IZF-Seminar 2023: Ziegelherstellung und -anwendung
Auch in diesem Jahr fand am Institut für Ziegelforschung in Essen e. V. (IZF) das traditionelle IZF-Seminar statt. Rund 50 Fachleute aus der Ziegel- und Zulieferbranche nahmen am 19. und 20. September 2023 an der Veranstaltung, die dieses Mal unter dem Titel „Ziegelherstellung und -anwendung“ stand, teil. Tagungsort war wie schon in den letzten Jahren da Hotel Essener Hof.
Vorträge des ersten Tages
Der stellvertretende Institutsleiter Eckhard Rimpel begrüßte die Teilnehmer und kündigte bei der Beschreibung der diesjährigen Seminarthemen ein Déjà-vu an. Das erkläre sich schlicht damit, dass die Themen Energieeffizienz, Rohstoffe, additive Verfahrenstechnik und Bauphysik gleich aktuell bleiben würden. Herzlich begrüßte Rimpel Heiner Kruse, M. Sc., von der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau als Gast, der ein gemeinsam mit dem IZF durchgeführte Projekt vorstellen werde.
Im ersten Fachvortrag des Seminars, „Übersicht über Fördermöglichkeiten zur Energie- und Ressourceneffizienz“, stellte Marzieh Nourbakhsh die „Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft – Zuschüsse und Kredite“ des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle sowie die Klimaschutzverträge des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz vor.
Um neue Regeln und Bedingungen im Emissionshandel ging es im zweiten Vortrag. Eckhard Rimpel ging auf die Aktualisierung der novellierten Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (RED III), Regelungen beim Einsatz von Kohle, das Zusammenwirken des EU-Emissionshandelssystem (EU-ETS) mit dem nationalen Emissionshandelssystem (nEHS) sowie das Best Available Techniques Reference Document (BREF) ein.
Im Anschluss stellte Dr. Rigo Giese unter dem Titel „H2-Ziegel: Wasserstoff als Brennstoff“ die Ergebnisse des Forschungsprojektes H2-Ziegel vor. Getestet wurden Klinker, Dachziegel und Hochlochziegel. Die Auswertung ergebe, dass brenntechnisch und produktbezogen Wasserstoff keine oder keine gravierenden Probleme darstelle. Die eigentliche Hürde bestehe in der wirtschaftlichen Bereitstellung von grünem Wasserstoff. (Sehen Sie zum Projekt H2-Ziegel auch die Meldung des Projektbeteiligten Hagemeister GmbH auf S. 40f.)
Giese diskutierte in einem zweiten Vortrag die sachlich naheliegende Frage nach dem Einsatz von Ammoniak als Brennstoff. Aktuell läuft dazu ein Forschungsprojekt in Kooperation mit dem Gas- und Wärmeinstitut Essen. Ammoniak sei im Unterschied zu Wasserstoff zwar leichter transport- und lagerfähig. Allerdings gebe es noch viel Klärungsbedarf, bevor der Einsatz in der Ziegelindustrie möglich sei, bspw. zur Bildung von Stickoxid-Emissionen, zu instabiler Zündung und Verbrennung sowie zum Einfluss auf Produktqualitäten.
Nach der Mittagspause stellte Denny Matthew Alex ein Prozessmodell Tunnelofen vor und diskutierte dessen Einsatzzweck und Simulationsergebnisse. Das vorgestellte Modell bildet das Temperaturprofil von Dachziegeln entlang des Tunnelofens und der darin stattfindenden Prozesse dar. Im Vortrag erläuterte Alex die Modellierungs- und Vereinfachungsschritte zur Entwicklung des Modells. Anhand mehrerer Beispiele illustrierte er die Einsatz- und Erkenntnismöglichkeiten nummerischer Simulation, z. B. wie sich der Energiebedarf bei höherer Verbrennungslufttemperatur verringert und welchen Einfluss die Dachziegel-Konfiguration auf die Massendurchsätze hat.
