Regina Vogt, Marc Hohmann

Wasserstoff - ein zukünftiges Brenngas im Ziegelwerk? (Teil 2)

Die Nutzung von regenerativ erzeugtem Wasserstoff anstelle von Erdgas wird als wichtiger Baustein bei der Transformation der Industrie zu einer CO2-freien Produktion angesehen. Wasserstoff als Brenngas im Ziegelwerk einzusetzen, bietet im Vergleich zur ebenfalls diskutierten elektrischen Beheizung von Tunnelöfen den Vorteil, dass lediglich geringe Veränderungen der Brennerausrüstungen erforderlich sind. Dennoch ergeben sich bei der Anwendung von Wasserstoff vielseitige Fragenstellungen sowohl zur Wirtschaftlichkeit, zu den Verbrennungseigenschaften sowie zum Einfluss der veränderten Abgaszusammensetzung auf die Produkteigenschaften. Zu diesen Themen wurde am IAB Weimar von 04.2021 - 02.2023 ein Forschungsvorhaben speziell für Thüringer Ziegelwerke durchgeführt und von der Thüringer Aufbaubank gefördert. (Der Artikel wird in drei Teilen veröffentlicht)

4 Tunnelofenbetrieb mit Erdgas und Wasserstoff

4.1 Energiebilanz

Die Energiebilanz eines Tunnelofens für Dachziegel (Dz) bei einer Befeuerung mit 100 % Erdgas und 100 % H2 wurde mit Hilfe der Software SimKilnT berechnet. Die Funktionsweise des Programmes ist in [28] beschrieben. Für die Berechnung wurden die Daten aus »Tabelle 8 verwendet

Die Ergebnisse der Energie-Ein- und -Ausgänge für die Verbrennung von Erdgas und H2 sind in »Tabelle 9 zusammengefasst.

Der Brennstoffverbrauch beim Erdgasbetrieb beträgt für das gezeigte Beispiel 788 kJ je kg Brenngut. Beim Betrieb mit H2 ist er um 17 kJ je kg Brenngut verringert. Die Verringerung entspricht ca. 2 % des Brennstoffverbrauches und kann auf die Verringerung der Verbrennungsluft- und Abgasmenge zurückgeführt werden. Für die Berechnung wurde der Sollwert der ­Abgastemperatur auf 180 °C festgesetzt. Eine Erhöhung der Abgastemperatur aufgrund der möglichen Taupunkterhöhung des feuchteren Abgases von H2 (vgl. Punkt 4.3) kann die berechnete Einsparung jedoch wieder kompensieren.

4.2 Wasserbilanz des Abgases

In »Tabelle 6 (in Teil 1 in ZI 1/2024) wurde gezeigt, dass bei der stöchiometrischen Verbrennung von H2 mit Luft, bezogen auf die gleiche Energiemenge, die 1,67-fache Wassermasse im Vergleich zu CH4 entsteht. Es ist zu erwarten, dass sich der erhöhte Wassergehalt in der Ofenatmosphäre auf die Sinterung und Brennfarbe der Produkte auswirkt [29]. Im realen Tunnelofen wird das Brenngas jedoch meist mit Luftüberschuss verbrannt. Zusätzlich werden große Mengen zum Teil feuchter Umgebungsluft zum Kühlen verwendet. Weitere Feuchtigkeit wird bei der Entwässerung des Rohmaterials im Ofen freigesetzt (»Tabelle 17).

Zur Bestimmung des tatsächlichen Wassergehalts in der Atmosphäre eines Tunnelofens wurde an einem Beispiel für Vormauerziegel (VMz) zunächst eine Wasserbilanz für das Abgas bei einer Beheizung mit CH4 sowie H2 aufgestellt. Im Abgas summieren sich der Luftstrom aus der Kühlzone sowie sämtliche Gase wie beispielsweise CO2 und Wasserdampf aus der Aufheizzone (Prinzip Gegenstromwärmetauscher). In einem weiteren Schritt wurde der Wassergehalt entlang der Ofenachse ermittelt (vgl. Punkt 4.4). Für die Berechnung wurden folgende Daten verwendet (»Tabelle 10).

