03.02.2010

Sachsens erstes Passivhaus mit einschaliger Ziegelfassade

Zertifiziertes Passivhaus: Mauerziegel besteht Praxistest

Interessant für Bauherren und Architekten: Passivhäuser benötigen auch bei monolithischer Ziegelbauweise für ihre Fassaden keine zusätzliche Wärmedämmung mehr. Die hohen Anforderungen an den baulichen Wärmeschutz können beim Einsatz hochwärmedämmender „Unipor W07 Coriso“-Planziegel problemlos mit einschaligem Mauerwerk verwirklicht werden, wie das Passivwohnhaus von Heike und Andreas Menschel in Dresden beweist. Das erste mit einschaligen Ziegelaußenwänden erstellte Passivhaus in Sachsen erreicht dank des verwendeten Dämmziegels einen Wärmedurchgangswert (U-Wert) von nur 0,14 W/m²K. Es liegt damit unter dem Passivhaus-Richtwert des Wärmeschutzes der Gebäudehülle von 0,15 W/m²K. Möglich macht dies die Dämmstoff-Füllung aus natürlichen Mineralgranulaten im Ziegel-Inneren, die für eine extrem hohe Wärmedämmung sorgt.

 

Das Haus von Familie Menschel ist eines von fünf im Jahr 2009 errichteten, freistehenden Einfamilienhäusern einer Bauherren­gemeinschaft in Dresden-Neustadt. Ihr Grundstück weist eine zum Garten hin fallende Hanglage auf. Alle Häuser der Bauherrengemeinschaft wurden von dem Dresdner Architekten Olaf Reiter entworfen. Er konnte die Bauherren bezüglich des Baukörpers von einer gemeinsamen Grundstruktur überzeugen. Fassaden und Grundrisse wurden ansonsten nach den unterschiedlichen Wünschen individuell gestaltet, so dass kein Haus im Detail dem anderen gleicht.

 

Das zweigeschossige Haus wird äußerlich geprägt durch ein verputztes Erdgeschoss und ein auskragendes Obergeschoss mit hinterlüfteter Vorhangfassade. Den oberen Abschluss bildet ein Flachdach. Durch die Hangsituation öffnet sich das Kellergeschoss zum Garten hin und kann dadurch zum Teil auch als Einliegerwohnung genutzt werden. Auffällig sind die großzügigen Verglasungen nach Süden und Westen. Durch eine Pfosten-Riegel-Glasfassade und großflächige Fenster ergeben sich sowohl freie Ausblicke in den Garten wie auch hohe passive Sonnenenergie-Gewinne. Das Gebäudeinnere wird bestimmt durch den großen, teilweise zweigeschossigen Wohnraum mit integrierter Treppe zum Obergeschoss. Den Luftraum im Obergeschoss überspannt dabei eine leichte Stahlbrücke.

 

Passivhaus-Wärmeschutz ohne Zusatzdämmung

 

Der für das angestrebte Passivhaus zu erzielende bauliche Wärmeschutz sollte auf Wunsch des Ehepaars Menschel mit dauerhaft hochwertigen Außenwänden ohne zusätzliche Wärmedämmung erreicht werden. Der Architekt empfahl für die Gebäudehülle den im Jahr 2009 neu auf den Markt gekommenen „Unipor W07 Coriso“ der Ziegelwerke Leipfinger-Bader (Vatersdorf, Niederbayern). Die für einen Mauerziegel sehr geringe Wärmeleitfähigkeit (ʎ=0,07 W/(mK)) erzielt der innovative Planziegel durch ein ausgefeiltes Lochbild und eine wärmedämmende Mineralgranulat-Füllung (ʎ=0,04 W/(mK)). Der Einsatz des Ziegels ist seit November 2008 durch eine Ergänzung der bauaufsichtlichen Zulassung Z-17.1-935 für Unipor-Planhochlochziegel auch baurechtlich abgesichert. Der Hausentwurf des Architekten sah – entsprechend dem für ein Passivhaus geforderten Wärmeschutz (U = 0,15 W/m²K) – ein 49 Zentimeter dickes Coriso-Mauerwerk für das Sockelgeschoss vor. Damit war für die mit einem Mineralputz verputzten Außenwände ein ausreichender Wärmedurchgangskoeffizient von nur 0,14 W/(m²K) gewährleistet. Im Obergeschoss entschied man sich in Abstimmung mit den Bauherren für ein 36,5 Zentimeter dickes Mauerwerk aus Coriso-Ziegeln mit hinterlüfteter Vorhangfassade und 120 Millimeter Mineralwolledämmung (U= 0,12 W/m²K).

 

Hintergrund: Bei Passivhäusern handelt es sich um Gebäude, die vor allem aufgrund ihrer sehr hohen Wärmedämmung keine klassische Heizung mehr benötigen und trotzdem ein Höchstmaß an Wohnkomfort gewährleisten. Die Objekte werden „passiv“ genannt, weil der überwiegende Teil ihres Wärmebedarfs aus „passiven Quellen“ wie zum Beispiel Sonneneinstrahlung und Abwärme von Personen sowie technischen Geräten gedeckt wird. Passivhäuser kommen mit maximal 15 Kilowattstunden Heizenergie pro Quadratmeter und Jahr aus. Die erforderlichen Passivhaus-Technologien, wie zum Beispiel wärmebrückenfreie Wärmedämmung und winddichte Gebäudehülle, schützen die Bausubstanz und machen kostspielige Modernisierungs­maßnahmen überflüssig.                                                                       

 

Das hochwärmedämmende Mauerwerk wird in der Gebäudehülle durch Passivhaus geeignete Dreifach-Warmverglasung von Fenstern und Glasfassade sowie eine 35 Zentimeter dicke EPS-Dachdämmung wärmedämmtechnisch gleichwertig ergänzt. Die installierte Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung und eine Solaranlage zur Wärmeerzeugung gehören zu den typischen Komponenten eines Passivhauses. Als Heizquelle fungiert ein Pellet-Designofen im Wohnraum. Er beheizt den Raum direkt und produziert – in einem Wärmespeicher zwischengespeichert – die Heizwärme für die eingebaute Fußbodenheizung.