Um „Elektrifizierung von Tunnelöfen im Bestand – Lösungen und Herausforderungen“ ging es im dritten Vortrag von Dr. Rigo Giese. In einem Elektroofen bestehe die Herausforderung darin, dass die wesentlichen Wärmeübertragungskomponeten, Konvektion durch den Brenner und Strahlung des Verbrennungsgases, wegfallen. Er diskutierte die derzeitigen Temperaturgrenzen von Umwälzern und Heißlufterzeugern, Forschungsrichtungen zu deren Optimierungen sowie den Einsatz von Heizelementen. Für eine Verringerung der CO2-Emissionen sei die Verfügbarkeit von grünem Strom allerdings entscheidend. Die Nutzung des heutigen Strommix erzeuge mehr CO2 als der Einsatz einer Mischung von Erdgas und Wasserstoff.
Marius Rimpel präsentierte Ergebnisse des Forschungsprojekts HoTempLa. Ein neues Transportsystem auf der Basis von Hochtemperaturlagern erlaube ein energieeffizienteres Brennen von Ziegeleiprodukten im Tunnelofen. Durch innenliegende Hochtemperaturlager verringere sich der Ausfahrverlust über den Tunnelofenwagen. Rimpel erläuterte den genutzten Werkstoff Siliciumnitrid, die Entwicklungsschritte hin zu einem mechanischen Modell und die Versuchsergebnisse.
Den Einfluss von Trockner-
atmosphäre und Probengeometrie für die Niedrigenergietrocknung erkundete der erste Vortrag von Alexander Winkel. Anhand der Ergebnisse von Trocknungsversuchen verschiedener Ziegel unter verschiedenen Temperaturen, relativen Luftfeuchtigkeiten und Strömungsgeschwindigkeiten erweise sich, dass eine planbare Trocknung mit Umgebungsluft möglich sei.
Winkel hielt auch den Folgevortrag „Rekonstruktion eines römischen Fußbodens für den Archäologiepark Xanten“. Dabei erläuterte er die drei Arbeitsschritte, nämlich Analyse des Ziegels, des Bindemittels und des Verhältnisses von Bindemittel zu Ziegel, und stellte die Ergebnisse dar. Auch auf die Probleme bei der Rekonstruktion ging er ein, u. a.: Welcher Estrich ist der Richtige? Wie genau kann und soll, angesichts besserer Rohstoffe und Verfahren, der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt werden?
Zum Abschuss des ersten Tages referierte Eckhard Rimpel über die Verwendung von Additiven zur Senkung des Energiebedarfs. Angesichts der bereits erzielten Energieeffizienzsteigerungen sei eine Reduktion von CO2- und anderen Schadstoffemissionen vorerst nur durch eine Änderung der Betriebsmischung möglich. Rimpel stellte Versuchsergebnisse mit verschiedenen Additiven vor. Bei reduzierter Brenntemperatur sorgten diese für die gleiche Festigkeit im Produkt und eine Verringerung prozessbedingter Emissionen.
Danach ging es für viele der Teilnehmenden zum traditionellen Umtrunk auf das Institutsgelände in Essen-Kray. Dem wenig einladenden Wetter bot ein Festzelt im Hof, dem Hunger ein reichhaltiges Büffet erfolgreich Einhalt. Wie auch in den vergangenen Jahren führten die Institutsmitarbeiter interessierte Besucher durch die Werkstätten und präsentierten und erläuterten die Versuchsstände und -aufbauten.
Vorträge des zweiten Tages
Heiner Kruse leitete mit dem Vortrag „Feuerwiderstand bei teilflächig belasteten Bauteilen“ das Programm des zweiten Tages ein. Ziel des Projektes, dass er beschrieb, ist, die Einsatzmöglichkeiten von monolithisch wärmedämmendem Ziegelmauerwerk zu erweitern. Dazu fehlen Erkenntnisse, wie moderne, wärmedämmende Hochlochziegel bei einfach- und doppelexzentrischer Belastung im Brandfall sich verhalten. Er beschrieb das Projekt, die Versuche und die ersten Ergebnisse des noch laufenden Projektes.
