16.10.2009 News: Ziegel Zentrum Süd e.V.: Professoren-Exkursion 2009 - Zwischen Mittelalter und Moderne
Ziegel Zentrum Süd: Architektur-Exkursion nach Flandern
Jahrhunderte alte Architektur und moderne Baukunst auf kleinem Raum: Belgien bietet sowohl moderne Architektur als auch sehr gut erhaltene mittelalterliche Städte – trotz der verhältnismäßig kleinen Fläche des Landes. Die architektonische Vielfalt Flanderns stand im Mittelpunkt der diesjährigen Professoren-Exkursion des Ziegel Zentrum Süd. Die Organisation aus München ist in ganz Süddeutschland im Rahmen ihrer Hochschularbeit in den Fachbereichen Architektur und Bauingenieurwesen tätig. Jedes Jahr veranstaltet sie eine Exkursion zu Architektur-Highlights, die mit dem traditionellen Baustoff Ziegel errichtet sind. Ziel ist es, den Teilnehmern sowohl Anregungen für eigene Studienreisen zu geben als auch Ansatzpunkte für tiefer gehende Recherchen zu den vorgestellten Projekten zu vermitteln.
Flandern bietet eine Vielzahl architektonischer Ziele, die jeweils auf ihre ganz eigene Art und Weise bestechen. So trifft gut erhaltene mittelalterliche Bausubstanz auf moderne, teils internationale Architektur. Die für flämische Städte typischen Glockentürme, gotische Kathedralen und prächtigen Zunfthäuser sind in diesem Kontext nur einige architektonische Zeitzeugen, die dieses Jahr die Teilnehmer der Professoren-Exkursion des Ziegel Zentrum Süd in ihren Bann zogen. Diese Fachexkursion ist Teil eines intensiven Austausches zwischen Vertretern von Hochschulen aus dem süddeutschen Raum und Ziegelherstellern repräsentiert durch das Ziegel Zentrum Süd. „Der Anspruch unserer Arbeit ist es, Professorinnen und Professoren der Architektur und des Bauingenieurwesens in regelmäßigen Abständen zu einem interdisziplinären Diskurs zum Thema Bauen mit Ziegel zusammenzubringen“, erklärt Waltraud Vogler, Geschäftsführerin des Ziegel Zentrum Süd, die die Fahrt persönlich begleitete.
Zentralisierte flämische Verwaltung
Die flämischen Provinzen verfügen jeweils über ein Verwaltungsgebäude, um öffentliche Dienstleistungen zu zentralisieren. So liegt in Hasselt das von a2o-architecten errichtete Verwaltungszentrum „Vlaams Administratief Centrum“ (VAC) der Provinz Limbourg. Die privilegierte Lage und die hochwertige Architektur des Gebäudes verhelfen dem VAC zu einer Schlüsselrolle in der Stadt. Durch den Einsatz von orangeroten Ziegeln an den langen Gebäudeflügeln und im internen Durchgang demonstrieren die Architekten ein geschlossenes Gesamtbild. Ein gläserner Durchgang verbindet die beiden Gebäudetrakte und verschafft so Transparenz und Offenheit. Das Architektenteam legte zudem Wert auf eine nachhaltige Bauweise: Lüftungs-, Beleuchtungs- und Heiztechnik sind auf ein umfassendes energetisches Gesamtkonzept abgestimmt. Die Teilnehmer der Exkursion besichtigten mit viel Interesse neben dem VAC auch das neue, in Bau befindliche Justizgebäude sowie das Büro von a2o-architecten. Das junge, unkonventionell arbeitende Team ist mit seinen Arbeitsräumen in einem ehemaligen Weizensilo ansässig, das mit viel Geschick zu einem beeindruckenden Bürogebäude mit industriellem Charme umgestaltet wurde.
Verbindung zwischen Kloster und moderner Bibliothek
Eine gelungene Symbiose zwischen historischem Gebäudebestand und Moderne stellt die Campusbibliothek Arenberg dar: Architekt Rafael Moneo fügte in die alten Mauern des ehemaligen Zölestinerklosters einfühlsam eine der größten Bibliotheken für Wissenschaften und Ingenieurstechnik in Europa ein. Der neue Gebäudeteil erhält den ursprünglichen Charakter des Klostergeländes. „Die Bibliothek in Arenberg und das historische Klostergebäude zeigen, wie Vergangenheit und Gegenwart formvollendet in ein stilvolles Gesamtkonzept zusammenfließen können, ohne dass dabei die Moderne dominiert“, resümiert Vogler.
