Liebe Leserinnen und Leser,
fast ein ganzes Jahr ist seit Ausbruch des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine vergangen. Ein Jahr, das viele mit der Hoffnung auf Normalität nach der langen und kräftezehrenden Corona-Pandemie verknüpft hatten. Und auch ein Jahr, das mit ambitioniertem Wohnungsbauziel die Erwartung genährt hatte, dass der dringend benötigte Wohnungsneubau endlich politisch vorangetrieben wird.
In vielerlei Hinsicht hat sich in der Bauwirtschaft Ernüchterung eingestellt, die Ziegelindustrie eingeschlossen. Der Blick auf die aktuelle Konjunkturentwicklung macht die Herausforderung deutlich: Die Ziegler konnten in den ersten drei Quartalen des vergangenen Jahres zwar ein Umsatzplus von 5,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum erzielen. Allerdings schwächte sich die Bau- und Baustoffnachfrage besonders im dritten Quartal weiter ab, gebremst von anhaltenden Lieferkettenproblemen und sehr hohen Energie- und Materialpreisen. Die optimistischen Umsatzprognosen vom Jahresanfang müssen nun nach unten korrigiert werden. Verunsicherung breitet sich aus und lässt die Zahl der Baugenehmigungen insbesondere bei Ein- und Zweifamilienhäusern einbrechen. Es wird erwartet, dass sich die Baunachfrage in allen Bausparten auch im neuen Jahr 2023 verhalten entwickelt.
Als positiver Beitrag für die Planungssicherheit der Unternehmen ist die Deckelung der Energiepreise durch die Gas- und Strompreisbremse zu bewerten. Auch wenn die Kriterien zu restriktiv ausgestaltet sind und die Wirksamkeit der Maßnahme beschränken, ist doch der politische Wille erkennbar, stabile und wirtschaftliche Energiepreise als Grundvoraussetzung für die industrielle Wertschöpfung in Deutschland zu gewährleisten. Hier gilt es, seitens der Bundesregierung rasch nachzulegen und wichtige Weichenstellungen für die nächsten Jahre vorzunehmen.
Neben den energiepolitischen Themen werden wir in diesem Jahr einen Schwerpunkt auf die Positionierung des nachhaltigen Naturprodukts Ziegel legen. Dies betrifft sowohl die Lebenszyklusbetrachtung als auch die auskömmliche und niedrigschwellige Gestaltung neu aufzulegender und technologieoffener Förderprogramme. Seit April 2022 gibt es die EH-40-Förderung nur noch in Kombination mit dem Qualitätssiegel Nachhaltiges Bauen (QNG). Diese absolute Bindung ist zu ambitioniert. Auch das geplante Fördervolumen von nur einer Milliarde Euro wird der Herausforderung nicht gerecht. Die Neubauförderung muss grundlegend umgestaltet werden, um dem Abwärtstrend im Bausektor entgegenzutreten.
Sie sehen, wir haben viel vor uns. Wir sind zuversichtlich, dass Politik und Wirtschaft die Herausforderungen gemeinsam meistern werden und tragen gerne dazu bei, dass es gelingt.
Ich wünsche Ihnen eine angenehme Lektüre und ein erfolgreiches Ziegeljahr 2023!
Ihr
Attila Gerhäuser
Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Ziegelindustrie e. V.