Statement von Prof. Dr. Karl Robl, Hauptgeschaeftsfuehrer Zentralverband Deutsches Baugewerbe

Lage und Perspektive Bauwirtschaft

Zu Beginn des Jahres prognostizierten wir ein schwieriges Baujahr 2009. DiesePrognose hat sich leider bestätigt. Mit einem Minus von fast vier Prozent beim Umsatz im Bauhauptgewerbe traf der Rückgang unsere Branche aber nicht so schwer wie andere Wirtschaftszweige. Vom Statistischen Bundesamt liegen die Daten per Oktober 2009 vor, auf deren Basis sich recht zuverlässig das Bild für 2009 zeichnen lässt. Kommen wir zu den drei Bausparten:


Wirtschaftsbau

Die Entwicklung im Wirtschaftsbau war im Jahr 2009 geprägt von der im Herbst 2008 aufbrechenden Finanz- und Wirtschaftskrise. Zur Belastung für die deutsche Konjunktur wurde in erster Linie die Abschwächung der Nachfrage nach Investitionsgütern im Ausland. Das produzierende Gewerbe verlor nach Einschätzung des DIW im Jahr 2009 knapp 18 %.

Das BIP wird nach Einschätzung von Experten in 2009 demgegenüber „nur“ 5 % verlieren.  Demzufolge verlief die Entwicklung in den übrigen Bereichen der Volkswirtschaft zwar günstiger als in der Industrie, die Investitionsbereitschaft war aber vor dem Hintergrund der stärksten Rezession seit den 30-iger Jahren quer über alle Wirtschaftszweige rückläufig.

Entwicklung Auftragseingang im Wirtschaftsbau in 2009 Mit der Jahreswende 2009 brachen die Auftragseingänge in dieser Sparte um 30 % ein. Über das gesamte erste Halbjahr verblieb das Niveau um 20 % unterhalb des Vorjahreszeitraumes. Im dritten Quartal setzte eine leichte Erholung ein, sodass die Order zum Jahresende bei etwa -15 % auslaufen werden, was einem Rückgang gegenüber 2008 um ca. 3,5 Mrd. € auf knapp 19 Mrd. € entspricht.

Der Rückgang an Order geht dabei zu gut 90 % zulasten des Hochbaus, der im Wirtschaftsbau zwei Drittel des Umsatzes ausmacht.

Entwicklung Umsatz Wirtschaftsbau in 2009

Der Orderrückgang zeigte sich zeitversetzt bei den Umsätzen. Die Umsätze fielen in den Sommermonaten um 12 % und haben sich im vierten Quartal bei – 9 % eingepegelt.

Der Wirtschaftstiefbau verlor per Oktober mit knapp 6 % weniger als der Hochbau mit gut 10 %. Der Umsatz im Wirtschaftsbau dürfte 2009 ca. 30.800 Mio. € betragen und damit um etwa 9 % unter dem Vorjahreswert von 33.910 Mio. € liegen.


Öffentlicher Bau

Zur Stützung der Binnenkonjunktur waren im Herbst 2008 und zu Beginn des Jahres 2009 die Konjunkturpakete I und II aufgelegt worden. Davon geht potenzielleine stimulierende Wirkung auf den Umsatz in der gesamten Bauwirtschaft von ca. 20 Mrd. € aus; davon etwa 7 Mrd. € für das Bauhauptgewerbe. Zum überwiegenden Teil profitiert davon die Sparte „Öffentlicher Bau“.

Das Konjunkturpaket II nimmt insbesondere die Kommunen als den bedeutendsten öffentlichen Auftraggeber in den Fokus der Förderung. Insgesamt stehen 13,3 Mrd. Euro aus dem Zukunftsinvestitionsgesetz für Investitionen in den Jahren 2009 bis 2011 für Kommunen und Länder bereit. Der überwiegende Teil ist zur Ertüchtigung der Bausubstanz vorgesehen. Dazu zählen Hochschulen, Schulen und Kitas aber auch Krankenhäuser, der Städtebau und die ländliche Infrastruktur.

