Statement Erich Gluch, ifo Institut für Wirtschaftsforschung

Im Rahmen der Hauptpressekonferenz gab Erich Gluch, ifo Institut für Wirtschaftsforschung, einen Überblick über die Lage und Zukunft der Bauwirtschaft und informierte u.a über:

Wohnungsbau

Nach rund 250 000 Wohnungsfertigstellungen in 2006 wurden 2007 noch rund 210 000 Fertigstellungen registriert, 2008 dürften es nur rund 195 000 sein, vorliegende statistische Daten zeigen bisher keine Anzeichen einer Nachfragebelebung.

Andererseits haben umfangreiche Gebäudeabrisse stattgefunden; zwischen 2002 und 2007 mehr als 200 000 Wohnungen allein in Ostdeutschland. Nach den derzeitigen Plänen soll das Rückbauprogramm bis 2016 verlängert werden, wodurch weitere 300 000 Wohnungen vom Markt genommen würden. Die positiven Effekte auf den Wohnungsneubau dürften aber 2009 und 2010 noch recht gering sein.

Die demographische Entwicklung war über viele Jahre hinweg ein stark die Wohnungsnachfrage dämpfender Einflussfaktor. So verringerte sich die Zahl der 25-35-jährigen, von denen im Allgemeinen die umfangreichsten Nachfrageimpulse ausgehen, zwischen 1995 und 2005 um über 4 Mio. auf nur noch knapp 10 Mio. Bis 2010 wird sich die Bevölkerungszahl in dieser Altersgruppe nur geringfügig erhöhen, von spürbaren positiven Effekten kann daher noch nicht ausgegangen werden. Andererseits hat zumindest die stark dämpfende Wirkung nach einer langen Periode ein Ende gefunden.

Es mehren sich mittlerweile die Anzeichen, dass vielfach die Immobilie wieder als „sichere“ Geldanlage entdeckt wird.

Die rückläufige Wohnungsbautätigkeit wird 2009 mit rund 185 000 fertig gestellten Wohnungen ihren Tiefpunkt erreichen; 2010 dürfte die Marke von 200 000 fertig gestellten Wohnungen nur knapp verfehlt werden.

Nach verschiedenen Schätzungen gehen derzeit bereits rund 70% der Wohnungsbauinvestitionen in die Altbauerneuerung, nur noch rund 30% entfallen auf den Bau neuer Wohngebäude. Dabei stehen anhaltend Maßnahmen zur Verringerung des Energieverbrauchs an der ersten Stelle. Die Bundesregierung wird weitere Gelder zur Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden bereitstellen, vor allem durch eine Aufstockung der Mittel für das CO2-Gebäudesanierungsprogramm. Das bereits hohe Niveau der Bestandsmaßnahmen dürfte somit 2009 und 2010 gehalten oder sogar noch weiter gesteigert werden. Insbesondere die umfangreichen Bestandsmaßnahmen werden dazu führen, dass die Bauinvestitionen im Wohnungsbau in diesem Jahr noch geringfügig (+ 0,3%) steigen werden. Trotz der Aufstockung der staatlichen Fördermittel, vor allem zur energetischen Sanierung bestehender Wohngebäude, wird 2009 ein Rückgang um 1% nicht zu verhindern sein. Erst 2010 dürfte – auch unterstützt von einer Belebung im Neubaubereich – die Investitionstätigkeit im Wohnungsbau zunehmen.

Das Geschäftsklima hat sich im gewerblichen Hochbau in den letzten Quartalen deutlich eingetrübt. Die Auftragseingänge von gewerblichen Auftraggebern bei den freischaffenden Architekten sind im 3. Quartal 2008 regelrecht eingebrochen. Lediglich die Auftragseingänge bei den Bauunternehmen weisen immer noch leicht höhere Werte auf als im Vorjahr.

Gewerbliche Bauinvestititionen

Nach drei Jahren mit einer kräftigen Erhöhung der gewerblichen Bauinvestitionen (durchschnittlich + 5% p.a.) dürfte es kaum noch Unternehmen mit einem dringenden Bedarf an Baumaßnahmen geben. Die nächsten Jahre werden wohl in den meisten Firmen zur Konsolidierung genutzt werden. In einigen Fällen können fest geplante Investitionsprojekte sogar zurückgestellt werden. In Konsolidierungsphasen kümmern sich Unternehmen im Allgemeinen wieder mehr um ihre Gebäudebestände. Auch die Erhöhung der Energieeffizienz der Gebäude wird weiterhin eine hohe Priorität haben. Der Rückgang bei der Neubautätigkeit wird somit – zumindest teilweise – durch umfangreichere Bestandsmaßnahmen ausgeglichen. Dennoch werden die Bauinvestitionen im Wirtschaftsbau, nach einem Anstieg um 7 bis 8% in 2008, in diesem Jahr deutlich schrumpfen (- 5%). Auch 2010 dürfte es noch keinen Anstieg geben (- 2%).

Öffentlichen Bauinvestitionen

Die öffentlichen Bauinvestitionen nehmen seit 2006 zu. Auch die weitere Entwicklung wird vom Arbeitskreis Steuerschätzung recht positiv gesehen. Bei ihrer Sitzung im Mai 2008 gingen die Experten noch von einer Zunahme bei den kommunalen Steuereinnahmen von durchschnittlich rund 5% in den Jahren 2010 bis 2012 aus. Diese Werte dürften wohl nicht erreicht werden. Andererseits ist aber auch nicht mit einem spürbaren Einbruch zu rechnen. Die Kommunen, die mit Abstand größten Investoren in Gebäude und Bauwerke, dürften damit nun in die Lage versetzt werden, wenigsten einen Teil der aufgeschobenen Baumaßnahmen in Angriff zu nehmen.

Es sind umfangreiche Gelder zur Stimulierung der öffentlichen Baunachfrage vorgesehen. So sollen mit 1 Mrd. € insbesondere zusätzliche Verkehrsinvestitionen durchgeführt werden, wobei besonders strukturschwache Kommunen mit äußerst zinsgünstigen KfW-Mitteln unterstützt werden. Darüber hinaus sollen besonders dringliche Vorhaben im Bereich Verkehr vorgezogen werden. Der öffentliche Bau wird daher sowohl 2009 als auch 2010 mit ansehnlichen Wachstumsraten (+ 5 bzw. + 6%) aufweisen können.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sich die Baunachfrage in diesem Jahr noch recht positiv entwickeln wird (+ 3%). 2009 werden vor allem die gewerblichen Bauinvestitionen kräftig zurückgehen, während die öffentlichen Baumaßnahmen von zahlreichen Programmen zur Stützung der Konjunktur profitieren werden. Die gesamten Bauinvestitionen dürften um rund 1½% schrumpfen. Erst 2010 ist wieder mit einem Wachstum von knapp 1% zu rechnen.

Europäische Bauwirtschaft

Die europäische Bauwirtschaft wird 2008 – nach 14 Jahren ununterbrochenen Wachstums – um rund 2,5 % abnehmen; 2009 wird sich der Abschwung mit -4,5% sogar noch verstärken. Dabei fällt der Rückgang in den beiden Ländern, die zuvor am stärksten boomten, besonders kräftig aus: Irland (- 21 % bzw. - 16%) sowie Spanien (- 14 % bzw. - 16%). Fast dramatisch sind dabei die Einbrüche im Wohnungsbau: In Irland und Spanien halbiert sich das Investitionsvolumen in diesem Teilsektor allein in diesen beiden Jahren. In Europa insgesamt beträgt der Rückgang demgegenüber 2008 und 2009 „nur“ jeweils rund 7%.

 

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