31.07.2009 News: Leserbrief von Willi Bender zum Beitrag "Erfahrungen aus der Praxis der Ziegelherstellung" von Josef Liebl in Zi6-7/2009

Als alter Ziegler empfindet man die in dem Beitrag aufgeführten Hinweise in der Tat größtenteils „als banal oder selbstverständlich bekannt“, wie der Autor selbst schreibt.

Man ist aber einigermaßen erstaunt darüber, immer noch über die genannten Produktionsfehler und unwirtschaftlichen Produktionsweisen lesen zu müssen, die man im Zeitalter der „rechnergestützten Instandhaltungs- und Betriebsüberwachungsplanung“, der ,,Qualitätssicherungs-Handbücher zur werkseigenen Produktionskontrolle“, der „Zertifizierung nach ISO 9000“ und vielem anderem mehr,  längst der Vergangenheit angehörend glaubte.

 

Die Kenntnis dieser Fehler und der entsprechenden Abhilfemaßnahmen müßte eigentlich beim technischen Führungspersonal eines Ziegelwerks, insbesondere bei den Produktionsleitern, als selbstverständlich vorausgesetzt werden können.

Trotzdem scheint es in manchen Ziegelwerken immer noch nicht gelungen zu sein, ein funktionierendes Betriebsüberwachungssystem zu installieren, die Mitarbeiter ausreichend einzuarbeiten und mit praxisgerechtem Infomaterial und den entsprechenden Checklisten auszustatten. Für diese ist die Beachtung der Informationen des Beitrags besonders wichtig. Zu empfehlen wäre auch die Lektüre des sehr informativen Artikels „Betriebsüberwachung –Potentielle Herstellungsfehler in einem Ziegelwerk“ im  ZI-Jahrbuch 1997, S. 112 – 171.

 

Auch für die Anlagenbauer enthält der Beitrag einige nützliche Verbesserungsvorschläge,

die teils aber bereits ausgeführt werden:

▪ So sieht ein Extruderbauer Spezialanstriche in der Vakuumkammer und im Pressenrumpf vor, um Anbackungen und Antrocknungen im Vakuumaggregat zu vermeiden. Ferner wurden Lösungen entwickelt, die Kondensationsflächen schaffen und Tonmassen rückbefeuchten bzw. qualitätsmindernde Plastizitätsänderungen oder ungenügendes Vakuum bei erhöhten Temperaturen im Vakuumaggregat verhindern.

▪ Die Reinigung der Vakuumfilter wird, insbesondere bei Mehrschichtbetrieb, wesentlich erleichtert durch den Einsatz eines Doppelfilters mit By-Pass. Dieser ermöglicht durch einfaches Umschalten das Auswechseln und Reinigen während des Betriebs.

▪ Der Vorschlag die Speisezone des Extruders zur Vermeidung von trockenen Knötchen mit glatten Blechen auszukleiden,  wird zumindest von einem deutschen Extruderbauer so ausgeführt. Es ist aber keine Ausführung, die generell angewendet werden kann, da es bestimmte, sehr feinkörnige Materialien gibt, bei denen dann die Gefahr bestünde, daß sie sich mit der Schnecke drehen und nicht transportiert werden.

 ▪ Das fehlende Abfallband unter dem Abschneider, kann in der Regel nicht dem Anlagenplaner angelastet werden, sondern ist vom Investor zu vertreten, dem bei ohne Abfall arbeitenden Abschneidern diese nicht ganz unerhebliche Investition einfach zu hoch ist.

  

Der Beitrag selbst enthält auch einige Ungenauigkeiten, z.B.:

▪ Großraumbeschicker und Quersumpf arbeiten keineswegs nach dem Prinzip „First in- First out“ d.h. die zuerst eingebrachte, dem höchsten Druck ausgesetzte und am längsten lagernde Materialschicht wird auch zuerst ausgetragen. Nach diesem Prinzip arbeitet nur das Tonsilo. Beim Quersumpf erfolgt durch den Eimerkettenbagger eine gleichzeitige Entnahme aller Materialschichten, also sowohl der untersten, zuerst eingebrachten, als auch der obersten, zuletzt eingelagerten Materialschicht. Beim Großraumbeschicker, bei dem mehrere Austragshaspeln übereinander angeordnet sind, verhält es sich ähnlich.

▪ Schwer nachvollziehbar ist die Aussage, daß „das Material beim Austritt aus dem Mundstück durch den atmosphärischen Druck zusätzlich verdichtet wird“. Der Druck im Preßkopf und Mundstück ist auf alle Fälle wesentlich höher als der atmosphärische Druck, weshalb man, vor allem bei Hintermauerziegeln, oft eine gewisse Expansion des Strangs nach dem Mundstücksaustritt beobachten kann, also gerade dem Gegenteil einer Verdichtung.

▪ Bei der Vakuumverpressung ist die bei Zieglern meist übliche Angabe des Vakuums: „Manometeranzeige x 100 = % Vakuum“ (im Beitrag:  0,9 oder 0,7 = 90 oder 70 %). Dies gilt exakt aber nur für ein auf NN geeichtes Vakuummeter auf Meereshöhe. Bei Vakuumaggregaten, die in unterschiedlicher Höhe aufgestellt sind, läßt sich die Manometerangabe, sofern luftdruckabhängige Manometer verwendet werden, nicht vergleichen, d.h. es kann trotz unterschiedlicher Manometeranzeige, der gleiche Evakuierungsgrad vorliegen. Besser wäre es daher, das Vakuum stets in mbar Absolutdruck anzugeben. Um diesen Druck ohne Umrechnung auch in großen Höhen ablesen zu können, müßten die Meßgeräte in vom Umgebungsdruck unabhängige Kapselfeder-Vakuummeter umgerüstet werden, deren Skalierung von 1013 bis 0 mbar geht, so daß der Restdruck in der Vakuumkammer direkt abgelesen werden kann. (0 mbar = 100 % Vakuum, 1013 mbar = 0 % Vakuum).

 

Insgesamt ein  lesenswerter Artikel, der insbesondere allen Produktionsleitern zur Lektüre und anschließender selbstkritischer Beurteilung des eigenen Betriebs empfohlen werden kann.

                                                                                                                              Willi Bender

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