Zur Umsetzung des Konjunkturpakets II haben die Länder mit dem Bund eine Vereinbarung getroffen. Demnach muss im Grunde die Investitionssumme der Jahre 2009 bis 2011 der Länder und Kommunen um den Förderbetrag höher liegen, als die Investitionen der Jahre 2006 bis 2008 (Referenzwert). Neben einem pauschalen Abschlag kann der Referenzwert um den Prozentsatz reduziert werden, um den die durchschnittlichen Steuereinnahmen im Förderzeitraum hinter denen des Jahres 2008 zurückbleiben. Dies ist von erheblichem Belang, da die Steuereinnahmen der Kommunen und der Länder nach der Steuerschätzung vom November in 2009 und 2010 deutlich hinter dem Jahr 2008 erwartet werden. Der durch niedrigere Steuern bedingte eingeschränktere Handlungsspielraum derLänder und Kommunen wird sich letztlich in einem geringer ausfallenden Impuls aus den Konjunkturpaketen niederschlagen.


Entwicklung der Baugenehmigungen im öffentlichen Bau in 2009

Die erfreuliche Entwicklung bei den Genehmigungen im öffentlichen Hochbau, der am öffentlichen Bau allerdings nur einen Leistungsanteil von 20 % hat, hielt in bemerkenswertem Maße über das ganze Jahr 2009 an. Per Oktober erreichen die Baugenehmigungen (bemessen in Baukosten für Bauhaupt- und Ausbaubereich) 8,4 Mrd. € gegenüber 5,6 Mrd. € zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres; einPlus von 2,8 Mrd. Euro (+50 %).

Dies ist auf die Konjunkturprogramme, namentlich auf das Konjunkturpaket II, zurückzuführen. Der Zuwachs erhärtet Berichte, wonach etwa 75 % der regional verfügbaren Mittel die Genehmigungsplanung durchschritten haben.


Entwicklung Auftragseingang im öffentlichen Bau in 2009

Die Order der öffentlichen Auftraggeber liegen per Oktober dagegen nur um gut 2 % über dem Vorjahresniveau. Der Tiefbau, der einen Umsatzanteil von 80 % hat, zeigt sich in guter Form (bei +3 %). Demgegenüber stagniert der Hochbau kumulativ bei -3 %. Der positive Trend bei den Baugenehmigungen sollte sich in den nächsten Monaten auch stärker bei den Auftragseingängen im öffentlichen Hochbau niederschlagen.


Entwicklung Umsatz öffentlicher Bau in 2009

Die Umsatzentwicklung im öffentlichen Bau liegt per Oktober mit 21,3 Mrd. € um 2,5 % über dem Vorjahresniveau, der Tiefbau verbucht 16,5 Mrd. € (+1 %), der Hochbau 4,8 Mrd. € (+7 %). Die Umsatzentwicklung war im Jahresverlauf 2009 aufwärts gerichtet. Nach dem witterungsbedingten Einbruch um 14 % im ersten Quartal, schloss das zweite Quartal bei +2 %, das dritte bei +9 %. Im Jahr 2009 sind insgesamt 27,1 Mrd. € und damit ein Anstieg von +5 % zu erwarten.


Wohnungsbau

Im Wohnungsbau sind im Jahr 2009 keine Änderungen in den steuerlichen und politischen Rahmenbedingungen eingetreten. Insofern sind hier Impulse ausgeblieben.Auch die neue Koalition hat es bisher unterlassen, substantiierte Festlegungen zur Stimulierung des Wohnungsbaus zu treffen. Insbesondere die Einführung einer degressiven Afa hätte dem darniederliegenden Mietwohnungsbau einen Schub gegeben, den dieser dringend gebraucht

hätte. Da die Baupolitiker der beiden Regierungsfraktionen diese Auffassung teilen, haben wir noch die Hoffnung, dass es im Wohnungsbau im Laufe der Legislaturperiode zu Änderungen im Sinne der Wohnungswirtschaft kommen wird. Positiv zu bewerten ist natürlich die Fortführung und Intensivierung der energetischen Gebäudesanierung, hier will man das Sanierungstempo erhöhen. In diesem Zusammenhang scheint die Erkenntnis zu reifen, dass sich bei vielen Gebäuden eine Sanierung nicht rechnet und dass Ersatzbaumaßnahmen gefördert werden müssen.

