Herausforderungen und Entwicklungsperspektiven einer klimaschonenden Ziegelindustrie
Am 21. und 22. September informierte das Institut für Ziegelforschung Essen e.V. rund 50 Teilnehmer aus Deutschland und mehreren Nachbarländern mit zahlreichen Vorträgen zur zentralen Thematik „Herausforderungen und Entwicklungsperspektiven einer klimaschonenden Ziegelindustrie“.
Mit einer Begrüßung der Teilnehmer eröffnete der stellvertretende Institutsleiter Eckhard Rimpel die Vortragsreihe, die von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des IZF sowie zwei Gastreferenten gestaltet wurde. Dabei ging Dipl.-Ing. Rimpel auf die politischen Herausforderungen und die Roadmap 2050 ein. Die Beteiligung im Hotel Essener Hof war wie in den Vorjahren erfreulich hoch.
In seinem einführenden Exkurs in das „Förderprogramm „Dekarbonisierung in der Industrie“ ging Sebastian Varga vom Kompetenzzentrum Klimaschutz in energieintensiven Industrien (KEI) u. a. auf mehrere konkrete Fallbeispiele sowie die verschiedenen Fördermöglichkeiten und -mittel ein.
Im Anschluss ging Dipl.-Ing. Silke Sabath auf die Energieeffizienzsteigerung bis hin zur Dekarbonisierung der Ziegelindustrie ein und betrachtete dabei den Ist-Zustand, die eigentliche Effizienzsteigerung und die Nutzung von staatlichen Förderprogrammen.
Alternative Brennstoffe zur Dekarbonisierung
Im ersten Nachmittagsvortrag referierte Dipl.-Ing. (FH) Alexander Winkel M.Sc. über den Einfluss mineralischer Additive auf das Trocknungsverhalten und die Produkteigenschaften von Ziegeln. Einer der Schwerpunkte war die Betrachtung der Packungsdichte von Kugeln und von Ziegelmassen.
Dipl.-Ing. Michael Ruppik erläuterte danach die schwindungsbedingte Verformung bei der Trocknung und ging detailliert auf die Schwinddifferenzen, Spannungen und Festigkeitsentwicklung sowie das Rechenprogramm ZiTro ein. Die Energieeinsparung bei der Trocknung durch ein neuartiges Trocknungskonzept (Niedrigenergiedurchlauftrockner) thematisierte Dr. Arman Rahimi.
Den letzten Vortragsblock eröffnete Dr. Rigo Giese mit einem Ausblick auf die Herkunft und Nutzbarkeit alternativer Brennstoffe zur Dekarbonisierung. Einen wichtigen Aspekt stellten dabei die verbrennungstechnischen Eigenschaften im Vergleich dar, außerdem wurde der Wasserstoff als Energieträger der Zukunft betrachtet.
Zum Abschluss des ersten Seminartages berichtete Dipl.-Ing. Eckhard Rimpel über eine spezielle Innenbeschichtung von Ofenräumen zur Energieeinsparung sowie in einem zweiten Vortragsteil über prozessbedingte Emissionen aus Rohstoffen im Hinblick auf den Emissionshandel. In einer Rohstoffanalyse verglich der stellvertretende IZF-Institutsleiter Klinker-/Vormauerziegeltone, Hintermauerziegel-Tone und Dachziegeltone; darüber hinaus wurden die Kohlenstoffgehalte in Fangstoffen analysiert.
Im Anschluss an den ersten Vortragstag trafen sich die Teilnehmer zu einem gemütlichen Beisammensein im IZF, wo es traditionsgemäß Gelegenheit zum Informationsaustausch gab.
Rohstoffe für mineralische Bindemittel
Der zweite Seminartag startete mit einem weiteren Vortrag von Dipl.-Ing. (FH) Alexander Winkel M.Sc. über die Verwendung niedrig gebrannter Ziegel als Rohstoffe für mineralische Bindemittel. Der Hauptfokus lag auf der Charakterisierung verschiedener Ziegelrohstoffe und dem Einsatz von Ziegelmehl in Zement bzw. Geopolymeren.
Im Anschluss beantwortete Dipl.-Ing. Sandra Petereit im Rahmen ihres Referates Baustoffrecycling und Nachhaltigkeit wichtige aktuelle Fragen wie „Warum Recycling?“, „Warum Nachhaltigkeit?“, „Warum Verwertung von alten Baustoffen?“ oder „Was genau ist ‚Cradle to Cradle‘?“.
Dipl.-Ing. Andreas Kleemann referierte über die internationale Entwicklung im Klimaschutz, den Klimawandel und seine Folgen, urbanes Mikroklima (Stadtklima) und die Klimafolgenanpassung durch Gebäudebegrünung. Unmittelbar im Anschluss stellte ebenfalls Dipl.-Ing. Kleemann Vegetationssubstrate auf Basis von Ziegelbruch und die Wirkung von Gründächern auf das Gebäude vor.
Gastreferent Dr. Dieter Figge von der Initiative Pro Massiv präsentierte einen Faktencheck zum Thema „Natürlich massiv“ und betonte, dass der Baustoff Ziegel keinen Nachhaltigkeitsvergleich mit dem in Teilen der Öffentlichkeit leider immer noch häufig als ökologischer angesehenen Material Holz scheuen muss.
Über Untersuchungen zur Out-of-Plane-Tragfähigkeit von Ziegelmauerwerk bei Erdbeben referierte Lars Etscheid M.Sc. im letzten Vortrag der Veranstaltung, darunter über die Entwicklung eines neuartigen analytischen Berechnungsmodells und experimentelle Untersuchungen an Wänden aus Ziegelmauerwerk (siehe auch Fachbeitrag in ZI 5/2021 S. 16 ff.).
Mit einem gemeinsamen Mittagessen endete die Veranstaltung. Das nächste IZF-Seminar wird voraussichtlich am 13. und 14. September 2022 in Essen stattfinden.