Der physikalisch und chemisch gebundene Wassergehalt in grobkeramischen Betriebsmassen variiert in der Regel von 3 - 9 M.-%. Er ist vom jeweiligen Mineralbestand und der Restfeuchte nach der Trocknung abhängig und gelangt vollständig ins Abgas. Das physikalisch gebundene Wasser entweicht zusammen mit einer Restfeuchte nach der Trocknung von 0,5 - 2,0 M.-% bei Temperaturen bis ca. 250 °C. Das chemisch gebundene Wasser aus den Tonmineralen wird hauptsächlich zwischen 450 und 800 °C abhängig vom Mineralbestand freigesetzt. Für die Berechnung der Wasserbilanz wurde ein Wassergehalt von 6,0 M.-% verwendet. Dieser resultiert aus einem Tonmineralgehalt von 50 M.-% (Gemisch aus Zwei-, Drei- und Vierschicht-Tonmineralen) und 50 % Nicht-Tonmineralen (Gemisch aus Quarz, Feldspaten, Carbonaten und Eisenmineralen) sowie einer Restfeuchte nach der Trocknung von 1,0 M.-%.

Im realen Brennprozess wird dem Ofen Kühlluft (Zuluft, Schnellkühlung) und den Brennern Verbrennungsluft aus der Umgebung zugeführt. Beides trägt weitere Feuchtigkeit in den Ofen ein. Die Luftfeuchte der Umgebung variiert sowohl abhängig von der herrschenden Klimazone als auch von der Jahres- und Tageszeit und nimmt für Deutschland in der Regel Werte zwischen 4 und 20 g Wasser je kg Luft an (»Tabelle 11). Zur Berechnung der Wasserbilanz wurde ein mittlerer Wassergehalt von 12 g Wasser je kg trockener Luft verwendet.

Die Ergebnisse der Abgas-Wasserbilanz zeigen die folgenden Tabellen »Tabelle 12, »Tabelle 13 und »Tabelle 14. Die zur Berechnung verwendeten Brennstoffdaten befinden sich in »Tabelle 6 (in Teil 1 in ZI 1/2024). Die Ergebnisse zeigen, dass bezogen auf die gesamte Wassermasse aus CH4 lediglich 48 % und aus H2 bereits 61 % des Wassers im Abgas stammen. Zusätzlich gelangt Wasser aus dem Rohmaterial (31 % / 23 %) und der Umgebungsluft (21 % / 16 %) ins Abgas.

Die Ergebnisse in »Tabelle 12 bestätigen, dass der Wassermassestrom im Abgas aus der H2-Verbrennung um den Faktor 1,67 größer ist als bei CH4 (»Tabelle 6 in Teil 1 in ZI 1/2024). Die Wassermasse aus dem Rohmaterial bleibt bei beiden Brennstoffen unverändert und wurde durch Ergebnisse der Thermoanalyse und der Laborbrände bestätigt (vgl. Punkt 6.2 und 6.3.1 in Teil 3 in ZI 3/2024). Die Wassermasse aus der Umgebungsluft verringert sich für H2 geringfügig, da sich die Verbrennungsluft- sowie die Abgasmengen verringern.

In der Summe erhöht sich deshalb die gesamte Wassermasse im Abgas des Tunnelofens bei der H2-Verbrennung lediglich um den Faktor 1,31. Dieser Faktor, berechnet mit den Feuchtegehalten der Umgebungsluft aus »Tabelle 11, liegt im Winter bei 1,37 und Sommer bei 1,28. Im Winter ist die Umgebungsluft trockener, dadurch steigt der Einfluss des Wassergehalts aus der H2-Verbrennung bezogen auf das gesamte Abgas des Tunnelofens. Die Wassermasse ist folglich unter den realen Bedingungen im Tunnelofen geringer als stöchiometrisch berechnet. Es wird deutlich, dass im Tunnelofen stets große Mengen an Umgebungsluft im Ofen vorhanden sind, die das Abgas aus der Verbrennung verdünnen. Zudem hat die gleichbleibende Wassermasse aus dem Rohmaterial durch den großen Massedurchsatz einen dämpfenden Anteil in der gesamten Wasserbilanz eines Tunnelofens.

