Victor Kapr

Rückblick auf den 61. Würzburger Ziegellehrgang

Am 3. und 4. Dezember fand das größte Treffen der Ziegelbranche, der Würzburger Ziegellehrgang, zum 61. Mal statt. Erstmals wurde die Veranstaltung von Andreas Klarmann, Nachfolger von Joachim Deppisch, geleitet. Rund 200 Anmeldungen zur Teilnahme waren eingegangen und die Reihen im Vogel Convention Center in Würzburg waren gut gefüllt – für Klarmann ein Beleg für das große Interesse an Austausch und Information auch in der aktuell wirtschaftlich sehr angespannten Lage der Ziegelindustrie. Besonders erfreut zeigte sich Klarmann in seiner Begrüßungsansprache von der Internationalität der Besucher, die neben dem deutschsprachigen Ausland auch aus den Benelux-Ländern und Skandinavien kamen. Auf dem Programm standen 21 Fachvorträge.

 

Programm am Dienstag, 3. Dezember 2024 – Übergeordnete Themen

Die Eröffnung durch den Bundesverband der deutschen Ziegelindustrie e. V. (BVZi) übernahm der Technische Geschäftsführer David Ostendorf, in Vertretung für Hauptgeschäftsführer Attila Gerhäuser, der auf den European Ceramic Days in Brüssel weilte. Ostendorf skizzierte die Lage, die aktuellen Herausforderungen der Baukonjunktur und gab einen verhalten optimistischen Ausblick.

Dr. Tillmann Prinz, Bundesgeschäftsführer der Bundesarchitektenkammer e. V., ging unter dem Titel „Zukunft des Wohnungsneubaus“ unter anderem auf den Gebäudetyp-e und das Potenzial von seriellem Bauen für den schnellen Wohnungsbau ein.

Die „Ökobilanzierung von Gebäuden im Kontext der Neubauförderung“ diskutierte Dipl.-Ing. Juliane Nisse, BVZi und betonte die wachsende Bedeutung ersterer für letztere, gerade vor dem Hintergrund der Europäischen Gebäuderichtlinie.

„Aktuelle Entwicklungen in der Umwelt- und Energiepolitik“ stellte Dipl.-Ing. Katharina Armbrecht, BVZi, vor: die Revision der IE-Richtlinie und des BREF-Keramik, CO2-Emissionshandel, Entwicklung der Netzentgelte und die durch das Energieeffizienzgesetz vorgeschriebene Plattform für Abwärme.

Die „Sicherheitsanforderungen an die Betreiber von industriellen Gasanlagen und Thermoprozessanlagen“ erläuterte Andreas Guntermann von swb Services AG & Co. KG in Bremen. Die relevanten Bestimmungen und Regelungen sind DVGW und DIN EN 746-2. SWb bietet online zu 6 Bereichen Multiple Choice-Schnelltest an: Swb.de/quick-check.

Zum Ansatz einer „Optimierung durch Energiemanagementsystem und Batteriespeicher“ stellten Michael Riebesecker, Consolinno Energy GmbH in Regensburg, und Christian Mayr, Allgäu Batterie GmbH & Co. KG in Haldenwang, ihre Produkte vor: das KI-gestützte Energiemanagementsystem FlexA sowie Batteriespeicher mit Lithium-Eisenphospat-Zellen für Lastmanagement, Eigenstromoptimierung und Vermarktung.

Dipl.-Ing. (FH) Rainer Hüsing, KELLER HCW GMBH in Ibbenbüren, berichtete von der „Elektrifizierung aus der Sicht des Anlagenbauers“ und referierte folgende Ansätze: Widerstandsheizung, Heißlufterzeugung mit Heißgaserzeuger, Induktionsheizung in Rohrleitungen, Wärmepumpe und Energierückgewinnung sowie Mikrowellen. Die Herausforderungen bestehen in Scale-up, Implementierung in Anlagentechnik, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit. Zum Schluss warnte Hüsing, dass Oberflächeneigenschaften aus reduzierendem Brand mit elektrisch erzeugter Wärme nicht möglich sind.

Einen Bericht über „eTO Technologie, Ergebnisse und Erfahrungen“ gab Thomas Alten, Keramischer OFENBAU GmbH aus Hildesheim. Seit einem Jahr wird im Gmündener Werk von Laufen ein Elektroofen für Sanitärkeramik betrieben. U. a. hat sich gezeigt, dass eine andere Ofenatmosphäre mit mehr Sauerstoff und weniger Wasser zu geringerer Alkalireduktion führt. Das Abgasvolumen liegt 20 Prozent unter einem klassischen TO.

Die Tagesordnung ergänzte ein Vortrag von Alexander Kulesa, neustrom GmbH in Berlin, der einen KI-Pilot zur Steuerung und Regelung von Strom in Echtzeit vorstellte.

