3 die höchste in dieser Arbeit gemessene Wärmeleitfähigkeit von λ10,tr. = 0,608 W m-1K-1. Die Charge CR_4 verzeichnet eine etwas niedrigere Wärmeleitfähigkeit von λ10,tr. = 0,558 W m-1K-1 bei derselben Rohdichte.
Aus der Untersuchung geht u. a. hervor, dass die Substitution von Flugasche durch Ziegelmehl im Geopolymer die Rohdichte und die damit verbundene Wärmeleitfähigkeit herabsetzt, während die Substitution von Flugasche durch Betonbauschutt den gegenteiligen Effekt zur Folge hat.
(Ein zweiter Artikel in der ZI 02/2023 wird sich mit dem Einfluss von Ziegelmehl oder Betonbauschutt auf das Abbindeverhalten von Flugasche-Geopolymeren befassen.)