»Tabelle 13 zeigt die Herkunft des Wassers aus den unterschiedlichen Umgebungsluftmengen wie der Verbrennungs- und Falschluft sowie den Lufteindüsungen. Die Massen an Falschluft und Lufteindüsungen wurden aufgrund ähnlicher Druckverhältnisse im Ofen für CH4 und H2 als konstant angenommen, während sich die Verbrennungsluftmasse bei H2 durch den geringeren Luftbedarf um den Faktor 0,83 verringert (»Tabelle 6 in Teil 1 in ZI 1/2024). Die resultierende Wassermasse für die gesamte Umgebungsluft vermindert sich dadurch bei H2 lediglich um den Faktor 0,96.

Das Abgasvolumen und den Wassergehalt im Abgas zeigt »Tabelle 14 für beide Brenngase. Durch das geringere Verbrennungsluftvolumen verringert sich bei H2 im Vergleich zu CH4 das Abgasvolumen um den Faktor 0,91 (»Tabelle 6 in Teil 1 in ZI 1/2024). Dadurch erhöht sich wiederum der Wassergehalt im Abgas des Tunnelofens bei H2 auf den Faktor 1,35 im Vergleich zu CH4 (Winter = 1,41, Sommer = 1,31). Dies führt letztendlich zu einer höheren Abgasfeuchte für H2 von 16,9 V.-% im Vergleich zu 12,6 V.-% für CH4.

Erfahrungswerte aus Messungen der Abgaszusammensetzung belegen, dass der berechnete Wassergehalt im Abgas von 12,6 V.-% bei erdgasbetriebenen Tunnelöfen vergleichsweise hoch ist. Reale Wassergehalte im Abgas können bei einer Erdgasfeuerung erheblich geringer sein. Wie oben gezeigt wurde, sind sie von den Einstellungen am Tunnelofen (Masseverhältnis Luft / Ziegel, Verbrennungsluftmenge), vom spezifischen Energieverbrauch, von der Wassermenge im Rohmaterial und von der Luftfeuchte abhängig.

 

4.3 Taupunkt des Abgases

Der Taupunkt von Abgasen hängt von deren Wassergehalt ab. Enthält das Abgas neben Wasser zudem Schwefel, erhöht sich der Taupunkt zusätzlich. Aus diesem Grund sollte die Temperatur im Kamin den Taupunkt des Abgases nicht unterschreiten, da es sonst im Abgassystem zur Kondensation und letztendlich zu Schäden durch Korrosion kommt.

Nach [30] und [31] berechnet sich der Taupunkt des Abgases gemäß folgender Gleichung:

1/TH2O = 4,924 ∙ 10-3 - 1,945 ∙ 10-4 ∙ ln (pH2O)⇥(5)

pH2O Partialdruck von Wasserdampf [Pa]

TH2O Taupunkttemperatur von Wasserdampf [K]

dTH2SO4 = 251,3∙(pH2SO4 /pH2O )0,1173⇥(6)

dTH2SO4 Taupunkterhöhung durch Schwefelsäure, bezogen auf den Taupunkt des reinen Wasserdampfes [K]

pH2SO4 Partialdruck von Schwefelsäure H2SO4 [Pa]

 

Mit Gleichung (5) und (6) wurden für den VMz-Tunnelofen und die Wassergehalte aus »Tabelle 11 der Feuchtegehalt im Abgas, der Taupunkt sowie die Taupunkterhöhung für einen Schwefeldioxid SO2-Gehalt von 500 mg/mN³ Abgas berechnet. Für die Berechnung wurde der maximal zulässige Wert für SO2 im Abgas nach der TA Luft gewählt [32]. Die Ergebnisse zeigt »Tabelle 15.

Durch die größeren Wassergehalte im Abgas nach der H2-Verbrennung ist für den Beispiel-Ofen mit einer Erhöhung der Abgas-Taupunkte um 5,6 - 7,0 K im Vergleich zu CH4 zu rechnen. Jahreszeitlich variieren die Taupunkte bei der Verbrennung von H2 um 4,3 K und bei CH4 um 5,7 K jeweils unabhängig vom SO2-Gehalt.

Die berechneten Taupunkte sind bei der Anwesenheit von Schwefel im Abgas vergleichsweise hoch, da mit geringen Luftmengen und hohen Wasser- und Schwefelanteilen im Abgas gerechnet wurde. Sie können in der Praxis abhängig von den eingesetzten Luftmengen, der vorhandenen Luftfeuchte, dem Schwefelgehalt und dem jeweiligen Rohmaterial variieren.