Zum Ausklang des ersten Tages luden die Gastgeber ins Bürgerspital Würzburg. Bei einem Glühwein im weihnachtlich geschmückten Hof und reich gedeckter Tafel im Restaurant kam man leicht ins Gespräch. Wie gewohnt beendeten viele den Abend in einer der Kneipen der Innenstadt.

Programm am Mittwoch, 4. Dezember 2024 – Produktionsthemen und Themenspezial Lehmbau

Im ersten Vortrag des zweiten Tages gab es eine „Premiere für Ziegel aus dem Schlammteich – Der Weg zum Technologiesprung“. EurGeol Dr. Lutz Krakow von KRAKOW Rohstoffe GmbH in Göttingen stellte Filterkuchen aus Gesteinswäsche als für die Ziegelherstellung geeignete Tonvorkommen vor.

Die Verfügbarkeit und die Anforderungen „Kalzinierter Westerwälder Tone als hochreaktive Zementbestandteile“ diskutierte Dr. C. Piribauer, Stephan Schmidt KG aus Dornburg.

Unter dem Titel „3D-Design, Material- und Energieeinsparungen in bestehenden Extrusionslinien mit z.trusion®“ stellte Mark Jansson Kragh von Z-Trusion, Varberg, in einem englischen Vortrag ein neues Instrument zur Formgebung auf der Z-Achse mittels rotierender Elemente vor. Anwendung finde diese Technik bspw. bei Tonality.

Dr. Jens Petzold und M. Sc. Klaus Hantzsch, vom KI Keramik-Institut GmbH in Meißen, stellten „Alternative Formgebungsverfahren für die klassische Baukeramik“ vor: Druckgussformgebung und isostatische Pressformgebung.

Dr.-Ing. Rigo Giese, Institut für Ziegelforschung Essen e. V. (IZF), referierte zum „Einsatz von Ammoniak (NH3) als Ersatzbrennstoff zur Dekarbonisierung – Herausforderung und Machbarkeit – NH3-Ziegel“ (vgl. ZI 6/24, S. 20ff.).

Berichte über Referenzobjekte zu Dosierung von Gas- und Verbrennungsluft zur CO2-Minderung stellte Alexander Jahn (M. Eng.), innovatherm | Prof. Dr. Leisenberg GmbH + Co. KG in Butzbach, vor.

In seinem zweiten Vortrag stellte Rainer Hüsing ein „Energieoptimiertes Brennkonzept anhand eines konkreten Beispiels“ vor, beleuchtete die unterschiedlichen Möglichkeiten zur Steigerung der Energieeffizienz in bestehenden Anlagen und gab einen Ausblick auf die Möglichkeiten bei der Gestaltung von Neuanlagen.

„ERP Systeme“, Software für das Enterprise Ressource Planning, standen im Mittelpunkt des Vortrages von Dipl.-Ing. Andreas Hougardy, SOFTBAUWARE GmbH aus Langen. Die unternehmenseigene Software und dazugehörige Dienstleistungen finden bei einigen deutschen Ziegelherstellern bereits Verwendung.

Über „Kamerasysteme und Qualitätsprüfanlagen – Automatisierung der Zukunft“ referierte Alexander Gorlt, Mitglied der Geschäftsleitung bei Thermoplan Anlagenbau Elektrotechnik Verfahrenstechnik GmbH in Olching. Schwerpunktmäßig ging er auf die Prüfanlage für Dachziegel Bluebox ein.

Die „Modellierung und Simulation des Tunnelofenprozesses“ thematisierte Dr.-Ing. Denny Mathew Alex vom IZF (vgl. in dieser Ausgabe S. 43).

Prof. Dr.-Ing. Christof Ziegert, ZRS Ingenieure GmbH in Berlin, ging auf „Tragendes Lehmsteinmauerwerk nach DIN 18940 bis Gebäudeklasse 4“ ein.

„Nachhaltige Aspekte bei der Herstellung von Lehmbaustoffen“ diskutierte Dr. Anne Tretau, MFPA Weimar.

Die „Entwicklung einer trennbaren Mörtelfuge für Ziegelmauerwerk“ stellte Dipl.-Ing. Alexander Freyburg, MFPA Weimar vor.

Im letzten Vortrag des 61. Würzburger Ziegellehrgangs referierte Alexander Winkel (IZF) zur „Rekarbonatisierung von Ziegelmaterial“ (vgl. in dieser Ausgabe S. 41).

Zum Abschluss dankte Andreas Klarmann allen Referenten und Teilnehmern und kündigte den 62. Würzburger Ziegellehrgang für den 2. und 3. Dezember 2025 an.

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