Passivhaus-Standard mit zweischaligem Ziegelmauerwerk

Bürogebäude in denkmalgeschützter Hofstelle

Die Außenwand eines Passivhauses bedarf nicht zwangs­läufig eines Wärmedämm-Verbundsystems – zumindest beim Einsatz von hochwärmedämmenden Mauerziegeln. Ein in Ziegelbauweise errichtetes Bürogebäude in einer denkmal­geschützten Hofstelle in Essenbach (Niederbayern) nord­östlich von Landshut stellt dies unter Beweis: Das zweischalige Mau­erwerk besteht aus mit Dämmstoff gefüllten Unipor-Ziegeln, die von der Leipfinger-Bader KG (Buch am Erlbach) hergestellt wurden. Mit einem sehr geringen Wärme­durchgangskoeffizienten (Uw) von nur 0,11 W/m²K trägt das Mauerwerk wesentlich zum nachgewiesenen Passiv­hausstandard bei. Die beidseitig verputzte Außenwand von 79 Zentimetern passt sich der Dicke des Ziegelmauerwerks des historischen Haupthauses an.

Hohe Energieeffizienz, schonender Umgang mit den Ressourcen und die Umsetzung attraktiver Architektur stellen für den Architekten Rudi Prock (Essenbach) Eckpunkte seiner Arbeit dar. Für sein im Jahr 2008 errichtetes Bürogebäude im Passivhausstandard ließ er sich mit der Wahl des Baugrundstückes auf eine ganz spezielle Herausforderung ein. Der Standort war eine alte denkmal­geschützte Hofstelle im Essenbacher Ortsteil Mirskofen mit teilweise noch vorhandener Bausubstanz aus dem Jahr 1589.

 

Mauerwerk, Holz und Glas

Die Einbindung des Neubaus in das historische Gebäude­ensemble erforderte zwangsläufig eine Abstimmung des Entwurfes und der verwendeten Materialien mit der zuständigen Denkmalschutzbehörde. „DieZusammenarbeit mit dem Denkmal­amt war zeitraubend aber auch fruchtbar“, betont Prock.

Das Bürogebäude mit seinem Satteldach überzeugt durch eine einfache Formensprache und der gelungenen Verknüpfung von traditionellen und modernen Baustoffen. Die traditionelle Trag­konstruktion des Daches als Pfettendach wird konsequent umgesetzt und die Decken längsseitig gespannt. Ein mit einer horizontal profilierten Holzschalung verkleidetes Zwischen­gebäude sorgt für die harmonische Anbindung an das Haupthaus. Die Holzschalung nimmt Bezug zu den gegenüberliegenden Holzblockbauten auf und setzt durch eine feine Profilierung eigene optische Akzente. Die Verkleidung bildet gleichzeitig einen ästhetisch wirkenden Kontrast zu den Glas- und Putzflächen des Bürogebäudes.

Die Erschließung der in leichter Hanglage errichteten Gebäude erfolgt vom Hofplatz  aus. Zwei vorhandene Eschen flankieren den zurückgesetzten Eingangsbereich und sorgen gleichzeitig für einen natürlichen Sonnenschutz. Das Erdgeschoss mit Empfang und Archiv wird durch die im Eingangsbereich raumhoch angeordneten Fenster erhellt. Die Arbeitsräume befinden sich im Dachgeschoss, wo Fensterbänder auf den Gebäudelängsseiten eine hohe Tageslichtdurchflu­tung garantieren.

 

Granulatgefüllte Wärmedämmziegel

Ein zentrales Entwurfsziel stellte der zu erreichende Passivhaus­standard dar. „Auf Anfrage bekamen wir vom Ziegelhersteller, den Ziegelwerken Leipfinger-Bader, die Zusage, dass eine zwei­schalige Außenwand mit jeweils 36,5 Zentimeter dicken Schalen aus gefüllten W08 Coriso-Ziegeln den von uns vorgegebenen Wärmedämmwert von 0,11 W/m²K für das Bürogebäude problem­los erreicht“, erläutert Prock.

Ein solch hoher Anspruch an den baulichen Wärmeschutz wäre mit einem Mauerwerk noch vor ein paar Jahren ohne Zusatzdämmung schwierig umzusetzen gewesen. Mittlerweile haben die Ziegelindustrie und insbesondere die Unipor-Ziegel-Gruppe durch die Entwicklung ihrer Ziegel mit Coriso-Technologie einen technologischen Quantensprung beim Wärmeschutz vollzogen. Die geringe Wärmeleitfähigkeit, bei den Ziegeln der neuesten Generation sogar nur 0,07 W/(mK), erzielt der Ziegel durch seine wärmedämmende Mineralgranu­latfüllung (λ=0,04 W/(mK)) sowie sein ausgefeiltes Lochbild.