 

4.4 Zusammensetzung der Ofenatmosphäre

Im Tunnelofen ist das Rohmaterial der jeweils herrschenden Atmosphäre ausgesetzt, die neben der Brenntemperatur und -zeit die Eigenschaften wie Farbe, Festigkeit und Wasseraufnahme beeinflusst. Untersuchungen des ehemaligen Instituts für Bau- und Grobkeramik Weimar in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Architektur und Bauwesen und späteren Bauhaus-Universität Weimar zeigten, dass ein hoher Wasserdampfgehalt in der Ofenatmosphäre ab der Tonmineralzersetzung bei ca. 500 °C die keramischen Eigenschaften erheblich beeinflusst. Festgestellt wurde zudem, dass sich Materialreaktionen hin zu anderen Temperaturen verschieben und die Puzzolanität (Metaton-Bildung) zunimmt. Die frühere Sinterung führte zu einem Festigkeitszuwachs sowie zu einer Schwindungszunahme und Vergrößerung der Poren. Dieser Mechanismus wurde als „hydrothermaler Effekt“ bezeichnet [29], [33], [34], [35], [36]. Die Kenntnis der Zusammensetzung der Ofenatmosphäre ist daher eine wesentliche Voraussetzung für die Laborbrände.

In der Literatur sind Angaben zur Zusammensetzung der Atmosphäre im Tunnelofen selten zu finden. Dies liegt zum einen am erhöhten Messaufwand und zum anderen daran, dass für den Betreiber lediglich die Zusammensetzung des trockenen Abgases an der Ofeneinfahrt für die Einhaltung der gesetzlich geforderten Emissionsgrenzwerte von Bedeutung ist. Vergleichbare Messwerte bei 800 °C für ein Mauerziegelwerk mit Erdgasfeuerung sind in [37] angegeben. Die Gehalte betrugen volumetrisch 3,4 % H2O(g), 1,8 % CO2, 17,2 % O2 und 77,7 % N2. Das Abgas eines mit Erdgas beheizten Tunnelofens besteht hingegen aus 2 - 15 % H2O(g), 2 - 5 % CO2 und 12 - 15 % O2. Erfahrungswerte aus Prozessanalysen zeigen, dass die Zusammensetzung der Ofenatmosphäre von Werk zu Werk stark variiert, da sie von der Fahrweise des Ofens (Mengen an Zu-, Brenner- und Falschluft, Luft-/Ziegelverhältnis), den Umgebungsbedingungen (Jahreszeit), der Ofenabdichtung (trocken mit Sand, Wasserbad) sowie vom Wassergehalt im Rohmaterial abhängt. Diese Abhängigkeit ist u. a. in [38] beschrieben.

Der Wassergehalt innerhalb eines Tunnelofens ist von der Position im Ofen abhängig und damit teilweise wesentlich geringer als im Abgas. Dies ist am Beispiel eines Dachziegel-Tunnelofens mit H-Kassetten in »4 für die Verbrennung von Erdgas und in »5 von H2 dargestellt und wurde mit Hilfe der Simulationssoftware SimKilnT berechnet [28]. Die Berechnungsgrundlagen befinden sich in »Tabelle 8. Ausrüstung sowie Ofeneinstellungen, Rohmaterial, Ziegelformat, Besatzaufbau und Brennkurve waren für beide Brenngase gleich.

Das jeweils obere Diagramm zeigt die Ausrüstungen entlang der Ofenachse, dargestellt über der Brennzeit v. l. n. r.: Ofeneinfahrt mit Abgas-Absaugung, Aufheizzone mit Brennern, Kühlzone mit Schnellkühlung, Absaugungen sowie Zuluft an der Ofenausfahrt. Zudem ist die Solltemperaturkurve der Ziegel abhängig von der Brennzeit abgebildet. Die trockenen Rohlinge werden in der Aufheizzone bis zur maximalen Temperatur aufgeheizt. Danach folgt eine Haltezeit, die der Vergleichmäßigung der Temperaturen und der Sinterung im Besatz dient. In der Kühlzone werden die Ziegel nahezu auf die Umgebungstemperatur abgekühlt. Die Ziegel durchlaufen die angegebenen Temperaturen im Diagramm von links nach rechts. Die Luftzufuhr erfolgt dabei in die entgegengesetzte Richtung nach dem Prinzip des Gegenstromwärmetauschers.