Akash Nagaraj referierte im Anschluss über Maßnahmen zu Verbesserung des Stadtklimas. Das entsprechende Projekt befasste sich mit der Frage, welchen Einfluss Baumaterialien auf die Bildung von Wärminseln in urbanem Gebiet haben. Nagaraj beschrieb ausführlich die dafür betriebene parametrische Studie mit der Software ENVIMET. Dabei habe sich eine deutliche Abhängigkeit er Lufttemperatur vom Reflexionsgrad des Baumaterials ergeben.
Material- und Bauteiluntersuchungen mit optischer Messtechnik stellte Mislina Tavli in seinem Vortrag vor. Neben einer allgemeinen Einführung in die Methode optische Messung stellte er verschiedene 3D-Messysteme vor und demonstrierte deren Funktionsweise und Verwendung auf der Grundlage mehrerer durchgeführter Versuche: u. a. zur Erfassung der Wirkung bei Simulationen von Erdbebenlasten, bei Brand-Druck-Versuchen, Versuchen zur Druckfestigkeit von Ziegeln, 3-Punkt-Biegeversuchen oder der Messung von Verformungen bei Trocknung.
Tavli hielt auch den nächsten Vortrag und sprach über Schallmessung und Raumakustik. Er informierte zunächst über die physikalischen, gesetzlichen und begrifflichen Grundlagen von Schallschutz und Schalldämmung. Dann erläuterte er DIN 4109 und die schallschutztechnischen Nachweisnormen DIN EN ISO 16283-1 und DIN EN ISO 16283-2 und ging ausführlich auf Methoden und Instrumente der Tritt-, Luft- und Fassadenschalldämmung ein.
Nach der Kaffeepause berichtete Alexander Winkel über die Verwendung von ziegelreichen Brechsanden in Portlandpuzzolanzementen. Er diskutierte die Herkunft von ziegelreichem Abbruchmaterial und, dass sich Mauerwerksbruch mittels Farbmessung charakterisieren lasse. Den Einsatz von Ziegelmehl in Portlandzement diskutierte er anhand von Ergebnissen zweier Forschungsprojekte: u. a. des Energiebedarfs für die Mahlung von Mauerwerk sowie, dass eine Korrelation zwischen der Farbe des Brechsandes und dessen Ziegelgehalt, aber nicht dessen puzzolanischen Aktivität besteht.
Eckhard Rimpel informierte daraufhin, in Vertretung für Sandra Petereit, über Recyclingwege von Ziegeln durch gezielte Sortierung. Dazu stellte er die geltenden gesetzlichen Vorgaben in Europa, dem Bundesgebiet und den -ländern vor und Beispiele vor. Zwei davon waren die Wiederverwertung in Form aufbereiteter Altziegel und Forschungen zur sortenreinen Sortierung von Abriss- und Ziegelbruch, bspw. das IZF-Projekt „Intelligente Sortierung von Mauerwerk mit Hilfe von maschinellen Lernmodellen“.
Dem Einfluss von Organik auf die Brennkurve widmete sich Alexander Winkel im letzten Vortrag des IZF-Seminars. Beim Ziegelbrand finden aufgrund vorhandener Organik exotherme Reaktionen im Ziegel statt. Winkel diskutierte dies anhand der Ergebnisse simultaner thermischer Analysen verschiedener organischer Zusätze sowie der Bildung von schwarzen Kernen in Ziegeln. Ursächlich dafür sei schwarzes Magnetit, das sich bilde, wenn Kohlenstoff unzureichend oxidiert. Als Lösung schlug er eine längere Verweilzeit über 650 Gard Celsius in oxidierender Atmosphäre vor.
In seinem knappen und herzlichen Schlusswort dankte Eckhard Rimpel den Anwesenden für ihre Ausdauer und kündigte an, dass das nächste IZF-Seminar in Essen um denselben oder einen nahen Termin stattfinden solle. Das traditionelle gemeinsame Mittagessen beendete die Veranstaltung.