Eurosymposium 2024: Blick in eine keramische Zukunft
Das diesjährige Eurosymposium, veranstaltet vom Keramik-Institut in Meißen (KI), stand unter dem Titel „Keramische Produkte gestalten unsere Zukunft“. Rund 80 Teilnehmer versammelten sich im Tagungssaal des Romantik Hotels auf dem Burgberg in Meißen am 11. und 12. September 2024.
Meißen war die Stadt der Keramik und werde es auch in Zukunft sein, betonten Geschäftsführer Dr. Jens Petzold in seiner Eröffnungsansprache wie auch Bürgermeister Markus Renner und die Kulturdezernentin in ihren Grußworten. Wenige Monate vorher waren die Stadt, das Institut und das dem Institut nahestehende Unternehmen CeraFib GmbH im sachsenweiten Mitmachwettbewerb simul+Kreativ GmbH mit einem Preis für das Projekt „Kommunale Intelligenz“ ausgezeichnet worden. Dabei geht es um die Wiederentdeckung und Weiterentwicklung der regionalen Expertise um das werkstoffliche Potenzial der Keramik. Die CeraFib GmbH stellt keramische Fasern, Gewebe und Verbundwerkstoffe für verschiedene industrielle Anwendungen her. Die ZI wird berichten.
Im ersten Vortrag erläuterte Klaus Oberpichler, Franz Banke GmbH, wie sich durch Designveränderungen Energie bei der Dachziegelherstellung einsparen lässt. Eine Variante ist, das Gewicht von Dachziegelmodellen zu reduzieren, was die Aufwände für Aufbereitung, Trocknung und Brand senkt. Die Grenzen dieser Methode bestimmen Normen (bspw. EN 1304) sowie die Anforderungen der Nutzung auf dem Dach. Andere Möglichkeiten bestehen in einer besseren Nutzung von vorhandenen Trockenrahmen und Brennkassetten zur Vergrößerung der Deckfläche, Optimierungen am Batzenprofil, um den Verschleiß der Gipseinlagen zu verringern oder einer verbesserten Ablage gepresster Ziegel, um Deformation und Ausschuss zu vermeiden.
Referenzprojekte, in denen Energieeinsatz und CO2-Ausstoß durch die Dosierung von Gas und Verbrennungsluft minimiert wurden, stellte Frank Appel, innovatherm Prof. Dr. Leisenberg GmbH + Co. KG, vor. Der leitende Ansatz ist, die Menge an aufzuheizender Verbrennungsluft mit möglichst exakter Dosierung zur reduzieren. Dies sei mit dem Einsatz der von innovatherm hergestellten Magnetdosierventile präzise möglich. Die Verringerung der Luftmenge im Tunnelofen habe in verschiedenen Referenzprojekten zu Energie- und CO2-Einsparungen von 17 Prozent geführt. Auch habe sich die Temperatur und in der Folge die Produktfarbe vergleichmäßigt.
Der dritte und letzte Vortrag am ersten Tag stellte Dilatometrie als Werkzeug für die Produktentwicklung vor. KI-Mitarbeiter Klaus Hantzsch erläuterte, wie die Kenntnis des Dehnungs- und Schwindungsverhaltens von Tonmassen Rückschlüsse erlaube, bspw. auf die Eignung für bestimmte Produkte wie Dachziegel. Ebenso lasse sich so prüfen, ob Scherben und Glasur vom Wärmeausdehnungskoeffizienten her zusammenpassen. Weiterhin könne Dilatometrie z.B. dabei helfen zu klären, ob die Brenntemperatur gesenkt oder die Schubzeit verkürzt werden kann. Auch der Einfluss der Atmosphäre lasse sich so feststellen. Diese Untersuchungen seien ohne großen Aufwand und während der laufenden Produktion durchführbar und können helfen, Zeit und Energie zu sparen.