Das jeweils zweite Diagramm zeigt den Luftmassestrom im Ofen in Abhängigkeit der Brennzeit. Mit „Luft“ werden hier sowohl die Umgebungsluft als auch die Verbrennungsprodukte sowie der Wasserdampf und das CO2 aus dem Rohmaterial bezeichnet. Die Luftzufuhr beginnt zeitlich rechts im Diagramm (Zuluft an der Ofenausfahrt) und steigt zunächst stark an. An den beiden Absaugungen in der Kühlzone nimmt die Luftmenge ab. Durch die Entnahme der Kühlluft wird der Temperaturgradient am Quarzsprung verringert und Heißluft für den Trockner abgesaugt. Am Beginn der Kühlzone ist die Schnellkühlung installiert und erhöht geringfügig die Luftmenge im Ofen. Ab dem Ende der Brennzone steigt die Luftmenge in Richtung Ofeneinfahrt nahezu kontinuierlich durch die Verbrennungsabgase sowie durch überschüssige Verbrennungsluft (Luftfaktor λ > 1,0) an. In diesem Bereich erfolgt zudem die Entwässerung und Entsäuerung der Minerale sowie die Oxidation organischer Bestandteile, sodass in der Aufheizzone zusätzlich Wasserdampf und CO2 aus dem Rohmaterial in die Ofenatmosphäre gelangen. An der Ofeneinfahrt wird die ­gesamte Luftmenge (vgl. Punkt 4.2) abgesaugt und zum Kamin geführt.

Der Luftmassestrom zeigt in der Kühlzone beim Einsatz von H2 den gleichen Verlauf wie bei Erdgas. Ab dem Ende der Brennzone steigt in Richtung Abgasabsaugung der Luftmassestrom im Ofen an. Dieser Anstieg ist - wie oben beschrieben - durch den geringeren Verbrennungsluftbedarf und die demzufolge sinkende Abgasmenge bei H2 etwas geringer als bei Erdgas.

In den beiden unteren Diagrammen sind die volumetrischen Konzentrationen von O2, H2O(g), CO2 und N2 im Ofen dargestellt. Die Erläuterungen dazu folgen dem Luftmassestrom und beginnen an der Ofenausfahrt. Hier wird dem Ofen Umgebungsluft mit 78 V.-% N2, 21 V.-% O2 und ca. 1 V.-% H2O(g) aus der Luftfeuchte zugeführt (Zuluft). Diese Zusammensetzung bleibt in der Kühlzone bis zum Ende der Brennzone konstant, da hier weder eine Verbrennung stattfindet noch das Rohmaterial ausgast. Ab dem Ende der Brennzone nehmen bei beiden Brenngasen in Richtung Ofeneinfahrt die Gehalte an O2 und N2 kontinuierlich ab. Der Wasserdampfgehalt steigt infolge der Verbrennung bei H2 etwas stärker als bei Erdgas an. Bei Erdgas erhöht sich zudem der CO2-Gehalt. Dafür wird ein Teil der Luft (O2 und N2) im Ofen verdrängt. Die CO2-Konzentration beträgt bei der H2-Verbrennung wie zu erwarten 0 %. Zwischen 250 - 400 °C ist ein geringer Anstieg infolge der Verbrennung organischer Bestandteile im Rohmaterial zu erkennen. Bei einem carbonatreichen Rohmaterial würde sich - unabhängig vom eingesetzten Brennstoff - der CO2-Gehalt zwischen 700 und 850 °C in Richtung Ofeneinfahrt erhöhen. Die gezeigten Ergebnisse wurden zur Einstellung der Atmosphäre für die Brennversuche im Laborofen verwendet.

 

5 Durchgeführte Laboruntersuchungen

Für die Untersuchungen standen 13 Einzeltone sowie vier Betriebsmischungen aus den Thüringer Ziegelwerken zur Verfügung. Die Rohmaterialien wurden zunächst anhand ihrer stofflichen Zusammensetzung (Mineralbestand, Körnung, anorganische Oxide, organische Bestandteile) charakterisiert.