Verlegezeit um 30 Prozent reduziert

 

Auf der Baustelle ließ sich der gefüllte Ziegel ebenso zügig verarbeiten wie übliche porosierte Unipor-Planziegel. Das Bau­unternehmen Uwe Risse (Klipphausen) nutzte bei der Mauerwerkserstellung zur Kosteneinsparung das vom Ziegelhersteller Leipfinger-Bader zur Verfügung gestellte Unipor-Mauertec-System. Durch den Einsatz des Mörtelschlittens „unimaxX“ und dem Maxit-Dünnbettmörtel 900 D konnte gegen­über herkömmlich erstelltem Mauerwerk die Verlegezeit um rund 30 Prozent verringert werden. Dank der planebenen Lagerflächen des Coriso-Ziegels reichte eine deckelnde Lagerfuge von drei Millimeter Dicke aus. Dadurch reduzierte sich der Mörtelverbrauch im Vergleich zu Mauerwerk mit Normalfugen um circa 75 Prozent.

 

Der angestrebte hohe Wärmeschutz erforderte eine Minimierung von Heizenergie zehrenden Wärmebrücken. „Hierbei war der vom Ziegelhersteller zur Verfügung gestellte Wärmebrückenkatalog besonders hilfreich“, betont Reiter. „Die als PDF-Datei vorliegenden Bemessungsgrundlagen und Detailzeichnungen über die wesentlichen Anschlussdetails eines Passivhauses halfen bei der optimalen Planung und luftdichten Ausführung auf der Baustelle“. Der Wärmebrückenkatalog beruhte unter anderem auf den vom Darmstädter Passivhaus-Institut sehr detailliert berechneten Wärmeschutznachweis bei einem mit Unipor W07 Coriso-Ziegeln erbauten Musterhaus. Die ermittelten Werte führten zur Zertifizierung des W07 Coriso-Wandsystems als Passivhaus geeignete Systemkomponente.

 

Hintergrund: Der Begriff „Coriso“ (Core=Kern, Iso=Isolation) umschreibt eine einzigartige Verfüll-Technologie, bei der die Dämmstoff-Füllung aus Mineralgranulaten in die filigranen Lochbilder klassischer Mauerziegel integriert werden können. Das Ergebnis sind hochwärmedämmende Planziegel, die höchsten Energie-Standards gerecht werden. Da der ursprüngliche Planziegel bei diesem Verfahren erhalten bleibt, ist auch seine Verarbeitung auf der Baustelle in gewohnter, traditioneller Weise möglich. Die Dämmstoff-Füllung wird aus natürlichem Basaltgestein gewonnen und ist frei von Lösungsmitteln oder Schadstoffen. Der in Dresden verbaute „Unipor W07 Coriso“ zählt zu den Top-Produkten in seinem Segment – er wirkt so hochwärmedämmend, dass ein aufwändiges Wärmedämm-Verbundsystem (WDVS) auch bei den hohen energetischen Anforderungen an ein Passivhaus entfallen kann. Für den passivhausgerechten Einsatz der gefüllten Mauerziegel bietet der Hersteller, die Leipfinger-Bader KG, zudem einen Wärmebrückenkatalog zur Projektierung an. Die niederbayerischen Ziegelwerke sind damit weltweit der einzige Hersteller von Mauerziegeln, der ein zertifiziertes Bausystem für Passivhäuser anbieten kann.                                                                

 

Zuschuss und Behaglichkeit inklusive

 

Das im Dezember 2009 fertig gestellte Wohnhaus hatte durch den neuartigen „Passivhaus-Ziegel“ und die einschalige Bauweise Modellcharakter. Es konnte damit nach dem zu Baubeginn geltenden sächsischen Passivhaus-Förderprogramm bezuschusst werden. Mittlerweile werden neu erbaute Passivhäuser in Sachsen generell mit 100 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche bezuschusst. Die Entscheidung für ein Passivhaus rechnet sich für Bauherren allerdings auch ohne Zuschuss mittelfristig durch die eingesparten Energiekosten. So verbraucht ein Passivhaus im Vergleich zu einem Niedrigenergiehaus rund 80 Prozent weniger Heizenergie.

 

Wie das Haus von Familie Menschel beweist, muss dafür nicht auf die schon klassischen Vorzüge der monolithischen Ziegelbauweise verzichtet werden. Die bekannten Pluspunkte, wie beispielsweise ein garantiert angenehmes Raumklima und eine dauerhaft hochwertige Gebäudehülle, gibt es quasi als zusätzliche Qualität inklusive. Von der Wert erhaltenden Ziegelbauweise und wohnbehaglichen Atmosphäre des Hauses konnten sich bereits kurz vor Fertigstellung zahlreiche neugierige Besucher überzeugen – anlässlich eines Tages der offenen Tür im November 2009.

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