Ebenso positiv zu bewerten ist das Ziel einer höheren Wohneigentumsquote. Das dafür vorgesehene Mittel, nämlich die Eigenheimrente zu vereinfachen, ist jedoch nicht ausreichend.


Entwicklung der Baugenehmigungen im Wohnungsbau in 2009

Die Baugenehmigungen im Wohnungsbau (in Wohngebäuden im Neu- und Umbau; bemessen in Baukosten) haben per Oktober mit +3,4 % abgeschlossen. Damit setzt sich im Jahresverlauf eine positive Entwicklung stetig fort. Während die Genehmigungen im ersten Quartal verglichen mit dem Vorjahreszeitraum noch mit -5 % schlossen, war das zweite Quartal bereits ausgeglichen, das dritte Quartal zeigt ein Plus von gut 11 % und auch der Monat Oktober schließt mit gut 3 % über dem Vorjahresmonat.

Betrachtet man dagegen die Anzahl der genehmigten Wohneinheiten in Wohngebäuden (Neu- und Umbauten insgesamt), zeigt sich, dass immer noch ein Rückstand von mehr als 2.450 WE zum Vorjahr besteht (-1,7 %). Gleichwohl ist auch hier im Jahresverlauf ein kontinuierliches Abschmelzen des Rückstandes zum Vorjahr zu beobachten.

Damit deutet sich bei den Baugenehmigungen im Wohnungsbau zum ersten Mal nach drei Jahren wieder eine Belebung an, wenn auch auf sehr niedrigem Niveau.


Entwicklung Auftragseingang im Wohnungsbau in 2009

Auch die Entwicklung bei den Auftragseingängen zeigte im Jahresverlauf 2009 eine flache Aufwärtsbewegung. Per Oktober ist zum Vorjahr noch ein Saldo von -1,6 % zu verzeichnen. Das erste Quartal schloss noch bei -13 %. Die Auftragsbestände liegen im dritten Quartal 2009 allerdings um 5 % unter dem Vorjahreswert. Ein Absinken des Niveaus der Auftragsbestände ist seit Jahren zu beobachten und spiegelt die rückläufige Entwicklung im Wohnungsbau wider.


Entwicklung Umsatz Wohnungsbau in 2009

Die Umsatzentwicklung im Wohnungsbau zeigt keine Belebung im Jahresverlauf.Per Oktober liegen die Umsätze hier bei knapp 20 Mrd. € und damit um 1,3 Mrd. € unterhalb des Vorjahres, was einem Rückstand von 6 % entspricht.

Das Jahr 2009 wird auch in dieser Größenordnung schließen. Der Umsatz wird für 2009 auf 24,5 Mrd. € veranschlagt, was einem Rückgang von 5,5 % zu 2008 entspricht.


Zusammenfassung Umsatzentwicklung 2009

Für 2009 kann mit einem Umsatz im Bauhauptgewerbe von 82,4 Mrd. € (-3,8%) gerechnet werden. Der Wirtschaftsbau hat in 2009 etwa 3 Mrd. € verloren und schließt bei 30,8 Mrd. €. Das entspricht einem Rückgang von fast 4 %. Der durch die Konjunkturprogramme geförderte öffentliche Bau kann in 2009 um etwa 1,2 Mrd. € gewinnen und wird bei 27,1 Mrd. € (+5%) erwartet. Der Wohnungsbau fällt in 2009 ein weiteres Mal zurück, um 1,4 Mrd. Euro und wird bei 24,5 Mrd. € (-5,5%) prognostiziert.