Der Einfluss unterschiedlicher Wasserdampfgehalte in der Ofenatmosphäre auf das thermische Verhalten der Rohmaterialien wurde mit Hilfe der Simultan-Thermoanalyse (STA) untersucht. Die STA F449 F3 Jupiter der Fa. Netzsch als Kombination von Thermo-Gravimetrie (TG) und Differenz-Thermoanalyse (DTA) wurde dafür mit einem Wasserdampf-Erzeuger gekoppelt. Eine Probe und ein Inertmaterial werden gemeinsam aufgeheizt und der Masseverlust sowie die Temperaturänderungen der Probe zeit- und temperaturabhängig bestimmt. Mit der kalibrierten Differential-Scanning-Calorimetry (DSC) sind die Energien der unterschiedlichen Rohstoffreaktionen quantifizierbar. Für die Messungen wurde Laborluft mit einem Wassergehalt von ca. 10 g Wasser / kg Luft verwendet. Der Wasserdampf- und Luftstromanteil blieb während der gesamten Messung konstant.

Zur Bestimmung der keramischen Eigenschaften wurden Brände in unterschiedlichen Ofenatmosphären in einem elektrisch beheizten Laborofen der Fa. MUT advanced heating durchgeführt (»6).

Der Laborofen mit innenliegenden Heizwendeln hat eine maximale Einsatztemperatur von 1.200 °C. Der Innenraum ist sowohl für Vakuum als auch für einen Überdruck bis 2 bar gasdicht. Die doppelwandige Außenwand wird zur Vermeidung von Kondensatbildung mit Öl auf 130 °C temperiert. Dem Ofen können Luft, N2 und CO2 zugeführt werden. An der Ofentür befindet sich eine Düse, an der flüssiges Wasser zugegeben und mit dem Gasgemisch vernebelt wird. Die Gasmengen werden über Mass Flow Controller, die Wassermenge über einen Liquid Flow Controller softwareseitig je Brennkurvensegment eingestellt. Die Gesamtmenge des feuchten Gasgemischs ergibt sich jeweils aus der Summe der einzelnen Gase und betrug für alle Brände 1.200 Normliter je Stunde.

Als Ofenatmosphäre wurden die in »4 und »5 gezeigten Gasgehalte für Erdgas und H2 im Tunnelofen verwendet. Da sich beide Gasgehalte lediglich geringfügig unterscheiden, wurden zusätzlich eine Atmosphäre ohne und eine mit konstant hohem Wasserdampf eingestellt.

Die Aufheiz- und Kühlgradienten waren bei allen Brennkurven gleich groß, die Haltezeit bei maximaler Brenntemperatur betrug jeweils zwei Stunden. Die Kühlung erfolgte unterhalb von 400 °C ungeregelt. Die Soll-Brennkurve für die Wasserdampfatmosphäre ist in »7 dargestellt.

Weitere Brennbedingungen sind in »Tabelle 16 aufgeführt. Als maximale Brenntemperatur wurde die des jeweiligen Ziegelwerkes gewählt. Je Rohmaterial wurden sowohl Prismen zur Bestimmung der keram-technologischen Eigenschaften als auch Zylinder zur Bestimmung der Druckfestigkeit je Rohmaterial gebrannt. Vom Rohmaterial HMz-Werk 2 wurden zudem Platten zur Bestimmung der Wärmeleitfähigkeit hergestellt und gebrannt. Um die Probenmasse je Brand zu verringern, wurden die Probekörper von HMz-Werk 2 auf jeweils zwei Brände je Ofenatmosphäre verteilt.

 

Die Probekörper hatten folgende Abmessungen:

Prismen L x B x H [mm]: 70 x 25 x 10

Zylinder D x H [mm]: 23 x 70

Platten L x B x H [mm]: 100 x 100 x 25

 

Je Rohmaterial wurden zudem Prismen im Gradientenofen von 800 - 1.050 °C gebrannt. Die Aufheizgeschwindigkeit betrug 200 K/h, das Kühlen erfolgte ungeregelt.