Der traditionelle Ausflug am Abend des ersten Tagungstags führte dieses Mal zum Schloss Wackerbarth in Radebeul. Das Barockschloss ist von Weinbergen umgeben und Sitz des Sächsischen Staatsweingutes. Eine Führung durch die gläserne Produktion der Wein- und Sekt-Manufaktur gewährte interessante Einblicke in die moderne teilindustrialisierte Herstellung vergorener Traubengetränke. Einige Produkte konnten auch verkostet werden, was dem Verständnis des Besichtigten und der Stimmung förderlich war. Bei Büffet und weiteren Kostproben aus dem Weingut verlief der Abend gesprächig und gesellig.
Das Programm des zweiten Tages eröffnete Rainer Hüsing von Keller HCW GmbH mit seinem Vortrag „Transformation des Energiesystems – Best Practice: Realisierte Wärmerückgewinnungskonzepte“. Wärmerückgewinnung lasse sich in drei Anwendungsbereiche unterteilen: Direkte Abwärmenutzung durch interne Nutzung der Wärmeströme im Werk, indirekte Abwärmenutzung aus Rauchgas der Heißluft mit bspw. einem Wärmeübertrager, und Aufbereitung der Abwärme mittels Wärmepumpe oder Speicher. Anhand zweier Beispiele für indirekte Abwärmenutzung machte Hüsing deutlich, dass Wärmerückgewinnung aus Abwärme eine Maßnahme mit hohem Potenzial, aber standortabhängig und nur individuell umsetzbar ist.
Über keramische Rohstoffe in Südafrika informierte der Geologe Alexander Metz, BMI Group Bereich Rohstoffsicherung. Das Land verfüge über umfassende und vielfältige Tonvorkommen, darunter Kaolin, Bentonit, Feuerfest- und Ziegeltone. Der Ton werde vor allem für die Herstellung von Ziegeln verwendet. In Südafrika produzieren rund 100 Ziegelwerke 3,6 Mrd. Ziegel jährlich. Eine Hürde für lokale Ziegelhersteller sei, dass ihnen häufig finanzielle Mittel für die erforderlichen Abbaugeräte fehlen, um den vorhandenen hochwertigen Ton zu fördern.
Alterungsmechanismen und -beständigkeit von C-130 keramischen Hochspannungsisolatoren diskutierte Markku Ruokanen von der Insulation Technology Group. Die Alterung von Bauteilen ist ein Risikofaktor bei Übertragungsnetzen. Die möglichst präzise Abschätzung der verbleibenden Lebensdauer ist deshalb wichtig, aufgrund der komplexen Mechanismen von Alterung (physikalisch, biologisch, chemisch und mechanisch) aber schwierig. Untersuchungen zeigen, dass die rein keramischen Bestandteile von Isolatoren unter normalen Einsatzbedingungen nur mechanisch altern und deutlich beständiger sind als angenommen. Daraus folge, dass Keramik eine ökologische und nachhaltige Lösung für Hochspannungsisolatoren darstelle.
Im letzten Vortrag des Symposiums diskutierte Rüdiger Köhler vom KI die Verwendung von Sedimenten aus Stauanlagen in der Ziegelindustrie. Dabei handelt es sich um eine Teilaufgabe des Forschungsprojektes ReSus, Recycling von subhydrischen Sedimenten, an der TU Freiberg (Laufzeit vom 01.05.2023 bis 31.12.2025). Köhler erläuterte, wie mit Sedimenten in Stauanlagen in Sachsen umgegangen wird und dass einige davon Potenzial für die Herstellung von Hintermauerziegeln haben könnten. In naher Zukunft sollen Sedimente aus der Talsperre Dobeneck in Ziegelwerken auf ihre Eignung überprüft werden.
Das gemeinsame Mittagessen bildete den Abschluss des Eurosymposiums. Zuvor dankte Dr. Petzold allen Teilnehmenden und kündigte das nächste Eurosymposium für den 10. und 11. September 2025 an.