Ziegelei-Museum Cham/Schweiz

Ofenturm aus Stampflehm im Selbstbau

Studierende des Studio Boltshauser unter der Leitung von Gastprofessor Roger Boltshauser haben an der TU München und der ETH Zürich einen knapp neun Meter hohen Turm aus Stampflehm für das Ziegelei-Museum Cham geplant.

Während seiner Gastprofessur an der TU München plante Roger Boltshauser mit den Studierenden ein Turmgebäude aus Stampflehm. Die besten Projekte aus dem Entwurfskurs wurden mit Studierenden der ETH Zürich synthetisiert und bis zur Ausführungsreife weiterentwickelt. Wichtiger Aspekt der Entwürfe bildete das Ziel, den Ofenturm im Selbstbau im Rahmen einer Summer School im Sommer 2019 zu erstellen. Zwei Gruppen à jeweils 15 Studierende der ETH Zürich und anderer Hochschulen im In- und Ausland trafen sich für je zwei Wochen in Brunnen am Vierwaldstättersee, um auf dem Areal eines ehemaligen Zementwerks praktische Erfahrungen im Stampflehmbau zu sammeln. Ein DesignBuild –Projekt, welches die Studierenden an Innovationsprozessen teilhaben ließ und ihnen vermittelte, wie aus ungebrannter Erde Architektur entsteht.

 

Historische Abläufe werden sichtbar

Das Projekt setzt auf technische Innovation: So wurden die Wandelemente aus Stampflehm von Studierenden vorfabriziert, welche auf der Baustelle zusammengebaut werden können. Eingelassene Zugstäbe generieren mittels Vorspannung ein statisches System, das einen neun Meter hohen Bau ohne Zwischendecke ermöglicht

Die Einführung fand in Cham statt. So wurden den Studierenden eine geschichtliche Führung durch das Ziegelei-Museum der Bauherrschaft geboten und damit Einblicke in den traditionellen Lehm- und Ziegelbau vermittelt.

Um den Bedürfnissen aller beteiligten Behörden und Organisationen gerecht zu werden und das Projekt realisierbar zu machen, waren gewisse Randbedingungen zu erfüllen: Der Turm muss außerhalb des Waldabstandes zu stehen kommen, darf nicht höher als neun Meter sein und soll – mit Eintrag ins Grundbuch – auf zehn Jahre beschränkt erstellt werden. Wobei der Rückbau bereits zu Baubeginn finanziert sein muss.

Von der großen Aussichtsplattform des Ofenturms überblicken die Besucher künftig nicht nur das Naturschutzgebiet, es werden auch die historischen Abläufe zur Herstellung der Ziegel sichtbar, vom Lehmabbau über das Formen bis hin zum Brennen. Da der historische Brennofen in der Ziegelhütte aus feuerpolizeilichen Gründen nicht mehr benutzt werden darf, wird im Innern des Stampflehmbaus neben einem imposanten Ausstellungsraum auch ein Brennofen für Ziegel gebaut.

 

Der Entwurfsprozess

Der neue Turm erlaubt es den Besuchern, das Gelände von der rund acht Meter hohen Aussichtsplattform aus zu überblicken und ermöglicht es den Mitarbeitern, mit dem neuen Brennofen wieder Ziegel zu brennen. Darüber hinaus wird ein Raum für die Ausstellung weiterer Museumsexponate geschaffen.

Der Ausstellungsraum mit dem angrenzenden Brennofen hat eine aussteifende Holzdecke. Sein Charakter wird durch die Präsenz von Erde sowie der Monumentalität der abschließenden Ofenwand bestimmt. Durch die Lichtschlitze der offenen Fugen, vor denen die Vorspannelemente verlaufen, kann der Besucher die ganze Massivität der Stampflehmwände erleben, die mit der Zartheit der Spannstäbe kontrastiert. An diesen können einfache Stahlrahmen zur Aufnahme von Ausstellungstafeln oder Exponaten angebracht werden. Eine stählerne Wendeltreppe ermöglicht den Zugang zur Aussichtsplattform auf dem Dach. Der Ofenturm in Cham ist aus vorgefertigten Stampflehmelementen gebaut.

Die Elementbauweise im Stampflehm erfolgt im Sinne von standardisierten, schnelleren und wetterunabhängigen Bauabläufen. Dies ermöglicht abhängig vom architektonischen Entwurf eine erhöhte Wirtschaftlichkeit. Die Methodik an sich ist dabei nicht neu, sondern wurde insbesondere für Großprojekte, wie das neue Kräuterzentrum von Ricola in Laufen bereits angewandt. Die Größe der Elemente richtet sich nach den Transportbedingungen, die Wände am fertigen Bauwerk werden also aus mehreren Elementen zusammengesetzt. Die dabei entstehenden Fugen müssen in der gängigen Praxis jedoch aus technischen ebenso wie ästhetischen Überlegungen nachträglich und aufwändig in Handarbeit verschlossen werden.

Eine hölzerne Grundplatte bildet die Basis der gestapelten, vorfabrizierten Stampflehmelemente. Auf ihr wird die feuchte Lehmmischung in der Schalung aufgestampft. Nach dem direkten Ausschalen ist der feuchte Stampflehm anfangs noch relativ weich und leicht formbar. Deswegen ist es für den Abtransport wichtig, dass das Element auf einer festen Unterlage steht. An der Unterseite der Holzplatte werden zwei 8 cm breite Vertiefungen eingefräst, die als Führungen für Gurte zum Hochheben der Elemente dienen.

Ein Wetterschenkel zum Abführen von Regenwasser und als Erosionsbremse wird außen an der Platte befestigt. Zu diesem Zweck werden auch regelmäßige horizontale Trasskalk-Lagen und -ecken eingestampft. Die Elemente werden schließlich mittels eines Vorspannsystems gegen Horizontal­lasten in Folge Wind oder Erdbeben stabilisiert, welches im Betonsockel sein Widerlager findet. Dieses konstruktive System entspringt mitunter auch der Notwendigkeit eines umfassenderen Weiterdenkens des Recyclingpotentials von Lehm:

Neben der Wahl des Materials und der Entscheidung für rezyklierten Bauschutt als Zuschlag stellt die Rückbaubarkeit als Bauauflage eine entscheidende Vorbedingung für dieses Projekt dar. Die Stabilisierung durch ein getrennt verbautes, wieder lösbares Vorspannsystems vermag dies zu leisten. In diesem Zusammenhang dürfte sich auch die hölzerne Grundplatte beim Rückbau als nützlich erweisen. Zusätzlich ist eine Wiederverwendbarkeit ganzer Elemente angesichts des investierten Arbeitsaufwandes nicht ausgeschlossen.

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