An den gebrannten Prismen wurden die Biegefestigkeit, die Schwindung, der Masseverlust sowie die Wasseraufnahme und an den Zylindern die Druckfestigkeit bestimmt. Die Schwindungsmessung erfolgte anhand von Schwindmarken. Nach der Bestimmung der Biegezugfestigkeit erfolgte die Ermittlung der Wasseraufnahme durch einstündiges Kochen an einer Probenhälfte. Die Ergebnisse sind Mittelwerte aus jeweils 5 Einzelproben.

Die Wärmeleitfähigkeit wurde mit dem Zwei-Platten-Verfahren gemäß ISO 8302, DIN 52612 und DIN EN 1946, Teil 2 mittels TLP 900/100 – SG und der Software Lambda V.2012, Two-plate der Fa. Taurus Instruments bestimmt. Für die Messungen wurden die gebrannten Platten auf ein einheitliches Maß geschliffen. Die Wärmeleitfähigkeit wurde aus drei Einzelmessungen an jeweils zwei Platten gemittelt.

Das Porengefüge wurden an den auf ihre Wärmeleitfähigkeit untersuchten Proben ermittelt. Die Bestimmung der Porenverteilung durch Hg-Porosimetrie erfolgte mit dem Poremaster 60 der Fa. Quantachrome. Mit dem Rasterelektronenmikroskop Phenom ProX der Fa. Phenom World wurden vom Gefüge Aufnahmen mit 500-, 1.000-, 2.000- und 5.000-facher Vergrößerungen angefertigt. Für die XRD-Messung (Reflexion) kam das Pulverdiffraktometer STADI MP der Fa. STOE & Cie zum Einsatz.

(Teil 3 lesen Sie in ZI 3/2024)

Literature / Literatur
[28] R. Vogt, „Möglichkeiten und Grenzen der Energieeinsparung an Tunnelöfen,“ ZI-International, Nr. 9, pp. 16-30, 2011.
[29] D. Hesky, M. Hohmann, K. Stanelle, U. Palzer und B. Leydolph, „Untersuchung der Potentiale einer hydrothermalen Ofenatmosphäre zur Reduzierung der Brenntemperatur und der CO2-Emissionen beim keramischen Brand,“ Abschlussbericht EURONORM - VF 150003, Weimar, 2019.
[30] A. Filounek, „Schutz von Ofenwänden vor Schädigung durch Kondensate,“ Freiberg, 2006.
[31] J. Fieg, „Korrelation der Taupunkttemperatur bei Gasen mit geringem H2SO4 Gehalt,“ Erzmetall, Nr. 4, pp. 188-191, 1986.
[32] TA Luft, „Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft - Erste Allgemeine Verwaltungs-vorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz,“ 24. Juli 2002.
[33] H. Hohmann und W. Müller, „Brennen von Ziegel in Wasserdampfhaltiger Ofenatmosphäre Verfahrensentwicklung Hydrit,“ Ziegeleitechnisches Jahrbuch, pp. 34-69, 1993.
[34] H. Hohmann und S. Klingenberg, „Verbrennungs- und Vergasungsvorgänge beim Ziegelbrand aus kohlenstoffhaltigen Tonen,“ baustoffindustrie, Nr. 5, pp. 150-153, 1986.
[35] F. Rotter und M. Hohmann, „Kohlenstoffausbrand aus Ziegelmassen bei wechselnden Brennatmosphären,“ ZI-International, Nr. 10, pp. 54-61, 2001.
[36] H. Busch, „Dauerbeständigkeit hydritgebrannter Hochlochziegel,“ baustoffindustrie, Nr. 2, pp. 62-64, 1991.
[37] A. Giese, T. Nowakowski, T. Schneider, E. Rimpel, M. Martl und T. Bem, „Energieeffizienzsteigerung durch die Nutzung heißer Kühlluft mit einem neuen Verbrennungskonzept,“ ZI-International, Nr. 6, pp. 18-31, 2020.
[38] B. Streibl, „Strömungsberechnung und Simulation. Technischer Bericht für Fa. Wienerberger,“ 2013. [Online]. Available: https://docplayer.org/4025959-Thuernlhofstrasse-5-8-809-1110-wien-t-43-660-405-67-92-e-bernhard-streibl-drs3-at.html. [Zugriff am 23 02 2022]
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