Reisen bildet

Es ist eine allgemein bekannte Tatsache, dass Reisen den Horizont erweitert. Die gewonnenen Erfahrungen im Ausland führen häufig dazu, dass man Dinge im eigenen Land höher zu schätzen weiß. So ging es mir bei einem Urlaub in den Südwesten der Vereinigten Staaten. Augenfällig für jeden Mitteleuropäer ist die größtenteils fehlende Baukultur. Bei einer Reise durch das Land der unbegrenzten Möglichkeiten hat man in dieser Hinsicht nur wenige positive Eindrücke. Abgesehen von den Innenstädten, etwa von San Francisco und teilweise hermetisch abgeriegelten Siedlungen der Gutbetuchten, gibt es eine breite Masse von billigen und billigsten Wohnhäusern. Angefangen von besseren Wohnwagen über mobile Häuser hin zu den Standard-Wohnimmobilien. Aus dem Blickwinkel eines Bewohners der alten Welt machen auch diese ganz normalen Bauten einen eher dürftigen Eindruck. Die tristen Holzhäuser schreien fast alle nach einem neuen Farbanstrich und die Bitumenschindeln auf den Dächern tragen zu dem billigen Eindruck des Gebäudes bei.

Wie schön ist dazu im Vergleich eine mittel- oder südeuropäische Dachlandschaft aus Ziegeldächern oder der Anblick einer alten Hafenstadt aus der Zeit der Backsteingotik. Wir müssen alle dafür kämpfen, dass auch der zukünftigen Generation dieses Kulturgut erhalten bleibt. Dies ist keine Selbstverständlichkeit, denn auch in Europa steht die Ziegelbauweise unter erheblichem Druck. Unter dem Deckmantel des Fortschritts werden Bauweisen propagiert, die sich denen im Westen der USA annähern. Man muss sich nur einmal das sogenannte Plus-Energie-Haus ansehen, das vom Bundesbauministerium auf Wanderausstellung durch Deutschland geschickt wird und sehr an eine Holzbaracke erinnert. Wenn wir nicht aufpassen, wird dieser Trend hin zu techniküberfrachteten, seelenlosen Bauten weitergehen. Unter dem Deckmantel der Nachhaltigkeit versucht die Holzindustrie ihren Baustoff zu platzieren. Die laufenden Verschärfungen der Energieeinsparverordnung werden zum Vorwand genommen, die Häuser mit Technik vollzustopfen und die Verpflichtung des Einsatzes alternativer Energien führt dazu, dass die Dachlandschaften immer mehr mit Solarelementen verschandelt werden.

Wir haben als Branche meines Erachtens die Aufgabe, gemeinsam mit anderen Interessengruppen dafür zu sorgen, dass diese kulturelle Leistung vergangener Generationen erhalten bleibt und weiter gepflegt wird – nicht nur, um dadurch den Absatz unserer Produkte zu fördern, sondern auch um den zukünftigen Generationen ein Stadtbild zu erhalten, das dem Auge Freude macht und in dem es sich zu leben lohnt.

 

Martin Roth  

Hauptgeschäftsführer 

Bundesverband der Deutschen Ziegelindustrie e.V.

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