Raum für Kunst
Einen geeigneten Rahmen für figürliche Malerei bietet das Museumsgebäude in Machelen-aan-de-Leie. Der Kurator des Museums führte die Exkursionsteilnehmer durch das dem Maler Roger Raveel gewidmete Gebäude. Es hebt sich von außen mit seiner weiß-geschlämmten, strengen Sichtziegelhülle von den roten Ziegelhäusern des Ortes ab, passt sich jedoch in seinen Dimensionen und Raumfolgen wiederum sehr gekonnt der Dorfstruktur an. Somit ist eine im Inneren sehr komplexe, räumliche Umsetzung der Verbundenheit des Malers mit seinem Dorf entstanden – die Teilnehmer der Exkursion beeindruckte dies ganz besonders. Das Roger Raveel Museum zählt zu den Frühwerken des Architekten Stéphane Beel, der inzwischen weit über die Grenzen Belgiens hinaus Bekanntheit erlangt hat.
Brügge und Gent: Die Schönheiten Belgiens
Als Hauptziele des belgischen Fremdenverkehrs durften auch die von Baudenkmälern geprägten Städte Brügge und Gent bei der diesjährigen Exkursion des Ziegel Zentrum Süd nicht fehlen. Sie sind größtenteils in ihrer mittelalterlichen Bausubstanz erhalten und gelten als die schönsten Städte Belgiens. Professor Horst Thomas von der Ohm-Hochschule in Nürnberg führte die Teilnehmer durch die historischen Städte und erläuterte die wesentlichsten Sehenswürdigkeiten. So zählten unter anderem der Belfried Brügges, die zweistöckige Heiligblutbasilika, das gotische Rathaus, der Fischmarkt, die idyllischen Grachten und der Begijnhof zu den Stationen in der ehemaligen Handelsstadt Brügge. Ein ausgedehntes, ruhiges Wohngebiet mit hellen Sichtziegelfassaden auf dem ehemaligen Gefängnisgelände „t’Pandreitje“ von Haverhals-Heylen Architekten aus dem Jahr 2002 beeindruckte am Rande der Altstadt durch seinen hohes Niveau. Während die Hauptstadt der belgischen Provinz Westflandern ansonsten vor allem durch ihre historische Architektur besticht, präsentiert sich Gent den Teilnehmern auch als lebhaftes Ballungsgebiet Belgiens. Die historischen Plätze mit ihren berühmten, prächtigen Zunfthäusern – vor allem an der „Graslei“ und der „Korenlei“ – sind heute gesäumt von zahlreichen Restaurants und Cafés, die das alte Gent zu einem sehr lebhaften Teil der Stadt mit unvergesslichem Flair machen. Weitere Bestandteile der historischen Stadtführung durch Gent waren unter anderem der Belfried mit Lakenhalle, das Stadhuis, die „Sint-Baafskathedraal“ mit dem Genter Altar und der romanische „Gravensteen“.
Moderne Architektur
Am Rande von Sint Niklaas, einem kleinen Ort südwestlich von Antwerpen, hatten die Teilnehmer die Gelegenheit, ein modernes Bürogebäude zu besichtigen, das sich sehr angenehm von der vorhandenen Umgebung abhebt. Architekt Ivo Vanhamme vom Architekturbüro bob361 führte durch das mit farbenfrohem Klinker verkleidete Bürogebäude, das auch im Inneren so manche unkonventionelle Lösung bereithält. Moderne Architektur par excellence präsentiert auch das gerade im Bau befindliche MAS, das „Museum aan de Stroom“, imposant im alten Hafenbecken von Antwerpen gelegen. Die persönliche Führung durch die Großbaustelle im wichtigsten Stadterneuerungsgebiet Antwerpens durch Willem Jan Neutelings, einen der Partner von Neutelings-Riedijk Architekten aus Rotterdam, war wohl der spektakulärste Teil der Exkursion. Der Zugang zu großen Bereichen dieses neuen stadtgeschichtlichen Museums, das erst in 2011 eröffnet wird, vermittelte allen Beteiligten viel technisches Wissen und sehr interessante Einblicke in die gestalterischen Entscheidungen. Der bis zur Dachterrasse hinauf zugängliche, voluminöse Rohling ist durch das Konzept der Stapelung einem Hafen-Lagerhaus nachempfunden, in dem Stadtgeschichte lagern wird.
Nach vier ereignisreichen Tagen endete die Reise, die den Teilnehmern einen Eindruck der vielfältigen Architektur Flanderns vermittelte. „Die diesjährige Veranstaltung hat uns einmal mehr gezeigt, wie groß das Interesse an einem regen Austausch und Diskurs ist. Flandern hat dazu einige beeindruckende Anstöße gegeben“, erklärt Architektin Waltraud Vogler vom Ziegel Zentrum Süd.
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