„Ein ausschlaggebender Pluspunkt war für mich außerdem die hohe Wärmespeicherfähigkeit des Ziegelmauerwerks“, erklärt Prock. „Damit trägt der Wandbaustoff erheblich zum energie­sparenden Hitzeschutz im Sommer und zu einer Reduzierung der Heizlast während der kühleren Monate bei“. Aufgrund der temporären Zwischenspeicherung von Sonnenwärme erforderte die Einhaltung der nach der DIN 4108-2 zulässigen Grenzwerte für die sommerliche Raumtemperatur keine aufwändigen Sonnenschutzeinrichtungen.

 

Unproblematische Verarbeitung

Bei der Ausführung des zweischaligen Mauerwerks aus Unipor-Ziegeln mit Coriso-Technologie (Zulassung Z-17.1-935) – mit einer dazwischen liegenden Luftschicht von zwei Zentimetern – wurde zuerst die äußere Schale hochgezogen. Im Nachgang erfolgte die Errichtung der Innenschale. Im Bereich der Deckenauflager wurden beide Schalen über in der Mörtelfuge eingelegte Flachstahlanker miteinander verbunden. Die inklusive Innen- und Außenputz erreichte Gesamtdicke von 79 Zentimetern entsprach in etwa auch den Abmessungen des Ziegelmauerwerks des Haupthauses, so dass auch aus denkmalpflegerischer Sicht eine optimale Außenwandlösung für die Neubauten entstand.

Die von den Leipfinger-Bader-Werken hergestellten W08 Coriso-Ziegel (DF 12) unterschieden sich in ihrer Verarbeitung nicht von traditionellen Unipor-Ziegeln und konnten trotz der Füllung problemlos geschnitten, geschlitzt oder angebohrt werden. Sie ließen sich durch das Unipor-Mauertec-System, bestehend aus dem Mörtelschlitten „unimaxX“, dem Maxit-Dünnbettmörtel 900 D und dem Handrührgerät „unimixX“, sehr zügig verlegen. Eine Stoßfugenvermörtelung war aufgrund der Verzahnung der Stirnseiten nicht erforderlich. Gegenüber herkömmlichem Blockziegel-Mauerwerk wurde rund 30 Prozent Verlegezeit eingespart.Dank der planebenen Lagerflächen des Ziegels mit Coriso-Technologie reichte eine deckelnde Lagerfuge von drei Millimeter Dicke aus. Dadurch reduzierte sich der Mörtelverbrauch im Vergleich zu Mauerwerk mit Normalfugen um circa 75 Prozent.

Passivhaus-Nachweis nach PHPP

Die Gebäudeplanung und die Projektierung der Bau­teile erfolgten ebenso wie der rechnerische Energie­bedarfsnachweis mit Hilfe des Passivhaus Projektie­rungs Pakets (PHPP). Die Tabellen-Kalkulations­mappe und das dazugehörige Handbuch des Passivhaus-Institutes aus Darmstadt sind für Planer unver­zichtbare Hilfsmittel bei der Projektierung von Passiv­häusern. Neben entsprechend hohen Wärmedämm­werten von Boden, Dach und Fenstern orientierte sich auch die Auslegung der Haustechnik an den Pla­nungs-Tools des PHPP.

Johannes Thumann sah eine balancierte Passivhauslüftung mit Erdreich-Wärmeübertrager vor. Erzeugte Solarwärme und eine bedarfsabhängige, direkte Warmwasser­erzeugung über einen Pufferspeicher tragen unter anderem zur Heizenergieeinsparung bei, so dass sich der nachgewiesene jährliche Energiebedarf für die Fußboden- und Deckenheizung auf 14 Kilowattstunden pro Quadratmeter reduziert. Damit ist ein zentrales Kriterium des Passivhauses erfüllt: Der jährliche Heizenergiebedarf muss dabei unter 15 Kilowattstunden pro Quadratmeter liegen. Der errechnete Primärenergiebedarf für Heizung, Warmwasser, Hilfs- und Haushaltstrom beschränkt sich bezogen auf die Nutzfläche auf jährlich 113 Kilowattstunden pro Quadratmeter.

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