Prognose Umsatzentwicklung 2010

Für 2010 erwarten wir wegen der geringen Kapazitätsauslastung in den Wirtschaftsbereichen im Wirtschaftsbau einen fortgesetzten Rückgang, wenn auch nicht mehr so drastisch wie 2009. Der öffentliche Bau kann dank der Konjunkturpakete wiederum zulegen, auch wenn die Potenziale aus dem Konjunkturprogramm wegen wegbrechender Steuereinnahmen und steigender Ausgaben nicht voll ausgeschöpft werden. Dem Wohnungsbau fehlen weiterhin verbesserte Rahmenbedingungen, sodass wir von einem Umsatz noch einmal etwas unter dem Vorjahr ausgehen. Insgesamt wird der Umsatz im Bauhauptgewerbe in 2010 bei 81 Mrd. € liegen, was einem Rückgang von gut einer Mrd. € bzw. 1,5 % entspricht.

Der Zuwachs beim öffentlichen Bau reicht nicht aus, um den Rückgang im Wirtschaftsbau zu egalisieren, aber er ist eine wirksame Stütze und funktioniert in der ihm zugedachten Rolle in den Konjunkturpaketen.

Insgesamt wird der Bau in 2010 das Umsatzniveau von 2009 knapp unterschreiten. Der größte Unsicherheitsfaktor ist das Investitionsvolumen der Kommunen in Folge weiter rückläufiger Steuereinnahmen bei gleichzeitig steigenden Soziallasten.

Eine Stabilisierung der Investitionshaushalte der Kommunen ist deshalb ebenso dringend geboten wie eine Belebung des Wohnungsbaus. Ansonsten droht die Gefahr eines Einbruchs der Baukonjunktur und damit eine dämpfende Wirkung auf den prognostizierten leichten Wiederanstieg des Bruttoinlandprodukts in 2010.


Beschäftigtenentwicklung 2009 und 2010

Jahresdurchschnittlich hatten die Unternehmen per Oktober 2009 in Deutschland 704.159 Beschäftigte. Das waren nur 1.458 weniger als im Vorjahreszeitraum.

Es wird daher damit gerechnet, dass die Zahl der Beschäftigten in 2009 im Bauhauptgewerbe trotz des Umsatzrückganges erfreulicherweise oberhalb von 700.000 verbleiben wird. Dass die Betriebe ihren Personalstamm gehalten haben, ist wesentlich der breiten Nutzung des Instruments der Saison-Kurzarbeit („Saison-Kug“) zuzuschreiben. Damit wird die Winterarbeitslosigkeit spürbar abgebaut.

Die Schwankungsbreite der Beschäftigung ist nach wie vor saisonal ausgeprägt, aber in den Wintermonaten seit 2007 deutlich flacher. Aufgrund der anhaltenden Konjunktur- und Wirtschaftskrise hat der Gesetzgeber vereinfachte Regelungen zum Kurzarbeitergeld (Kug) auch für 2010 beschlossen.

Für die Betriebe des Baugewerbes gilt, dass die Bezugszeit von Saison-Kug nicht auf die Höchstbezugsfrist beim „normalen“ Kurzarbeitergeld angerechnet wird. Dies bedeutet, dass sich die Höchstbezugsdauer von Kurzarbeitergeld (24 bzw. 18 Monate) um die Anzahl der Monate verlängert, für die Baubetriebe innerhalb dieser Bezugsfrist Saison-Kug beansprucht haben. Diese Regelung wird die Beschäftigung in 2010 stützen. Vor dem Hintergrund der rückläufigen Umsatzentwicklung muss in 2010 jedoch mit einem durchschnittlichen Stand von unter 700.000 Beschäftigten gerechnet werden.

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